«Verantwortungslosigkeit Weniger ist Risiko für uns alle»

Sympathisanten der sogenannten Querfront und Corona Leugnern halten Herzen in die Luft während einer Kundgebung im Amphitheater im Mauerpark. Sie fordern die sofortige Einstellung aller Corona Einschränkungen. Foto: Annette Riedl/dpa
Sympathisanten der sogenannten Querfront und Corona Leugnern halten Herzen in die Luft während einer Kundgebung im Amphitheater im Mauerpark. Sie fordern die sofortige Einstellung aller Corona Einschränkungen. Foto: Annette Riedl/dpa

BERLIN: In Berlin demonstrierten am Wochenende Tausende gegen die Corona-Auflagen - und ignorierten sie. Politiker reagieren empört, auch Fragen nach der Strategie der Polizei kommen auf.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Verstöße gegen Corona-Auflagen bei Kundgebungen in Berlin kritisiert und an den Gemeinschaftssinn appelliert. «Die Verantwortungslosigkeit einiger Weniger ist ein Risiko für uns alle», sagte Steinmeier am Montag in einer Videobotschaft. «Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler. Und wir gefährden darüber hinaus die Erholung unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft, unseres Kulturlebens. Jede und jeder von uns steht jetzt in der Verantwortung, einen zweiten Lockdown zu verhindern.

Die stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung, Ulrike Demmer, sprach mit Blick auf die Missachtung von Hygieneregeln wie dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz und Abstandhalten von inakzeptablen Bildern. «Das Verhalten von vielen Demonstrierenden ist in keinster Weise gerechtfertigt und nutzt das hohe Gut der Demonstrationsfreiheit aus.» Demonstrierende hätten «Gesundheit und Leben» anderer riskiert. Friedliche Kundgebungen seien aber wichtig. «Kritik muss in der Demokratie immer möglich sein.»

Aus Protest gegen die staatlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie waren am Samstag in Berlin Tausende für ein Ende der Auflagen zur Eindämmung der Pandemie auf die Straße gegangen. An einem Demonstrationszug beteiligten sich nach Schätzungen der Polizei bis zu 17.000 Menschen. Etwa 20.000 waren es danach bei einer Kundgebung. Weil viele Demonstranten weder Abstandsregeln einhielten noch Masken trugen, löste die Polizei die Kundgebung auf.

Zu den Protesten unter dem Motto «Das Ende der Pandemie - Tag der Freiheit» hatte die Initiative «Querdenken 711» aufgerufen.Auch die von Rechtsextremen häufig verwendete schwarz-weiß-rote Reichsflagge war zu sehen. Daneben wehten Deutschland- und Friedensfahnen mit Taube oder Regenbogen über den Köpfen der Teilnehmer. Von deren Seite wurden «Wir sind das Volk», «Reiht euch ein», «Wir kämpfen für eure Freiheit» oder «Widerstand» skandiert.

Sicherheitsbehörden und Kritiker befürchten seit Längerem eine Vereinnahmung der Proteste durch Rechtsextremisten. Manche Wortführer propagieren Verschwörungstheorien. Immer wieder kam es bei ähnlichen Demonstrationen auch zu antisemitischen Vorfällen.

SPD-Chefin Saskia Esken krititisierte die Demonstranten, stellte aber auch die Strategie der Berliner Polizei infrage. «Die Demonstration hätte schon früher aufgelöst werden können», sagte sie der ARD-«Tagesschau». Die Berliner Innenverwaltung verwahrte sich gegen Kritik. «Die Polizei Berlin hat am Wochenende professionell und angemessen agiert. Sie hat nicht zu spät eingegriffen», sagte Sprecher Martin Pallgen der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizei habe von Anfang an bei den Versammlungsleitungen auf die Auflagen hingewiesen und sowohl den Aufzug als auch die Kundgebung beendet.

Wenn eine Ansammlung von 20.000 Menschen, die sich teilweise verbal aggressiv und ablehnend verhielten, ohne Polizeigewalt aufgelöst werden solle, dauere das etwas länger, so der Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD). «Auch hier ist der Polizei kein Vorwurf zu machen.» Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut. «Per se im Vorfeld Demonstrationen zu verbieten, ist nicht möglich, wenn es keine Hinweise auf strafbare Aktionen gibt, die von der Versammlung ausgehen könnten.»

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Dirk Lange 04.08.20 21:49
Ich
verstehe nur nicht, wo der Aufschrei der jetzt so entsetzten Politiker und Medien war, als sich die BLM - Welle durch Deutschland wälzte. Auch dort wurden überwiegend keine Masken getragen, geschweige denn Sicherheitsabstände eingehalten. Haben etwa einmal die Guten, und einmal die Bösen demonstriert?
Johann Riedlberger 04.08.20 19:49
Solange es unter
33000 Demonstranten waren, wurden die Abstandsregeln perfekt eingehalten. Dann gibt es keinen Grund sich aufzuregen. Einfach die Länge der Strasse mal die Breite. Und man erhält die Fläche die jeder hat. Das findet jeder auf Google Maps. Dann geteilt durch die angeblichen 17000 Teilnehmer. Dass alle gleichmäßig verteilt waren sieht man auf Bildern.
Werner Schilling 04.08.20 19:07
Da die Deutschen
ihre eigenen deutschen Gesetze, Verordnungen ignorieren, wuerde ich Thailand empfehlen sich eine Oeffnung der Grenzen, fuer den Massen (eigennuetzigen) Spasstourismus, genau zu ueberlegen, Solche egosistische Menschen halten sich dann auch nicht an Verordnungen (z.B. Maskenpflicht) ihres Gastlandes. Ohne Ordnung folgt die Anarchie. Dabei ist es unnoetig ueber Fallzahlen und die Interpretation dieser Statistiken, zu streiten. Jeder hat das Recht auf Ansteckung aber niemand hat das Recht Andere anzustecken.
Kurt Wurst 04.08.20 16:43
Herr Auer
Über die Anzahl der Teilnehmer an der Demo haben sich übrigens auch die "öffentlich rechtlichen" Gedanken gemacht. Ich verweise auf https://www.br.de/nachrichten/wissen/faktenfuchs-wie-viele-leute-waren-auf-corona-demo-in-berlin,S6bfRBo. Da kommt man aufgrund von Berechnung der Fläche, die mit Personen zu sehen ist, auf ca. 20.000. Es ist also nicht einfach so dahergesagt. Man hat sich schon Gedanken gemacht. Im Übrigen finden Sie im Netz vergleichende Bilder zu anderen Großveranstaltungen, wie Loveparade und andere.
Thomas Knauer 04.08.20 16:37
Herr Auer Mimika und andere Recherchenetzwerke haben klar nachgewiesen das die Bilder mit den 1,4 Mio Demonstranten die im Internet kursieren von einer anderen Veranstaltung stammen.
Thomas Knauer 04.08.20 16:07
Wie auch an anderer Stelle schon ausgeführt, viel zu wenig Probanden und keine Erfassung derselben um irgendwelche Schlüsse ziehen zu können.
Hermann Auer 04.08.20 15:37
@Klaus Dieter Gerstmann
Wie ich Ihrem Kommentar entnehmen kann, informieren Sie sich lediglich über die gleichgeschaltete Mainstream-Presse (wozu ich auch die Deutsche Welle zähle). Die Zahl "20000" stammt da her. Sie brauchen sich nur die Bilder, die tausendfach im Internet verteilt wurden, anzusehen, um zu wissen (oder nachzurechnen), dass es mehrere hunderttausend Menschen gewesen sein müssen.

Aus dieser Informationsquelle gespeist können Sie sich natürlich nicht vorstellen, dass es auch ganz anders sein könnte, als das Narrativ vorgibt.
Hermann Auer 04.08.20 15:22
Millionenfacher Selbstversuch
Wie ich schon an anderer Stelle geschrieben habe: Wenn es jetzt nicht zu einer Explosion der Fallzahlen in Deutschland kommt, ist die Gefahr längst vorüber.
Jürgen Franke 04.08.20 14:52
Grundsätzlich halte ich von diesen
Demonstrationen überhaupt nichts, da ich immer noch die Meinung vertrete, dass Politik im Parlament stattfindet. Aufgrund der besonderen Situation wurden einige Rechte eingeschränkt, die einigen Personen verständlicherweise mißfallen. Das Tragen der Masken z.B.
Es ist zu hoffen, dass sich die Demonstranten an diese Situation noch erinnern, wenn wieder einmal Wahlen anstehen.
Siegfried Naumann 04.08.20 14:22
Wundern darf sich niemand, wenn...
die anderen (Urlaubs-) Länder nun ein Einreiseverbot für deutsche Touristen aussprechen. Ich würde gerne die Gesichter derjenigen sehen, die bei diesen Covid-Demos verantwortungslos gegen die deutsche Regierung bzw. deren (gute) Handhabung im Umgang mit der Pandemie demonstrieren und dann erleben müssen, dass sie in ihrem Urlaubsland nicht mehr willkommen sind. Denn die "Freiheit", ohne Masken herumlaufen zu dürfen, erlaubt anderen die Freiheit, dich nicht mehr willkommen zu heißen zu müssen. Thailand gehört mit Sicherheit - und mit Recht - dann auch dazu.
Ingo Kerp 04.08.20 13:22
Bei der nächsten Großdemonstration von Covid-Ignoranten, sollte man ein paar Superspreader in die Menge schicken. So reduziert sich dann die Zahl der Demonstranten von selbst.