Spaniens Innenminister bestreitet weiter Tod von Migranten

Migranten auf dem Weg zu einem Zentrum für den vorübergehenden Aufenthalt von Einwanderern (CETI) in Melilla. Foto: epa/Paqui Sanchez
Migranten auf dem Weg zu einem Zentrum für den vorübergehenden Aufenthalt von Einwanderern (CETI) in Melilla. Foto: epa/Paqui Sanchez

MADRID: Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska hat auch nach einem anderslautenden Recherchebericht bestritten, dass Migranten beim Sturm auf die Nordafrika-Exklave Melilla im Juni auf spanischem Territorium ums Leben gekommen seien. «Wir haben keinen Verlust von menschlichem Leben auf nationalem Territorium zu beklagen», betonte der Sozialist am Mittwoch im Parlament in Madrid. «Wir sprechen von tragischen Ereignissen, die sich außerhalb unseres Landes abgespielt haben», fügte der Minister hinzu. Die konservative Opposition fordert seinen Rücktritt und auch linke Verbündete der Regierung wollen Aufklärung.

Am 24. Juni hatten mehrere Hundert Migranten vor allem aus dem Sudan versucht, den Grenzzaun zwischen Marokko und Melilla zu überwinden, um so in die EU zu gelangen. Dabei starben mindestens 23 Menschen. Marokkanische Sicherheitskräfte gingen brutal gegen die jungen Männer vor, wie auf Videoaufnahmen zu sehen ist.

Die nun von Grande-Marlaska wiederholte Aussage, spanische Polizisten hätten sich an Recht und Gesetz gehalten und auf spanischem Boden habe es keine Toten gegeben, wird von einem Bericht eines Rechercheverbundes in Frage gestellt, zu dem unter anderen die spanische Zeitung «El País», der «Spiegel» und der Reporter-Pool Lighthouse Reports gehören.

Der Bericht basiere auf der Auswertung von 145 Videos von den Ereignissen am Grenzzaun, 40 Interviews mit einigen der überlebenden Migranten sowie spanischen Polizisten und einem dreidimensionalen Modell des Grenzübergangs Barrio Chino, wo sich die Tragödie ereignete, schrieb «El País». Demnach sei mindestens einer der Migranten auf spanischem Boden gestorben.

Überlebende hätten berichtet, dass die marokkanische Polizei die Migranten in einem zu Marokko gehörenden engen Innenhof vor dem geschlossenen spanischen Eisentor nach Melilla mit Tränengas beschossen habe. Bei einer anschließenden Massenpanik seien viele der Migranten gestorben. Einigen der Migranten sei es gelungen, das spanische Tor aufzubrechen. Danach sei mindesten ein Mensch auf spanischem Boden gestorben.

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Ingo Kerp 01.12.22 14:30
Einer der gewalttätigen Sudanesen sei auf span. Boden gestorben. Ganz auf span. Boden oder noch halb auf marokk. Boden liegend, ist das die große Frage? In welche Gefahr sich die fast ausschließlich jungen Männer begaben war ihnen doch wohl klar, sonst hätten sie sich nicht mit Steinen und Stoecken bewaffnet, die sie als Waffen gegen die Polizisten einsetzten. Wer ist Schuld am Tod von 23 Menschen? Die Polizei von Marokko oder die spanische oder die jungen Männer selbst, die sich gegenseitig zu Tode gedrückt und zu Tode getreten haben? Eines lehrt dieser Vorgang, mit Gewalt kommt keiner weiter.