Stimmungstest für Österreichs Regierung bei Landtagswahl

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ST. PÖLTEN: In Österreich beginnt eine Serie von drei Landtagswahlen. Der machtverwöhnten konservativen ÖVP droht in Niederösterreich erneut ein Debakel. Laut Umfragen könnte die rechte FPÖ zum großen Gewinner werden.

In Österreich kommt es bei der Landtagswahl im wählerreichsten Bundesland am Sonntag erneut zu einem auch bundesweiten Stimmungstest. In Niederösterreich sind rund 1,3 Millionen Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Seit Jahrzehnten regiert dort die konservative ÖVP - zurzeit mit absoluter Mehrheit. Der Partei mit der Ministerpräsidentin und Landespartei-Vorsitzenden Johanna Mikl-Leitner an der Spitze droht laut Umfragen ein Absturz um rund zehn Prozentpunkte auf etwa 40 Prozent. Die rechte FPÖ wiederum steht vor einem historischen Erfolg und könnte ihren Stimmenanteil demnach von 14 auf rund 25 Prozent fast verdoppeln. Nach Niederösterreich wird in diesem Jahr noch im März in Kärnten und im April in Salzburg gewählt.

Die ÖVP verweise aktuell fast schon offensiv auf die historisch schlechten Umfrage-Werte, um am Wahltag ein leicht besseres Ergebnis schon als Erfolg verkaufen zu können, sagte der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier dem Verband der Auslandspresse in Wien. «Wie in Tirol stehen auch diesmal die Chancen nicht schlecht, dass dies wieder funktioniert.» Als wahrscheinlichstes Szenario gilt, dass Mikl-Leitner in Niederösterreich weiter regieren kann, es aber mit einer deutlich gestärkten FPÖ zu tun bekommt. Aktuell stellt die ÖVP sechs von neun Landesministern. Aufgrund des Proporz-Systems in dem Bundesland bekommt jede Partei, die einen bestimmten Mindestwert an Stimmen erreicht, mindestens einen Sitz im Landeskabinett.

Die Wahl findet im Zeichen einer tiefen Vertrauenskrise gegenüber der Politik statt. Nur etwa 20 bis 25 Prozent der Wähler hätten angesichts vieler Korruptionsvorwürfe noch Vertrauen in die Politik, meint Filzmaier. Jeder Vierte könne sich vorstellen, dass «unter bestimmten Umständen» ein System mit einem starken Mann an der Spitze besser wäre als die Demokratie. Von dieser Grundstimmung «und vom politischen Kurzzeitgedächtnis profitiert die FPÖ massiv», so der Politologe. Ausgangspunkt aller Korruptions-Ermittlungen ist die von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ausgelöste «Ibiza-Affäre», die 2019 ihren Lauf genommen hatte.

Die sozialdemokratische SPÖ dürfte laut Umfragen bei rund 22 Prozent verharren und damit hinter der FPÖ landen. Bei der SPÖ gelten deren jahrzehntelange Beteiligung an der Macht im Bund - mit dem Vorwurf, ebenfalls Günstlingswirtschaft betrieben zu haben - und die gespaltene Haltung der Partei zur Zuwanderung als große Probleme, die sie Stimmen kosten dürften.

Unmittelbare bundespolitische Konsequenzen der Wahl sind laut Experten nicht zu erwarten. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer werde unabhängig vom Ausgang wohl nicht zusätzlich unter Druck geraten. «Diesen Job will aktuell niemand haben», so Filzmaier.

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