Staunen, Lachen, Nervenkitzel

Circus Knie feiert 100 Jahre Manege

„Wenn die Leute ihren Alltag vergessen und staunen, haben wir unser Ziel erreicht“, sagt Zirkus-Prinzipal Fredy Knie (Foto). Foto: epa/Eddy Risch
„Wenn die Leute ihren Alltag vergessen und staunen, haben wir unser Ziel erreicht“, sagt Zirkus-Prinzipal Fredy Knie (Foto). Foto: epa/Eddy Risch

RAPPERSWIL (dpa) - Draußen stürmt es, dass die Zeltwände schlackern, aber drinnen setzen die Zirkusartisten Maycol und Guido Errani ihre Probe samt Lichteffekten fort, als wenn nichts wäre. Jede Übungsminute zählt, denn es sind nur noch ein paar Tage bis zum Auftakt der großen Jubiläumstournee: der Schweizer Circus Knie feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Er gibt in den nächsten Monaten 320 Vorstellungen an mehr als 30 Orten in der Schweiz.

Die Geschichte der Zirkusfamilie Knie reicht noch viel weiter zurück: Stammvater Friedrich stand schon vor mehr als 200 Jahren in Österreich als Seiltänzer vor Publikum. In einer Nacht- und Nebelaktion hat er der Familienlegende nach seine Antonia, die von ihrem Vater vor dem fahrenden Volk in einem Kloster versteckt worden war, 1807 entführt und mit ihr die Dynastie gegründet.

Heute ist die achte Knie-Generation am Ruder, darunter Geraldine, die mit dem Artisten Maycol verheiratet ist. Er probt mit seinem Bruder Guido Hebe- und Balancefiguren sowie Saltos in der Manege. Geraldines Vater ist Zirkusdirektor Fredy Knie Junior (73). „Die neunte Generation ist auch schon richtig gut“, sagt er zwischen den Proben in einem Zirkuswagen im Winterquartier in Rapperswil am Zürichsee. „Ich arbeite mit meinen Enkeln, um ihnen mein Wissen weiterzugeben.“

Keine Raubtiere in der Manege

Knie gilt als Pferdeflüsterer, dem seine Tiere fast auf Blicke hin gehorchen. Er zeigt etwa, wie die Tiere Formationen laufen und auf Kommando stehen bleiben. „Bewegungen, die sie in der Natur auch machen würden“, sagt er. Raubtiere und Elefanten gibt es bei Knie seit 2004 nicht mehr. „Vor 50, 100 Jahren wusste man es nicht besser, aber heute weiß man, wie Tiere artgerecht gehalten werden, deshalb verzichten wir darauf.“ Der Zirkus zeigt heute neben Pferden nur Schweine und Papageien in der Manege.

Zirkus ist heutzutage längst nicht mehr ein nur auf Kinder beschränktes Unterhaltungsformat, sondern ein Kulturangebot. Foto: epa/Walter Bieri
Zirkus ist heutzutage längst nicht mehr ein nur auf Kinder beschränktes Unterhaltungsformat, sondern ein Kulturangebot. Foto: epa/Walter Bieri

Knie hat seine Elefanten im eigenen Kinderzoo in Rapperswil aufs Altenteil geschickt. Dort werden inzwischen Elefanten gezüchtet, für Zoos. Nur in der hautnahen Begegnung mit solchen Tieren lernten Kinder Respekt für Tier und Umwelt, ist Knie überzeugt.

Die ersten Knies waren in der Schweiz als Seiltänzer mit Vorstellungen unter freiem Himmel unterwegs. Vor 100 Jahren kauften sie das erste Zirkuszelt. Zum 100. Jubiläum schenkten Schweizer der Familie via Crowdfunding-Kampagne ein nagelneues Zelt. 230 Akrobaten, Artisten, Clowns, Tierpfleger und Helfer gehen damit nun auf Tour.

Guter Zirkus als Kulturveranstaltung

Für Knie gehört guter Zirkus als Kulturveranstaltung in eine Reihe mit Theater, Oper und Konzert. „Wir haben nur ein viel breiteres Publikum, von 4 bis 80 Jahre, darunter sind auch Operngänger“, sagt er. Die Essenz von Zirkus? „Unterhaltung, Qualität, Staunen, Lachen, Nervenkitzel und ein Hauch von Exotik.“

Diese Mischung mag auch die Fürstenfamilie von Monaco. Sie veranstaltet seit Jahren Zirkusfestivals und ist mit der Familie Knie eng befreundet. Prinzessin Stephanie (54) war Anfang der 2000er Jahre mal mit Franco Knie liiert, der damals als Elefantendompteur auftrat. Die Prinzessin zog mit ihren Kindern in einen Knie-Zirkuswagen. Die Liaison dauert nicht lange, die Familienfreundschaft schon: zur Premiere eines Knie-Musicals zum 100-jährigen Jubiläum kam Stephanie gerade mit ihrem Bruder Fürst Albert in die Schweiz. Aufgelegt hat es Fredys Bruder Rolf Knie, der sich 1984 selbstständig machte.

Fredy Knie bedauert, dass Zirkus in manchen Ländern als etwas für Kinder oder Unzeitgemäßes abgetan wird. Sein Zelt sei immer voll, sagt er. „Wir bieten viel. Das Publikum ist durch allerlei Unterhaltungsangebote verwöhnt, deshalb muss Zirkus heute bei Licht, Musik, Ton, und Choreographie Top-Niveau bieten.“

Wie es auch Unterhalter nach dem Muster des kanadischen Cirque Du Soleil bieten. Die 1984 von Straßenkünstlern gegründete Truppe bietet Shows mit Artistik, Theater und Livemusik, aber ohne Tiere. 1992 war der Circus Knie, der sich selbst mit einem „C“ schreibt, Wegbereiter der Kanadier in Europa. Knie lud ihn ein für eine gemeinsame Tournee ein. Als Konkurrenz sieht er das Angebot nicht. Das Verhältnis sei bestens. Wenn der Cirque Du Soleil in der Schweiz gastiere, würden die Tourneedaten abgesprochen, um sich nicht in die Quere zu kommen.


Circus Knie und Thailand

Wenn Sie mehr über Circus Knie erfahren möchten, z.B. über die Enge Beziehung der Zirkusfamilie zu Thailand, empfehlen wir Ihnen, auch unsere Reportage Elefanten, Pinguine und Giraffen – Knies Kinderzoo zeigt alles zu lesen.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.