Still sitzen und warten: Wie man Vögel beobachtet

Eine männliche Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) singt in einem Park. Foto: Sebastian Willnow/dpa
Eine männliche Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) singt in einem Park. Foto: Sebastian Willnow/dpa

BERLIN: Um Vögel zu beobachten, sollte man am besten früh losziehen. Und das nur bei schönem Wetter. «Dann sind die Vögel aktiver», sagt Kay-Uwe Reschke. Der Mann muss es wissen. Die Vogelkunde ist sein großes Hobby. Das Fachwort dafür ist Ornithologie.

An einem sonnigen Morgen ist in einem Wald in Berlin tatsächlich allerhand los. Lautes Zwitschern kommt aus allen Himmelsrichtungen. «Um einen Vogel trotz des dichten Laubs entdecken zu können, muss ich ihn erst hören», sagt Kay-Uwe Reschke. Nach vierzig Jahren Vogelbeobachtung kann er die Arten an ihren Stimmen gut erkennen.

In dem Wald in Berlin hört er vor allem Vögel, die in Deutschland häufig sind: Amseln, Meisen, Finken und Rotkehlchen. Aber auch die nicht so bekannten Mönchsgrasmücken sind dort zu finden. Durch das Fernglas kann Kay-Uwe Reschke ein solches Männchen sehen, graues Gefieder mit einer schwarzen Kappe. Der Vogel sitzt auf einem Ast, die schwarzen Federn leicht aufgestellt. Er singt aus vollem Hals.

«Das ist der Balzgesang, den man hier überall hört», erklärt Herr Reschke. Dieser Ruf kommt von männlichen Vögeln, die ihr Revier gegenüber Konkurrenten verteidigen und Weibchen auf sich aufmerksam machen wollen. «Für uns ist das schön anzuhören, aber für die Männchen ist das Stress.»

Ein Stück weiter bleibt Herr Reschke vor einer großen Buche stehen. Weit oben ist ein großes Loch im Stamm zu sehen. «Das ist die Höhle eines Schwarzspechts», sagt er. Um diesen Vogel zu sehen, müsse man sich hinsetzen und warten. Das macht Herr Reschke sowieso gern. «Wenn man eine Weile still an einem Ort sitzt, nehmen die Vögel einen als Teil der Umgebung wahr. Dann kommen sie ganz nah an einen ran.»

Überhaupt sollte man sich beim Vogelbeobachten sehr ruhig verhalten, um die Vögel nicht in die Flucht zu schlagen, rät er. Auf Tarnkleidung komme es dagegen nicht an. «Vögel nehmen Farben sowieso ganz anders wahr als wir», sagt Kay-Uwe Reschke.

Der Ornithologe rät, sich Wissen über Vögel anzulesen. Stare und Amseln suchen ihre Nahrung auf dem Boden, da kann man nach ihnen Ausschau halten. Mauersegler wird man dort hingegen nicht sehen. Diese Vögel jagen Insekten in der Luft. Auch beim Gesang einer Nachtigall weiß Herr Reschke sogleich, wo er hingucken muss: Sie sitzt gern auf einer Höhe von etwa drei Metern.

Bei der Vogelbeobachtung nach bestimmten Vögeln Ausschau zu halten, kann aber frustrierend sein, weshalb der Experte davon abrät. «Am besten ist es, wenn man ohne Erwartungen losgeht und offen ist für alles, was einem begegnet.»

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