Tut Buße – fahrt Busse!

Da hat sich einer mühsam das Geld vom Munde abgespart, seine Familie vernachlässigt und bei Gott und der Welt verschuldet, um sich einen Traum zu erfüllen: ein eigenes Auto. Damit fährt er erstmal ein paar Runden um den Häuserblock, um den Nachbarn zu zeigen, dass er den sozialen Aufstieg geschafft hat und man in Zukunft mit ihm rechnen muss, wenn man zu Fuß unterwegs ist. Besonders dann, wenn eine Überdosis „Sanook“ den Feierabend bereichert hat.

Und jetzt dies: Die Regierung wünscht, dass er es zu Hause lässt, der Umwelt zuliebe. Aber er hat doch jetzt eine eigene Umwelt, sie hat die Dimensionen seiner Blechkiste, wieso soll er die zu Hause lassen? Eher lässt er seine Seele dort und fährt ohne sie im Smog herum. Sieht ja keiner. Als Alternative wird ihm der öffentliche Nahverkehr angeboten, also vollbesetzte rußende und rußgeschwärzte Busse, die an der Haltestelle vorbeiblochen, bis ihn ein Fahrer übersieht und im Nirwana absetzt.

Das Motto: „Tut Buße - fahrt Busse!“ verfing also nicht. Die Stadtregierung beschloss deshalb, eine neue Geheimwaffe einzusetzen: Drohnen. Sie sollten mit 5-Literkanistern beladen über der Millionenstadt Bangkok schweben, dort ihre nasse Fracht absetzen, um den Smog zu „bodigen“.

Ob dem Unternehmen Erfolg beschieden war, wurde nicht kommentiert. Mit anderen Worten: Was nicht kommentiert wird, verdient keinen Kommentar. Diesem Kommentar möchte ich mich anschließen.

Der Maßnahmenkatalog wurde erweitert. Es soll keiner sagen, wir hätten es mit einer „Tutnix-Regierung“ zu tun. Man setzte dort an, wo es am wenigsten weh tut und schloss die Schulen: Smogferien. Das kam natürlich bei der jugendlichen Klientel gut an, welche vermutlich heimlich Freudenfeuer veranstaltete, um den einen oder anderen Freitag zusätzlich he­rauszuschinden.

Dafür gaben die Verantwortlichen „grünes Licht“ für den Stadtmarathon. Die Athleten aus dem Ausland sollten vor Ort mal tief durchatmen und eine gute Prise Ruß „Made in Bangkok“ als besonderes Souvenir in ihren Lungen in die Heimat tragen. Der Gedanke dahinter: Auch Kleinvieh macht Mist, bzw. entsorgt ihn. Das ist alles nur eine Frage der internationalen Solidarität unter Smogkameraden.

Nur die Läufer aus Neu-Delhi rannten dieser Absicht zuwider: Sie brachten schon stark rußgeschwängerte Organe aus ihrer Heimatstadt mit und husteten sich routiniert durch Bangkok. Falls einer von ihnen gewonnen hat, hatte er einen wettbewerbswidrigen Vorteil. Ruft da jemand: „Schiebung!?“ Vielleicht muss man in Zukunft nicht nur zur Doping- sondern auch zur Smogkontrolle.

Inzwischen hat die Bevölkerung begonnen, sich auf ihre Art zu wappnen. Sie trägt Gesichtsmasken. Der unbedarfte Farang, der in Suvarna­bhumi aus dem Flugzeug steigt, sieht sich von einem Heer von Pflegepersonal empfangen und sagt sich besorgt: „Ich habe gar nicht gewusst, dass es so schlimm um mich bestellt ist.”


Über den Autor

Khun Resjek lebt mit seiner thailändischen Frau und Tochter in Hua Hin. Seine Kolumne „Thailand Mon Amour“ illustriert auf humorvolle Weise den Alltag im „Land des Lächelns“ aus der Sicht eines Farang und weist mit Augenzwinkern auf das Spannungsfeld der kulturellen Unterschiede und Ansichten hin, die sich im Familienalltag ergeben. Ein Clash der Kulturen der heiteren Art, witzig und prägnant auf den Punkt gebracht.

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Rüdiger 17.02.19 19:26
Danke für diesen "frischen" und erheiternden Bericht.