BRÜSSEL: Sollte die Europäische Union drei neue Amtssprachen bekommen? Wenn es nach der spanischen Regierung geht, müsste diese Frage schnell und klar mit Ja beantwortet werden. Andere Länder wie Deutschland sehen das allerdings etwas anderes.
Katalanisch, Baskisch und Galicisch werden vorerst keine neuen Amtssprachen der Europäischen Union. Spanien scheiterte am Dienstag bei einem Ministertreffen in Brüssel mit dem Versuch, die EU-Sprachenregelung entsprechend ergänzen zu lassen, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Hintergrund waren demnach offene Fragen zum administrativen Aufwand und den Kosten.
Eine Aufnahme von Katalanisch, Baskisch und Galicisch in die Liste der Amts- und Arbeitssprachen würde bedeuten, dass Verordnungen und andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung künftig auch in diese drei Sprachen übersetzt werden müssten. Zudem müssten etwa EU-Organe wie die Europäische Kommission und der Rat sicherstellen, dass sie in diesen Sprachen kommunizieren können.
Schon heute gibt es 24 Amts- und Arbeitssprachen, was einen riesigen Verwaltungsaufwand mit sich bringt. So lag im vergangenen Jahr allein das Übersetzung-Budget der Europäischen Kommission bei 355 Millionen Euro. Die Zahl der Beschäftigten in dem Bereich gab ein Sprecher am Dienstag mit rund 2000 an. Hinzu kommen demnach noch rund 480 festangestellte und 970 freie Mitarbeiter, die sich um Dolmetschdienste kümmern. Weitere ähnliche Organisationseinheiten unterhalten die Vertretung der Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament.
Zu den Ländern, die dem spanischen Antrag nicht ohne weitere Prüfung zustimmen wollten, gehörte am Dienstag auch die Bundesregierung. Europastaatsministerin Anna Lührmann (Grüne) erklärte dies mit Fragen zu rechtlichen und finanziellen Auswirkungen. Die spanische Regierung hatte argumentiert, dass Katalanisch, Baskisch und Galicisch wie auch Spanisch Amtssprachen Spaniens seien.
Diplomaten in Brüssel spekulieren zudem, dass der Vorstoß Spaniens auch Teil des aktuellen innenpolitischen Machtkampfes in Madrid sein könnte. Hintergrund ist, dass die Sozialisten (PSOE) des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez nach der vorgezogenen Parlamentswahl am 23. Juli auf katalanische Separatisten angewiesen sind, um eine neue Regierung bilden zu können. Die PSOE von Sánchez hatte bei der Wahl nur den zweiten Platz hinter der PP von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo belegt.
Über den spanischen Antrag soll nun in den kommenden Monaten weiter beraten werden. Eine Entscheidung für eine Erweiterung der EU-Sprachen-Liste müsste einstimmig getroffen werden.