Krabis „The Beach“ so schön wie nie zuvor

Vom Paradies zur Tourismus-Hölle und zurück

Touristen am „The Beach“. Wer am Strand der Maya Bay entlangspaziert, findet auch noch einsame Stellen. Es dürfen nur noch 375 Menschen gleichzeitig an den Strand. Foto: picture alliance/dpa | Carola Frentzen
Touristen am „The Beach“. Wer am Strand der Maya Bay entlangspaziert, findet auch noch einsame Stellen. Es dürfen nur noch 375 Menschen gleichzeitig an den Strand. Foto: picture alliance/dpa | Carola Frentzen

THAILAND: Als „The Beach“ im Jahr 2000 in die Kinos kam, war das der Anfang vom Ende für die Maya Bay auf Koh Phi Phi Leh. Fotowütige aus aller Welt strömten ins Paradies. Aber Massentourismus und Naturschutz vertragen sich nicht. Thailand und andere Beispiele zeigen: Es gibt Lösungen.

Mit einem lauten „Platsch“ lässt sich ein Tourist ins türkisfarbene Wasser der Maya Bay fallen und lächelt glückselig. Da tönt eine Trillerpfeife durch die warme Tropenluft. Aufpasser an dem thailändischen Traumstrand geben dem Mann unmissverständlich zu verstehen: Baden ist nicht mehr erlaubt. Die Zeiten, als Leonardo DiCaprio „The Beach“ im gleichnamigen Film mit seiner Hippie-Truppe entdeckte und dort die pure Freiheit genoss, sind endgültig vorbei. Aber auch die Tage des außer Kontrolle geratenen Massentourismus im Zuge des Hollywood-Streifens gehören der Vergangenheit an.

Ein Rückblick: Im Juni 2018 ziehen die Behörden auch auf Druck von Umweltschützern die Reißleine und schließen den Strand von einem Tag auf den anderen. Vorausgegangen war ein enormer Anstieg der ohnehin schon hohen Besucherzahlen. Unmengen an Ausflugsbooten verpesteten das Wasser, Urlauber ließen ihren Müll zurück, die Korallenriffe waren durch Anker und Touris­ten schwer beschädigt.

Die Boote ankern jetzt auf der anderen Seite der Insel. Zu Fuß über Holzstege geht es zur bekannten Maya Bay. Foto: picture alliance/dpa | Carola Frentzen
Die Boote ankern jetzt auf der anderen Seite der Insel. Zu Fuß über Holzstege geht es zur bekannten Maya Bay. Foto: picture alliance/dpa | Carola Frentzen

Gewagte Entscheidung

„Es war sehr mutig, das alles zu stoppen. Eine gewagte Entscheidung, die wir aber sehr begrüßt haben“, sagt Bart Callens, Generaldirektor des Hotels SAii Phi Phi Village auf der Nachbarinsel Phi Phi Don. Das dortige Marine Discovery Centre ist mit mehreren Projekten aktiv, um dem fragilen Ökosystem der Region zu helfen, und war an der Wiederauffors­tung der zerstörten Korallen in der Maya Bay beteiligt.

Eigentlich sollte die Bucht in der Andamanensee schon nach einigen Monaten wieder öffnen, jedoch wurde der Termin mehrmals vertagt – und dann kam Corona. „Die Pandemie hat der Natur die Chance gegeben, sich grundlegend zu erholen“, ist Callens überzeugt.

Reglementierter Besuch

Nach dreieinhalb Jahren ist „The Beach“ seit Jahresbeginn wieder zugänglich – aber unter strengen Regeln. Die wichtigs­te Neuerung: Boote dürfen nicht mehr in die Bucht, Schwimmer und Schnorchler auch nicht. „Nur knietief und keinen Schritt weiter“, lautet das Motto. Wer zuwiderhandelt, wird zurückgepfiffen. Das Ergebnis: Der Blick auf das glasklare Meer und die kreisförmig angeordneten Bilderbuch-Hügel ist endlich wieder ungetrübt. Direkt vor dem Ufer schwimmen kleine Schwarzspitzenhaie. Müll am Strand? Fehlanzeige, „Ist das schön!“ und „Das sieht ja aus wie im Film!“, entfährt es begeisterten Besuchern.

Die neuen Regeln nach der Wiedereröffnung für einen Besuch der Maya Bay auf Koh Phi Phi Leh sind streng. Foto: picture alliance/dpa | Carola Frentzen
Die neuen Regeln nach der Wiedereröffnung für einen Besuch der Maya Bay auf Koh Phi Phi Leh sind streng. Foto: picture alliance/dpa | Carola Frentzen

Die Boote müssen jetzt auf der anderen Seite der Insel anlegen. Von dort geht es über Holzstege in wenigen Minuten zur Maya Bay, wo auf großen Schildern die neuen Regeln zu lesen sind. Zu keinem Zeitpunkt dürfen sich mehr als 375 Menschen an dem Strand aufhalten – das klingt zunächst mal viel, aber vor der Schließung stapften oft mehrere Tausend gleichzeitig durch den weißen Sand.

Um das schwer angegriffene Ökosystem zu unterstützen, seien während der Schließung in einem aufwendigen Projekt mehr als 2.500 Fragmente von Geweihkorallen gepflanzt worden, sagt der Meeresbiologe Kullawit Limchularat. Diese Art ist besonders widerstandsfähig. „Unter guten Bedingungen können diese Korallen zudem stolze zehn Zentimeter pro Jahr wachsen“, erklärt der Experte. „Das Riff vor Phi Phi Leh ist wieder in sehr gutem Zustand, die Korallen entwickeln sich prächtig.“

Der geheimnisvolle Canyon in Island. Justin Bieber machte den Fyadrarglyufur Canyon weltbekannt. Foto: picture alliance / Zoonar | kavram
Der geheimnisvolle Canyon in Island. Justin Bieber machte den Fyadrarglyufur Canyon weltbekannt. Foto: picture alliance / Zoonar | kavram

Der Natur eine Chance geben

Als die Menschen wegblieben, trauten sich auch die Fische wieder vor: Erste Schwarzspitzenhaie kehrten schon nach einem guten Jahr zurück, was sogar Meeresbiologen in Staunen versetzte. Auch eine Krebsart, die in Thailand „Pu Kai“ genannt wird, huscht nach Jahrzehnten erstmals wieder durch den Sand. „Dass es der Maya Bay wieder so gut geht, ist ein echtes Wunder. Und das passiert, wenn wir der Natur eine Chance geben“, sagt Khun Kullawit.

Auch andere paradiesische Orte rund um die Erde zeigen, was Massentourismus anrichten kann – und wie Behörden mittlerweile dem Naturschutz Vorrang geben. Ein paar Beispiele:

Mexiko: Das Reich der Maya hat seine eigene Maya Bay, nämlich einen kleinen Strand namens Playa Escondida (Versteckter Strand), auch als Playa del Amor (Strand der Liebe) bekannt. Er liegt vor der Küste in einer felsigen Inselgruppe im Pazifik. Das Besondere: Der weißsandige Strand verbirgt sich in einer Höhle mit eingestürzter Decke. Um ihn zu erreichen, muss erst ein Felsentunnel durchschwommen werden.

Dennoch kamen so viele Touristen, dass die Playa 2016 wegen der durch sie verursachten Schäden für vier Monate geschlossen werden musste. Nach der Restauration der Korallen wurde er wiedereröffnet, jedoch unter strengen Regeln. So sind nur noch 116 Besucher täglich erlaubt – maximal 15 gleichzeitig und für einen halbstündigen Aufenthalt. Schnorcheln und Tauchen ist verboten.

Der Strand des Playa Escondida (Versteckter Strand) verbirgt sich in einer Höhle mit eingestürzter Decke.  Foto: Instgram
Der Strand des Playa Escondida (Versteckter Strand) verbirgt sich in einer Höhle mit eingestürzter Decke. Foto: Instgram

Musik kann Natur ruinieren

Island: Auch Musik kann Natur ruinieren. Das zeigt ein malerischer Canyon in Island mit dem schönen Namen Fjadrárgljúfur: Nachdem er 2015 in dem Musikvideo zu „I'll show you“ von Popstar Justin Bieber zu sehen und anschließend zum Touristen-Hotspot mutiert war, wird er mittlerweile zum Schutz der Natur regelmäßig – zumindest vorübergehend – gesperrt. Die Schäden gehen besonders darauf zurück, dass Besucher die markierten Wege verlassen und Schilder missachten, um auf den Spuren Biebers durch die einst unberührte Landschaft zu wandeln. Das ist auch für die Touristen riskant, die die teils gefährliche Natur Islands nicht einzuschätzen wissen.

Tourenanbieter haben mittlerweile klare Regeln: „Klettert nicht über die Seile. Tretet niemals auf das Moos, auch wenn andere das vor euch gemacht haben. Folgt nicht den Umwegen anderer.“ Die isländische Umweltbehörde versucht währenddessen unermüdlich, die Vegetation wiederherzustellen. Diese Arbeit dürfte noch Jahrzehnte dauern – wegen eines dreieinhalbminütigen Musikvideos.

Touristen schießen Fotos von einem Seelöwen auf der Insel Floreana, Galapagos-Inseln, Ecuador. Foto: picture alliance / robertharding | Laura Grier
Touristen schießen Fotos von einem Seelöwen auf der Insel Floreana, Galapagos-Inseln, Ecuador. Foto: picture alliance / robertharding | Laura Grier

Klare Regeln zum Schutz der Natur

Galapagosinseln: Auf den abgelegenen Archipel im Pazifik reisten vor der Pandemie 270.000 Touristen pro Jahr. Die zu Ecuador gehörenden Inseln gelten wegen ihrer einzigartigen Flora und Fauna als El Dorado für Naturliebhaber. Klare Regeln sollen Schäden durch Massentourismus verhindern. So ist ein Besuch des Nationalparks nur mit zertifizierten Reiseführern und nur auf markierten Wegen möglich.

Camping ist nur mit Sondergenehmigung an speziellen Orten gestattet, Wassersport etwa mit Jetskis komplett verboten. Die größte Gefahr für das Ökosystem der rund 1.000 Kilometer vom Festland entfernten Inseln sind aber eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten. Deshalb wird Gepäck streng kontrolliert. Viele Produkte wie Getreide und bestimmte Früchte dürfen zum Schutz der endemischen Arten nicht eingeführt werden.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Tondidi 10.04.22 23:50
Natur
Schoener und guter Artikel - danke!
Nedwin Suarez 10.04.22 22:12
The Beach von Alex Garland
Ein sehr empfehlenswertes Buch, welches sich kritisch mit dem Preis der Freiheit auseinandersetzt. Leider kommt das im Film kaum rüber, sonst hätte man den Strand vielleicht schon früher gesperrt.