Geronimo ist tot

​Streit um Alpaka in England beendet  

Das Alpaka mit dem Namen
Das Alpaka mit dem Namen "Geronimo" steht auf der Shepherds Close Farm. Das angeblich tödlich erkrankte Alpaka ist in England vom Agrarministerium beschlagnahmt worden. Foto: Andrew Matthews/Pa/ap/dpa

WICKWAR/LONDON: Bis zum Schluss kochten in England die Emotionen um Geronimo hoch. Nun haben Tierschützer das Nachsehen - das Tier musste sterben. Dahinter steckt ein ernsthaftes Problem.

Auch ein Fluchtversuch in letzter Minute war nicht erfolgreich: Nach langem Streit ist das Alpaka Geronimo in England getötet worden. Das Tier sei eingeschläfert worden, um die Ausbreitung der tödlichen und ansteckenden Rindertuberkulose zu verhindern, teilte das Landwirtschaftsministerium in London am Dienstag mit. «Niemand möchte infizierte Tiere töten müssen, wenn es vermeidbar ist», sagte Christine Middlemiss, die oberste Tierärztin der Behörde. Es habe aber keine Alternative gegeben. Das sieht Geronimos Besitzerin anders. Helen Macdonald forderte bis zum Schluss einen weiteren und - nach ihren Angaben - genaueren Test.

Der Fall Geronimo hatte in Großbritannien über Wochen für Aufsehen gesorgt und sogar die Familie von Premierminister Boris Johnson in Atem gehalten. Vater Stanley Johnson setzte sich öffentlichkeitswirksam für das Klein-Kamel ein, auch auf Johnsons Ehefrau Carrie, einer engagierten Tierschützerin, ruhten die Hoffnungen von Geronimos Unterstützern. Fast 150.000 Menschen unterzeichneten eine Petition, die forderte, das Alpaka zu retten. In London gab es eine Demonstration, auf dem Hof im westenglischen Dorf Wickwar schob eine selbst ernannte Bürgermiliz Wache.

Doch letztlich vergebens. Noch am Dienstag wurde Geronimo eingeschläfert. Von der Umsetzung eines «Todesurteils» sprach die Boulevardzeitung «Sun», Besitzerin Macdonald warf den Behörden vor, sie hätten ein gesundes Tier «ermordet». Sie ist der Ansicht, dass die verwendeten Tests ein falsch-positives Ergebnis zeigten und forderte einen Bluttest, der wesentlich genauer sei.

Vorausgegangen waren dramatische Szenen auf ihrem Bauernhof. Am Morgen rückten Mitarbeiter des Agrarministeriums in Schutzkleidung an - mit Polizeibegleitung. Macdonald hatte ursprünglich martialisch angekündigt, sich einer Kugel für Geronimo selbst in den Weg zu werfen. Nun ging es glimpflicher ab. Eine Frau beschoss einen Beamten aus nächster Nähe mit einer Wasserpistole und wurde vorübergehend festgenommen. Ansonsten blieb es bei lauten Beschimpfungen und Schmähungen. Kurzzeitig gelang es Geronimo noch, seinen Häschern zu entkommen. Doch schließlich wurde das Tier eingefangen und in einen Anhänger bugsiert. Macdonald kritisierte den Umgang mit Geronimo scharf. «Das ist kein Tierschutz, das ist Tierquälerei», sagte sie.

Wenige Stunden später meldete das Ministerium Vollzug. «Das infizierte Tier wurde aus dem Betrieb verbracht und von Mitarbeitern der Tier- und Pflanzengesundheitsbehörde als notwendige Maßnahme zur Bekämpfung der Ausbreitung der Rindertuberkulose eingeschläfert», teilte die Behörde mit. Damit sei ein Urteil fristgerecht umgesetzt worden: Ein Gericht hatte dem Ministerium bis zum 4. September Zeit gegeben, Geronimo einzuschläfern.

«Wir müssen uns an die wissenschaftlichen Beweise halten und Tiere keulen, die positiv auf Rindertuberkulose getestet worden sind», sagte Cheftierärztin Middlemiss. Das wichtige Ziel sei schließlich, «die größte Bedrohung für die Tiergesundheit in diesem Land auszurotten». In der Tat leiden Landwirte in Großbritannien schwer unter der Krankheit. Allein 2020 mussten mehr als 27.000 infizierte Rinder getötet werden. Die Auswirkungen auf Bauern und Dörfer seien enorm, die Kosten für die Steuerzahler betrügen mehr als 100 Millionen Pfund im Jahr, so das Landwirtschaftsministerium.

«Unser Mitgefühl gilt Frau Macdonald und allen anderen, die von dieser schrecklichen Krankheit betroffen sind», sagte ein Regierungssprecher in London. Mit allen Mitteln versucht die Regierung, die Seuche in den Griff zu bekommen. Seit Jahren ist deswegen zu bestimmten Zeiten und in ausgewiesenen Gegenden das Keulen von Dachsen erlaubt, die die Krankheit ebenfalls übertragen können - auch dies ruft immer wieder lautstarke Proteste hervor.

Die Praxis soll von 2022 an auslaufen, trotz des Protests von Landwirten. Alternativen sind aber noch nicht spruchreif.

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