Thailands künftiger Frieden ist auf ‚Wasser‘ gebaut

Sand und Staub anstelle dringend benötigten Wassers – Thailands Reisbauern sind durch Dürre und schlechtes Wassermanagement in diesem Sommer in existenzielle Not geraten.
Sand und Staub anstelle dringend benötigten Wassers – Thailands Reisbauern sind durch Dürre und schlechtes Wassermanagement in diesem Sommer in existenzielle Not geraten.

BANGKOK: Die schlimmste Dürreperiode seit Jahrzehnten hat in Zentral- und Nordthailand tausende von Quadratkilometern verödet und die Zukunft ebenso vieler Reisbauern in Frage gestellt. Die Militärregierung versucht seit Monaten, eine zukunftsträchtige Lösung zu finden. Dabei wird immer offensichtlicher, dass der Mensch mehr zur Existenznot beigetragen hat als der lange ausbleibende Regen.

Thailands Bauern stecken mit 250 Milliarden Baht Schulden tief im Sumpf – eine Groteske angesichts der trockenen Reisfelder. Ein gescheitertes Reissubventionsprogramm der Yingluck Shinawatra-Regierung riss 2013/2014 die ersten Löcher in die ohnehin schmalen Haushaltskassen. Und dann kam im Frühjahr und Sommer 2015 die große Trockenheit. Erst Ende Juli setzte spät der Monsunregen ein. Ob der Niederschlag in den nächsten Wochen die Probleme wegspülen kann, bezweifeln selbst thailändische Experten in erstaunlicher Offenheit.

Woran liegt es, dass Millionen Rai von Farmland im riesigen Chao Phraya Becken nordwestlich von Bangkok und noch mehr im hohen Norden des Königreichs existenzieller Bedrohung ausgesetzt sind? Weshalb reicht das Wasser der riesigen Staudämme nicht wie zuvor aus, um zwei Reisernten pro Jahr zu garantieren – und damit das Überleben der Bauern zu sichern? Welche Alternativen gibt es, falls der Monsun 2015 die Dämme nicht füllt und 2016 eine neue Trockenheit droht?

Thailands Militärjunta hat ein Problem übernommen, das ihr von den Vorgängerregierungen hinterlassen wurde. Allein die Reissubventionen der Puea Thai Partei der Shinawatra-Regierungszeit richteten durch Missbrauch der Fördergelder und Millionen Tonnen verdorbener Reisbestände einen Schaden in dreistelliger Milliardenhöhe an. Erschwerend kam hinzu, dass sich viele Bauern durch diese Subventionen zu noch mehr Anbau hinreißen ließen. Wer zuvor einmal geerntet hatte, säte nun zweimal im Jahr seine Saat aus. Nicht wenige machten aus einer Doppelernte sogar eine dreifache.

Dass der Reisanbau im Schnitt dreimal so viel Wasser verschlingt wie der herkömmliche Mais- oder Bohnenanbau, trug massiv zur rapiden Verknappung des Rohstoffes Wasser bei. Zwischenzeitlich eingestandenes schlechtes Wassermanagement im Land und dann der ausbleibende Regen ließen ein Problem eskalieren, das Thailands Reisanbau in die schwerste Krise seit Jahrzehnten stürzte.

Der amtierende Premierminister Prayuth Chan-o-cha hat offen angeprangert, dass ihm von früheren Regierungen ein schier unlösbares Problem hinterlassen worden ist. Leere Staudämme durch Missmanagement und noch leerere landwirtschaftliche Kassen durch den Reissubventionsskandal wirkten als Brandsatzbeschleuniger einer Entwicklung, die in Thailand über den sozialen Frieden entscheiden kann.

Vor wenigen Tagen ging die Regierung mit einem wagemutigen Plan in die Offensive, um das Vertrauen der Reisfarmer nicht nachhaltig zu verspielen. Der riesige Strom Mekong und die beiden Flüsse Moei und Salween sollen abgeleitet und mit neuen Kanälen ausgestattet werden. Damit könnten tausende von Reisbauern eine zuverlässigere Wasserversorgung erhalten. Seit Wochen werden in Trockengebieten zudem auf Staatskosten fast schon verzweifelt Brunnen gebohrt. Einen Teil der Reisernte kann all das nicht mehr retten.

Ein schneller Strukturwandel für die Nordhälfte des Königreiches – weg vom traditionellen Reisanbau und hin zu weniger aufwendiger Landwirtschaftsproduktion – ist auf die Schnelle nicht einfach zu verordnen. Neben einem professionelleren Management vorhandener Wasserreserven sowie dem Bau neuer ‚Wasserwege‘ braucht es hartnäckige  Überzeugungsarbeit. Bauern sind weltweit nicht als Wendehälse bekannt. Ohne guten Grund und gutes Geld werden auch in Thailand nur wenige auf neue Anbauverfahren umsteigen.

Nur mit spürbaren Finanzhilfen und nachhaltiger technischer Beratung kann Thailands Bauernklientel gewonnen werden. Wie wichtig sie für dieses Land sind, hatte Anfang 2000 schon der clevere Milliardär Thaksin Shinawatra erkannt. Mit den Stimmen der Bauern gewann er alle Wahlen nach Belieben.

Die Wiederholung dieses Szenarios kann der Militärregierung nicht gefallen. Die Wasserversorgung Thailands und die Existenzsicherung der Reisfarmer scheinen wie ein lange fliegender Bumerang, der im Falle einer verfehlten Politik zurückkehren und schmerzhaft einschlagen kann. Wasser ist der Stoff, auf den Thailands Zukunft gebaut wird.

Quelle: Fotos: Archiv

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Marco Hintergruber 05.08.15 16:09
Lieber Herr Buetler
Uebergewicht ist keine Frage, ob man Kartoffeln oder Reis isst. Ich verspreche jedem der nach Thailand kommt, hier sein Gewicht reduzieren zu koennen. Man beachte aber folgendes: Kein Alkohol, keine Softdrinks, weder Eiscreme noch Suessigkeiten. 4x am Tag darf man zum Marktplatz, einem Restaurant fuer Einheimische oder zu einer Garkueche und sich dort ein Gericht mit Reisbeilage bestellen. Zudem bekommt man 2 Liter Wasser am Tag. Funktioniert uebrigens auch mit Kartoffeln, der Unterschied waere nur, dass man dann nicht 4x taeglich essen muesste.
Jürgen Franke 02.08.15 08:11
Danke Marco
für Deinen interessanten Kommentar. Ich könnte mir vorstellen, dass das Wasserproblem on Thailand zu einem Umdenkungsprozess bei den Bauern führen konnte. Käme aber sicherlich einer Revolution gleich. Erforderlich wäre auch eine finanzielle Unterstützung der Bauern für die Geräte zum Bearbeiten des Bodens.
Marco 01.08.15 15:45
rice finished - now potatoes
Die Reisproduktion benötigt weltweit jährlich 1.350 Mrd. m³ Wasser und damit 21 % des für Feldfrüchte aufgewendeten Wassers. Hinter 1 kg ungeschältem Reis verbergen sich zwar "nur" 2.300 Liter, doch entsteht ein Verlust in Höhe von einem Drittel des Gewichts beim Schälen der Körner. Kartoffeln hingegen benoetigen nur rund 130 Liter Wasser pro 1 kg in Deutschland. Aufgrund der hoeheren Temperaturen wuerde in Thailand der Kartoffelanbau rund 400 Liter pro 1 kg betragen. Da Kartoffeln durch ihren hohen Staerkeanteil viel saettigender sind braeuchte der Thai auch nicht 6x am Tag zu essen. Man spart also nicht nur rund 2000 Liter Wasser pro 1 kg Kartoffeln sondern auch 2-3 Mahlzewiten am Tag. .Und wer weiss, vielleicht wird der Wachstum auch noch positiv beeinflusst.