THESSALONIKI: Der Bundespräsident beginnt seine Griechenland-Reise an einem schwierigen Ort: Wo in Thessaloniki heute ein Holocaust-Museum entsteht, begann einst die Deportation griechischer Juden durch Deutsche.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dazu aufgerufen, bei der Erinnerung an die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg auch die vielen kleineren Orte einzubeziehen, in denen Nazis gewütet haben. Nur so könne «die Erinnerung an die Opfer und das Leid aufrechterhalten werden», sagte Steinmeier zum Beginn seines Besuches in Griechenland. Die Verfolgung von Jüdinnen und Juden durch die Nationalsozialisten habe flächendeckend in Europa stattgefunden.
«Es geht eben nicht nur um Zahlen, wenn wir uns erinnern, sondern es geht auch darum, immer wieder zu zeigen, dass hinter den Zahlen Gesichter, Namen, Schicksale und Angehörige stehen, die bis in die zweite und dritte Generation das Leid ihrer Eltern und Großeltern teilen», sagte Steinmeier.
Der Bundespräsident besuchte nach seiner Ankunft die Baustelle des künftigen Holocaust-Museums in Thessaloniki. Er wurde dabei von Griechenlands Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou begleitet. Das Museum entsteht derzeit mit deutscher Unterstützung in der Nähe des Durchgangslagers, in dem die Jüdinnen und Juden vor ihrer Deportation in die Konzentrationslager gesammelt wurden. «Wer hier als deutscher Bundespräsident steht und spricht, ist in Scham erfüllt», sagte Steinmeier.
Vor dem Krieg zählte die jüdische Gemeinde in Griechenland rund 80.000 Mitglieder. Etwa 50.000 von ihnen lebten in Thessaloniki. Ab März 1943 wurden sie vorwiegend in das Vernichtungslager Auschwitz im besetzten Polen deportiert und dort ermordet. Nur etwa 12 Prozent überlebten den Holocaust. Steinmeier wird an diesem Donnerstag auch den Ort Kandanos auf Kreta besuchen, der im Juni 1941 von deutschen Truppen vollständig zerstört wurde.
Das Museum solle nicht nur eine Gedenkstätte für die Millionen Opfer werden, sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Thessalonikis, David Saltiel. «Es soll zum Leuchtturm, zum leuchtenden Symbol gegen Rassismus und Antisemitismus werden, eine ständige Mahnung für die Werte der Menschlichkeit, der Toleranz und des friedlichen Zusammenlebens.»
Steinmeier sagte, das Erinnern und Gedenken sei wichtig. In Zeiten, in denen die Demokratie so stark angefochten werde wie heute, gelte aber: «Wir müssen ein solches Museum auch als Auftrag begreifen, uns heute für Demokratie zu engagieren.»