Wie Hoeneß und Breitner einander fremd wurden

Szenen einer Ehe

Foto: epa/Friedemann Vogel
Foto: epa/Friedemann Vogel

MÜNCHEN (dpa) - Ein altes Lied von Franz Beckenbauer besitzt vermutlich nur bedingt Gültigkeit: Gute Freunde kann man wohl doch trennen. Die langjährigen Bayern-Kumpels Uli Hoeneß und Paul Breitner liefern dafür Anschauungsunterricht.

Früher teilten Uli Hoeneß und Paul Breitner sogar das Bett. Das war in den 70ern nicht besonders ungewöhnlich, schließlich waren der Uli und der Paul beim FC Bayern ja auch Zimmergenossen. Freunde waren sie sogar - eigentlich fast noch ein bisschen mehr. «Es klingt vielleicht blöd, aber der Uli und ich haben oft den Eindruck eines alten Ehepaars gemacht», erzählte Breitner in der Dokumentation «Profis - Ein Jahr Fußball mit Paul Breitner und Uli Hoeneß» aus dem Jahr 1979. Man sei ohnehin «dauernd auf Achse» gewesen.

Hoeneß und Breitner kennen sich also schon lange, 52 Jahre um genau zu sein. Zu Beginn ihrer Karrieren wohnten die beiden auch zusammen in einer WG, im Münchner Osten war das. Als Hoeneß im Februar 1982 als einziger von vier Insassen den Absturz eines Privatflugzeugs überlebte, eilte Breitner als einer der Ersten zu seinem Kumpel in die Klinik. Gute Freunde sind schließlich füreinander da.

Wenn Breitner nach eigener Aussage nun beim FC Bayern nicht mehr auf die Ehrentribüne darf, dann klingt das vielleicht wie eine Lappalie. Es sagt aber einiges über das längst frostige Verhältnis zwischen den beiden bajuwarischen Alpha-Tieren aus.

«Es gab einen Anruf von Herrn Dreesen, mir werde von Uli Hoeneß nahegelegt, mich auf absehbare Zeit nicht im Ehrengast-Bereich blicken zu lassen», sagte Breitner der «Bild» über ein Telefonat mit Bayern-Vorstandsmitglied Christian Dreesen. «Ich habe ihm gesagt: Damit habe ich ohnehin gerechnet. Und ich möchte den einen oder anderen im Moment sowieso nicht sehen.»

Das wird Breitner auch nicht. Die Ehrentribüne ist für ihn nach eigener Darstellung gestorben. «Ich habe daraufhin beschlossen, meine zwei Ehrenkarten, die ich als Ehrenspielführer auf Lebenszeit besitze, zu Händen von Herrn Dreesen zurückzuschicken. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich Freikarten will», sagte der frühere Münchner Wortführer und Mittelfeldchef, der am 31. Mai 1983 zum Ehrenspielführer ernannt worden war.

Einen Bruch in ihrer Beziehung hatte es schon in Breitners letzter Saison als Bayern-Spieler 1982/83 gegeben. Hoeneß, gerade zum Manager aufgestiegen, und er überwarfen sich. Rund zehn Jahre herrschte dann Funkstille, beide können ziemlich verbohrt sein. Erst rund zehn Jahre später bei einem Zufallstreffen auf dem Münchner Flughafen machten sie den ersten Schritt zurück in die Normalität.

Breitner wurde später Kolumnist für die «Bild am Sonntag», offene Worte wählte er auch damals. Es war kein schlechter Schachzug der Münchner, ihn später wieder enger an den Verein zu binden. Seit 2007 wirkte der meinungsstarke Breitner erneut für den FC Bayern - als Vorstandsberater, Scout und bis Ende März 2017 als Markenbotschafter. «Ich werde jetzt wieder zu 100 Prozent Paul Breitner sein. Aber ich werde auch weiterhin zu 100 Prozent Bayern-Fan sein, dazu wurde ich ja bereits als kleiner Bub getrimmt», sagte er der «Bild» und «tz».

100 Prozent Fantum und 100 Prozent Offenheit gehen für Breitner nicht nur rechnerisch auf. Nach der denkwürdigen Pressekonferenz der Bayern-Bosse Ende Oktober, als Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den Umgang mit dem FC Bayern und verdienten Profis in der aktuellen Krise kritisiert hatten, konnte sich auch Breitner nicht zurückhalten.

«Ich bin nach wie vor deprimiert, weil ich mir nie vorstellen konnte in 48 Jahren, die ich mit oder am Rande des FC Bayern lebe, dass sich dieser Verein diese Blöße gibt, dass er diese Schwäche zeigt», sagte der 67-Jährige in der Sendung «Blickpunkt Sport» im Bayerischen Rundfunk völlig entrüstet.

Hoeneß selbst kann nach eigener Einschätzung mit Widerworten leben. Er könne verzeihen, versicherte der 66-Jährige vor Kurzem. «Außerdem nehme ich Kritik an, wenn sie berechtigt ist.» Vielleicht gibt es für diese abgekühlte Männerfreundschaft doch noch Hoffnung.

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