Was beim EU-Klimapaket zur Debatte steht

​Streit ist programmiert

Foto: Pixabay/Florian Pircher
Foto: Pixabay/Florian Pircher

BRÜSSEL: Das Ziel ist klar: Die Europäische Union hat sich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Bereits bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um mindestens 55 Prozent sinken. An diesem Mittwoch will die für europäische Gesetzgebungsvorschläge zuständige EU-Kommission nun sagen, wie der Weg dorthin aussehen soll.

Im Gespräch sind etwa strengere Kohlendioxid-Grenzwerte für Autos. Im Verkehrssektor gab es in den vergangenen Jahrzehnten keinen wirklichen Rückgang der Treibhausgasemissionen. Fahrzeuge stoßen zwar im Schnitt weniger aus, aber es gibt deutlich mehr Verkehr. Bisher gilt, dass der CO2-Ausstoß bei Neuwagen 2030 im Schnitt um 37,5 Prozent niedriger sein muss als 2021. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission vorschlägt, die Zielvorgabe auf einen Wert von 50 oder noch deutlich mehr Prozent anzuheben.

Nicht ganz ausgeschlossen ist auch, dass für 2035 das Einsparziel 100 Prozent zur Diskussion gestellt wird. Sollte dies kommen, dürfte das Aus für herkömmliche Benziner und Diesel besiegelt sein. Autohersteller machen deutlich, dass strengere Grenzwerte nur dann machbar seien, wenn die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge verbindlich ausgebaut wird.

Im Rahmen des Emissionshandelssystems (EU-ETS) soll es weniger Verschmutzungsrechte geben. Bestimmte Unternehmen brauchen derzeit für den Ausstoß bestimmter Treibhausgase Zertifikate, die sie entweder kaufen müssen oder kostenlos zugeteilt bekommen. Die Menge an Zertifikaten sinkt stetig - für Unternehmen ein Anreiz, ihre Emissionen soweit wie möglich zu reduzieren. Die Menge der verfügbaren Verschmutzungszertifikate dürfte in den kommenden Jahren noch stärker gesenkt werden, ebenso die der kostenlos abgegebenen Zertifikate.

Zudem gibt es die Überlegung, EU-weit für die im Verkehr und in Gebäuden genutzten Brennstoffe ein Emissionshandelssystem zu schaffen. Der Preis fossiler Brenn- und Kraftstoffe wie Erdgas, Kohle, Diesel und Benzin, würde sich dann vermutlich erhöhen. Unklar ist, wie verhindert werden soll, dass Verbraucher mit vergleichweise niedrigeren Einkommen überdurchschnittlich belastet würden.

Um Unternehmen zu schützen, die im Wettbewerb mit Firmen stehen, die außerhalb der EU weniger in Klimaschutz investieren müssen, ist ein sogenannter CO2-Grenzausgleichsmechanismus geplant. Er soll Arbeitsplätze sichern und verhindern, dass Emissionen ins Ausland verlagert werden. Auf bestimmte Produkte könnte so eine CO2-Abgabe eingeführt werden - damit könnte Strom, Stahl oder Aluminium aus Nicht-EU-Ländern mit weniger strengen Klimaschutzauflagen deutlich teurer werden.

Zudem dürfte es unter anderem neue Ziele für erneuerbare Energien geben. Derzeit gilt, dass ihr Anteil am Energiemix spätestens im Jahr 2030 einen Anteil von 32 Prozent erreichen soll. Wahrscheinlich ist, dass diese EU-weite verbindliche Zielvorgabe deutlich angehoben wird - zum Beispiel auf 40 Prozent. Die Luftfahrtbranche befürchtet eine europaweite Kerosinsteuer.

Künftig sollen schließlich auch mehr Emissionen etwa durch Aufforstung kompensiert werden. Dadurch sollen der Treibhausgasausstoß etwa in der Landwirtschaft ausgeglichen werden. Denn solange wir etwa Milchprodukte und Fleisch essen, werden Treibhausgase wie Methan durch die Verdauung von Kühen produziert. Umweltschützer warnen jedoch vor zu viel Kompensation, denn etwa ein Waldbrand könne viele CO2-Emissionen wieder freisetzen.

Nach der Präsentation der Vorschläge an diesem Mittwoch fangen die eigentlichen Verhandlungen an. Sie werden vor allem zwischen den Mitgliedstaaten im Rat der EU und dem Europäischen Parlament geführt werden. Wie lange die Gespräche dauern, ist unklar. Grundsätzlich ist aber Eile geboten, um Industrie und Verbrauchern möglichst viel Zeit für die Umstellungen und Reduktionen zu geben.

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