Spahn verteidigt kostenfreie Corona-Tests

​Debatte um Zweittests

Reisende aus den SARS-CoV-2-Risikogebieten Serbiens und Mazedoniens stehen Schlange, um im Corona-Testzentrum auf dem Flughafen Dortmund auf COVID-19 getestet zu werden. Foto: epa/Friedemann Vogel
Reisende aus den SARS-CoV-2-Risikogebieten Serbiens und Mazedoniens stehen Schlange, um im Corona-Testzentrum auf dem Flughafen Dortmund auf COVID-19 getestet zu werden. Foto: epa/Friedemann Vogel

BERLIN: Touristen aus Urlaubsländern mit besonders hohen Corona-Fallzahlen müssen sich bei der Ankunft in Deutschland bald auf das Virus testen lassen. Doch Klärungsbedarf bleibt: Wie genau soll das ablaufen?

Flughäfen und Gesundheitsbehörden rüsten sich für zusätzliche Corona-Tests für heimkehrende Urlauber - über die konkrete Umsetzung und die Kosten wird aber weiter diskutiert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekräftigte am Dienstag, dass Tests für Reisende kostenfrei sein sollen. Es sei wichtig, dass Testen «keine Frage des Geldbeutels ist», schrieb er bei Twitter mit Blick auf Forderungen, Touristen selbst zur Kasse zu bitten. Im Gespräch sind auch mögliche Wiederholungstests ein paar Tage später.

Spahn hatte am Montag angekündigt, eine Testpflicht für Einreisende aus Risikogebieten anzuordnen, die voraussichtlich in der kommenden Woche in Kraft treten soll - über zuvor beschlossene freiwillige Testmöglichkeiten hinaus. Laut einer Liste des Robert Koch-Instituts (RKI) zählen dazu aktuell Länder wie Ägypten, die USA, Russland und die Türkei. Aus der EU ist Luxemburg dabei. Beliebte Urlaubsziele wie Italien oder Österreich stehen derzeit nicht auf der Liste. Zentrales Kriterium ist, in welchen Staaten oder Regionen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab.

Die Tourismusbranche begrüßte zusätzliche Tests. «Gesundheit hat oberste Priorität», sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbands, Norbert Fiebig. Deutsche Veranstalter böten grundsätzlich keine Reisen in ausgewiesene Risikogebiete an. Wer auf eigene Faust zu solchen Zielen reise, müsse schon jetzt bei der Rückkehr für 14 Tage in Quarantäne. Verpflichtende Tests brächten zusätzliche Sicherheit. Es dürfe dabei aber keine Unterschiede geben, ob Reisende mit dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug nach Deutschland zurückkommen. «Hier sind tragfähige und gut umsetzbare Konzepte gefordert», sagte Fiebig.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft sieht die Entscheidung für kostenfreie Tests als starken Anreiz, tatsächlich einen Test zu machen und so eine Quarantäne zu vermeiden. Die Organisation liege nun bei den Landesbehörden - Teststellen könnten am Flughafen, bei niedergelassenen Ärzten oder in anderen Gesundheitseinrichtungen sein. «In jedem Fall ist es Aufgabe der Behörden zu kontrollieren, ob sich eine Person auch tatsächlich hat testen lassen», sagte Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow.

Spahn verteidigte die Beschränkung der Testpflicht auf Rückkehrer aus Risikoländern. Es sei «ja ein Eingriff in die persönliche Freiheit», sagte er am Montagabend in der ARD. Ein solcher müsse «natürlich auch gut gerechtfertigt» und «verhältnismäßig sein». Zudem sei bei Risikoländern eine Testpflicht vom Infektionsschutzgesetz gedeckt. Die AfD kritisierte zu pauschale Einschätzungen der Reiseziele. Die immer neuen Ideen der Bundesregierung schadeten der Reisewirtschaft und Menschen, die ihren Urlaub rechtssicher genießen möchten, sagte der Tourismusausschuss-Vorsitzende Sebastian Münzenmaier (AfD).

Die SPD-Fraktionsvizes Bärbel Bas und Dirk Wiese unterstützten die geplante Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten. Dies sei rechtlich möglich und angemessen. Spahn müsse nun darlegen, wie er dies gemeinsam mit den Ländern umsetzen will. Klar müsse auch sein, dass die Kosten nicht allein die gesetzlichen Krankenversicherungen tragen. Bei anderen Tests hat der Bund schon Zuschüsse zugesagt.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz nannte die geplanten Pflichttests sinnvoll. «Jedoch muss nach drei Tagen ein zweiter Test folgen. Sonst ist das Ganze eher öffentlicher Effekt als tatsächliche Wirkung», sagte Vorstand Eugen Brysch. «Mit Tests an Flughäfen, Bahnhöfen und Grenzen ist es also nicht getan. Denn bei den Zweittests sind die Gesundheitsämter vor Ort gefordert.»

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach äußerte sich skeptisch zur Notwendigkeit zweiter Tests. «Nur bei einem Bruchteil von unter zehn Prozent der Infizierten ist eine Infektion erst später nachweisbar. Daraus wird sich keine große Welle aufbauen», sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Ärztepräsident Klaus Reinhardt sagte der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag): «Aus ärztlicher Sicht ist es wünschenswert und vernünftig, dass sich alle Reiserückkehrer aus Risikoländern testen lassen sollen.»

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Jürgen Franke 30.07.20 09:22
Eine neue Partei wird auch nichts zaubern
können, das haben wir vor 1933 erkennen müssen. Parteien müssen nämlich gewählt werden und bei uns ist es nach wie vor so, dass 40% der Wähler vor dem Betreten des Wahllokales nicht wissen, wohin sie ihr Kreuz machen sollen.