Tausende Menschen bei neuen Protesten im Osten Russlands

Die Frau hält ein Plakat mit der Aufschrift
Die Frau hält ein Plakat mit der Aufschrift "Wir sind Chabarowsk" in der Hand. Foto: epa/Anatoly Maltsev

CHARBAROWSK: Gut zwei Monate nach der Inhaftierung des Ex-Gouverneurs von Chabarowsk sind bei neuen Protesten im Osten Russlands wieder Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie zogen am Samstag mit Fahnen und Transparenten durch die Stadt Charbarowsk an der Grenze zu China - das mittlerweile zehnte Wochenende in Folge. Beobachter gingen von bis zu 9000 Teilnehmern aus, die Stadtverwaltung selbst sprach dagegen von lediglich 700.

Die Demonstranten wandten sich gegen einen zu großen Einfluss Moskaus auf die Region, die etwa 6000 Kilometer von der Hauptstadt entfernt liegt. Die Menschen riefen etwa «Russland - steh auf» und «Freiheit für politische Gefangene» und «Ich/wir sind Sergej Fugal», wie Videos von der Aktion zeigten.

Gegen den früheren Gouverneur Furgal wird wegen Beteiligung an Auftragsmorden vor rund 15 Jahren ermittelt. Der 50-Jährige bestreitet eine Verwicklung und nennt die Ermittlungen gegen ihn politisch motiviert. Er hatte sich vor zwei Jahren bei der Wahl zum Gouverneur gegen den Kreml-Kandidaten durchgesetzt. Furgal muss bis mindestens Dezember in Moskau in U-Haft bleiben.

Vor dem Hintergrund der neuen Proteste finden an diesem Wochenende Regionalwahlen in Russland statt. Millionen Menschen in vielen Regionen sind noch bis diesen Sonntag zur Wahl neuer Gouverneure und Regionalparlamente aufgerufen, so auch in der Region Charbarowsk.

Die Organisatoren hatten zum ersten Mal versucht, eine Genehmigung für die Proteste einzuholen, scheiterten aber damit. Anfang des Monats waren in der Region alle Beschränkungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus aufgehoben worden. Demonstrationen waren bis dahin verboten. Dennoch demonstrierten Tausende Menschen, anfangs mehr als zuletzt. Die Polizei hatte die Aktionen aber nie aufgelöst.

Den Behörden zufolge wurden bislang 23 Menschen festgenommen. In mehr als 175 Fällen sei wegen einer Teilnahme ermittelt worden. Bei nicht genehmigten Demonstrationen zum Beispiel in Moskau gab es in der Vergangenheit meist weitaus mehr Festnahmen.

Furgal gehört der Liberaldemokratischen Partei (LDPR) des Ultranationalisten Wladimir Schirinowski an. Er sagte russischen Medienberichten zufolge, im Falle einer Verurteilung solle ein Gnadengesuch an Kremlchef Wladimir Putin gerichtet werden, damit der beliebte Ex-Gouverneur freikomme.

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