Spezialist für zwielichtige Charaktere

John Malkovich wird 65

Foto: epa/Zoltan Balogh
Foto: epa/Zoltan Balogh

LOS ANGELES (dpa) - Er ist Hollywoods Spezialist für abgründige Charaktere. Er spielte Frauenmörder, Verführer, Despoten und Agenten. John Malkovich begeistert auf Bühne und Leinwand. Nun wird der Charakterdarsteller 65 Jahre alt.

Wenn John Malkovich zur Besetzung gehört, geht es auf der Leinwand oft düster, hinterhältig und brutal zu. Der Hollywood-Außenseiter, der am Sonntag (9. Dezember) 65 Jahre alt wird, mischt demnächst an der Seite von Sandra Bullock in dem postapokalyptischen Thriller «Bird Box» mit, der kurz vor Weihnachten beim Streamingdienst Netflix läuft. Mit Jessica Chastain hat er gerade das Action-Drama «Eve» über eine gefährliche Geheimdienst-Operation abgedreht. Erst im September holte Malkovich an der Seite von Mark Wahlberg in dem ultrabrutalen Agenten-Thriller «Mile 22» gegen hartgesottene Killer aus.

Dabei steht er privat überhaupt nicht auf «Action». Eigentlich sei er recht bequem, kindisch und wenig ernsthaft, räumte Malkovich im März im Interview der britischen Zeitung «The Guardian» selbstkritisch ein. Er hätte vielleicht mehr in seinem Leben leisten können. Am liebsten würde er einfach nichts tun, antwortete er auf die Frage, was sein heimliches Vergnügen sei.

Malkovich ist kein Hollywood-Schönling. Er hat ein hageres Gesicht und einen oft stechenden, diabolischen Blick. Doch der Schauspieler ist auf der Leinwand unwiderstehlich. Als eiskalter Verführer Vicomte de Valmont in «Gefährliche Liebschaften» wurde er 1988 zum Star. In dem Oscar-prämierten Spielfilm über die skrupellosen Intrigen französischer Aristokraten im 18. Jahrhundert trieb er mit Glenn Close und Michelle Pfeiffer seine Spiele. Ebenso verführte er 2011 als alternder Casanova auf der Bühne der Hamburger Staatsoper. In «The Giacomo Variations» gab der ausgebildete Theaterdarsteller mit Charme und Humor den liebestollen Herzensbrecher.

Als vielschichtiger Bösewicht begeistert Malkovich auf Bühne und Leinwand. So gab es 2017 in der Hamburger Elbphilharmonie langen Beifall für seinen Auftritt als entthronter Diktator eines fiktiven Landes in der Musiktheaterproduktion «Just Call Me God». Malkovich wagte zum Auftakt eine groteske Aufmachung - als Putzfrau verkleidet schlich er im blauen Kittel, mit Plastikschlappen und buntem Kopftuch über der schwarzen Damenperücke auf die Bühne.

Als psychopathischer Killer in Wolfgang Petersens Thriller «In the Line of Fire - Die zweite Chance» (1993) war er so gut, dass er damit seine zweite Oscar-Nominierung holte. Die erste hatte es zehn Jahre zuvor für seinen Debütfilm «Ein Platz im Herzen» gegeben, mit Sally Field als Farmersfrau während der Großen Depression und Malkovich als ihr blinder Untermieter.

Nicht nur seine Rollenvielfalt macht ihn zu Hollywoods gefeiertem «Chamäleon». Malkovich ist zudem Produzent, Regisseur und Modemacher. 2002 gab er mit dem Politthriller «Der Obrist und die Tänzerin» sein Regiedebüt. Javier Bardem spielt einen Polizisten, der in Südamerika auf Rebellen angesetzt wird. Im selben Jahr stellte das Multitalent seine erste Modekollektion «Technobohemian» vor. 2010 war er mit seiner Herrenlinie auch bei der Berliner Modewoche zu Gast.

Der in einem Kohlenstädtchen im US-Staat Illinois geborene Schauspieler entdeckte schon als Schüler seine Liebe zum Theater. Er spielte am Broadway und in Produktionen der «Steppenwolf Theatre Company», lange bevor er zum Film kam.

Malkovich ist ein Hollywood-Außenseiter. Mit seiner Familie lebte der zweifache Vater lange in Frankreich, er drehte oft mit europäischen Regisseuren. Volker Schlöndorff holte ihn 1985 zusammen mit Dustin Hoffman für das Drama «Tod eines Handlungsreisenden» vor die Kamera, und 1995 noch einmal für die Hauptrolle in «Der Unhold».

Er hat ein Faible für schräge und riskante Geschichten. In dem Science-Fiction-Kultfilm «Per Anhalter durch die Galaxis» wird er zum Guru. In «Being John Malkovich» parodiert er sich selbst. In dem skurril-witzigen Debüt von Spike Jonze schlüpfen die Protagonisten durch einen Tunnel in den Körper des Schauspielers. Dort dürfen sie kurz in der Haut des Stars leben.

Von Steven Spielberg («Das Reich der Sonne», 1987) über Bernardo Bertolucci («Himmel über der Wüste», 1990) bis Woody Allen («Schatten und Nebel», 1991) holten namhafte Regisseure den Charakterdarsteller vor die Kamera. In seinen über 80 Filmen hat Malkovich kein Genre ausgelassen.

Für 2019 hat er schon ein brisantes Projekt im Visier. Er will den einstigen Hollywood-Mogul Harvey Weinstein auf der Bühne spielen. Das stellte Malkovich im vorigen Mai in einem Interview des WDR-Kulturmagazins Westart am Rande der Ruhrfestspiele in Recklinghausen in Aussicht. Demnach wird er die Rolle im Theaterstück «Bitter Wheat» von David Mamet verkörpern, das im kommenden Jahr in London aufgeführt werden soll. «Das Theaterstück ist sehr lustig und sehr fies zugleich. Ich bin mir sicher, dass wir damit polarisieren werden», sagte Malkovich nach WDR-Angaben. Zahlreiche Frauen haben Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen, er ist wegen Vergewaltigung angeklagt.

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