Tausende demonstrieren gegen Corona-Politik der Regierung

Die israelische Grenzpolizei steht Protestierenden während einer Demonstration selbständiger Geschäftsinhaber gegen die israelische Regierung auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv gegenüber. Foto: epa/Abir Sultan
Die israelische Grenzpolizei steht Protestierenden während einer Demonstration selbständiger Geschäftsinhaber gegen die israelische Regierung auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv gegenüber. Foto: epa/Abir Sultan

TEL AVIV: Tausende von Israelis haben am Samstagabend in Tel Aviv gegen die Finanzpolitik der Regierung von Benjamin Netanjahu in der Corona-Krise demonstriert. Nach Medienberichten vom Sonntag nahmen mehr als 10.000 Menschen an einer Großkundgebung auf dem zentralen Rabin-Platz teil. Anschließend marschierten einige der Teilnehmer durch angrenzende Straßen. Es kam zu gewaltsamen Konfrontationen mit der Polizei.

Zwölf Demonstranten seien festgenommen worden, teilte ein Polizeisprecher am Sonntag mit. Sie hätten unter anderem zentrale Straßen in Tel Aviv blockiert. Drei Polizisten seien leicht verletzt worden, als Demonstranten sie mit Pfefferspray angegriffen hätten. Die Scheibe einer Bank am Rabin-Platz wurde eingeschlagen. Auf Videos war auch ein gewaltsames Vorgehen von Polizisten gegen Demonstranten zu sehen. Israels Vize-Gesundheitsminister Joav Kisch verurteilte die Großversammlung inmitten der Corona-Pandemie als «Mega-Anschlag auf die Gesundheit».

Mit der Kundgebung wollten vor allem selbstständige Israelis auf ihre finanziellen Schwierigkeiten in der Corona-Krise aufmerksam machen. Sie riefen in Sprechchören unter anderem: «Bibi, geh nach Hause!» und «Dies ist ein Krieg». Bibi ist der Spitzname des Ministerpräsidenten. Sie warfen der Regierung vor, sich nicht um die finanziellen Nöte der Bürger zu kümmern.

Netanjahu hatte am Donnerstag ein Hilfspaket zur Linderung des finanziellen Drucks während der Corona-Krise vorgestellt. Das Programm solle Beschäftigten, Selbstständigen und Unternehmen bis Juni kommenden Jahres ein Sicherheitsnetz bieten, sagte er. Nach Angaben des Finanzministers Israel Katz hat es einem Umfang von 80 Milliarden Schekel (20 Milliarden Euro).

Die Folgen der ersten Corona-Einschränkungen vom Frühjahr haben der Wirtschaft des Landes schwer zugesetzt. Die Arbeitslosenquote lag zuletzt bei mehr als 20 Prozent.

Erneuter Corona-Ausbruch : Mehr aktive Fälle als Genesene

Israel bekommt einen neuerlichen Ausbruch des Coronavirus bislang nicht in den Griff. Das Gesundheitsministerium verzeichnete am Sonntag 18.940 aktive Corona-Fälle. Damit gab es in Israel seit längerer Zeit wieder mehr aktiv Infizierte als Genesene. Am Vortag waren 1148 neue Fälle gemeldet worden. Am Freitag hatte das Ministerium mit 1464 Fällen einen Rekordwert verzeichnet. Nach einem ersten Ausbruch waren in Israel im Mai kaum neue Fälle gemeldet worden. Seit Ende Mai steigt die Zahl der täglich registrierten Ansteckungen aber wieder deutlich.

Nach Medienberichten ist Gesundheitsminister Juli Edelstein für einen erneuten Lockdown, sollte die Zahl der täglichen Neuinfektionen auf rund 2000 steigen.

Während Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu Beginn der Pandemie für sein entschiedenes Handeln gelobt worden war, steht er inzwischen für sein Krisenmanagement zunehmend in der Kritik. Vorgehalten werden ihm unter anderem vorschnelle Lockerungen und eine mangelnde Vorbereitung auf eine zweite Corona-Welle.

In der Nacht auf Freitag verhängte die Regierung Ausgangsbeschränkungen für Teile von fünf Städten, darunter auch Jerusalem. In einem Jerusalemer Viertel kam es zu gewaltsamen Konfrontationen zwischen Einwohnern, die sich nicht an die Sperrmaßnahmen halten wollten, und der Polizei. Zuletzt wurde insbesondere in strengreligiösen Wohnvierteln ein dramatischer Anstieg von Neuinfektionen verzeichnet.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist der Erreger Sars-CoV-2 bisher bei 38.213 Menschen in Israel nachgewiesen worden; 358 Infizierte sind gestorben.

Auch im Westjordanland stiegen die Corona-Zahlen weiter stark an. Die palästinensischen Behörden verzeichneten dort bisher 6158 Corona-Fälle, 33 Menschen starben.

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