Söder für «Rentenschutzschirm»

SPD beharrt auf Heil-Konzept

Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern und CSU-Parteivorsitzender, aufgenommen bei einem dpa Interview. Foto: Michael Kappeler/Dpa
Markus Söder, Ministerpräsident des Freistaates Bayern und CSU-Parteivorsitzender, aufgenommen bei einem dpa Interview. Foto: Michael Kappeler/Dpa

BERLIN (dpa) - Die Koalition will ein Schutzschirm gegen die Altersarmut aufspannen. Doch wieviele Menschen darunter Platz finden sollen, ist umstritten.

Die Koalition ringt mit gegensätzlichen Positionen um den Umfang der geplanten Grundrente. Es geht darum, ob Hunderttausende Bezieher von Sozialleistungen oder Millionen Kleinrentner begünstigt werden sollen. CSU-Chef Markus Söder preschte am Sonntag mit der Forderung eines «Rentenschutzschirm für das Alter» vor. Nach einem Rentenpapier der CSU, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt, soll dabei ein Teil der rund 544.000 Bezieher von Grundsicherung im Alter bessergestellt werden.

Sozialminister Hubertus Heil (SPD) entgegnete Söder in Berlin: «Von meinem Vorschlag profitieren drei Millionen Menschen in Deutschland, zu 75 Prozent übrigens Frauen.» Die CSU-Ideen würden laut Heil nur einem Bruchteil helfen - «und den Großteil derjenigen, die sich eine Grundrente verdient haben, außen vor lassen». Söder wie Heil reklamierten für sich, eine unbürokratische Lösung anzustreben,

DAS CSU-KONZEPT:

Bezieher von Grundsicherung im Alter sollen bis zu 212 Euro pro Monat von ihrer gesetzlichen Rente behalten können. Heute gilt das nur, wenn man selbst vorgesorgt hat - nämlich für Riester- oder Betriebsrenten. Die neuen Freibeträge sollen gelten, wenn man mindestens 35 Beitragsjahre angesammelt hat. Die CSU rechnet mit Kosten von rund 445 Millionen Euro im Jahr. Rund 175.000 Menschen würden demnach davon profitieren. Einen zusätzlichen Freibetrag soll es für Bezieher der Mütterrente geben - auch diese soll nicht mehr bei der Grundsicherung angerechnet werden. Hierfür rechnet die CSU mit Kosten von 50 bis 60 Millionen Euro und bis zu 60.000 Begünstigten. Zudem will die CSU das Schonvermögen, das Grundsicherungsbezieher behalten dürfen, von 5.000 auf 15.000 Euro verdreifachen.

DIE ARGUMENTE DER CSU:

Söder wirft Heil «Rentenpolitik mit der Gießkanne» vor - Hintergrund sind die Kosten. Ein mittlerer einstelliger Milliardenbetrag pro Jahr soll Heils Grundrente kosten. Der Vorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, kritisierte in der «Bild am Sonntag»: «Mit dem Vorschlag der SPD, bei der Grundrente keine Bedürftigkeitsprüfung durchzuführen, würden wir zukünftig zusätzlich zehnmal so viel Geld in neue Sozialausgaben stecken wie in die Forschung an künstlicher Intelligenz.» Dennoch nimmt Söder für das CSU-Konzept in Anspruch: «Niemand soll sich am Ende einer langen Lebensleistung abgeschoben fühlen und Angst vor Altersarmut haben müssen.»

DAS HEIL-KONZEPT:

Die Anwartschaften sollen bei Kleinrentnern bis zu einer bestimmten Schwelle aufgewertet werden, wenn jemand 35 Beitragsjahre aufweist. Hat man beispielsweise 40 Jahre mit Niedriglohn gearbeitet und so Beiträge gezahlt, dass sich eine monatliche Rente von 640 Euro ergibt, würden sich die Bezüge auf 977 Euro erhöhen. Da man bei hohen Mieten sogar mit einer deutlich erhöhten Rente noch unter Grundsicherungsniveau landen kann, soll dazu das Wohngeld um einen Freibetrag ergänzt werden.

VOR- UND NACHTEILE:

Zielt die Grundrente nur auf Grundsicherungsbezieher ab, würden zwar nur wirklich Bedürftige profitieren. Doch dabei gehen auf jeden Fall all diejenigen leer aus, die aus Scham oder Unwissenheit gar keine Grundsicherung beantragt haben. Bei Heil sollen viel mehr Menschen höhere Bezüge erhalten - ausdrücklich will er auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten. Auch wenn beispielsweise eine Ehefrau einen wohlhabenden Mann hat, könnte ihre Rente trotzdem aufgewertet werden. Die Union pocht hingegen auf so eine Prüfung.

AUSSICHTEN:

«Ich möchte eigentlich, dass wir die Grundrente bis zur Sommerpause umsetzen», sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur. Im Herbst wird in drei ostdeutschen Ländern gewählt. Heil selbst will seinen Gesetzentwurf im Mai vorlegen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der dpa: «Bis dahin sollten CDU und CSU ihre offensichtlich unterschiedlichen Standpunkte geklärt haben, damit wir gemeinsam alles daran setzen, die Grundrente im Sinne der Menschen so schnell wie möglich umzusetzen.»

Vor der Europawahl am 26. Mai dürfte sich nichts tun - aber danach könnten sich die Koalition zu einem Kompromiss durchringen. Die Präsidentin der Rentenversicherung, Gundula Roßbach, pochte im dpa-Gespräch darauf, die Grundrente «in vollem Umfang» aus Steuermitteln zu finanzieren. Aus der CDU ist zu hören, dass eine Grundrente à la Heil in kleinerer Form kommen könnte. Aber die laufenden Einkommen - wenn auch nicht unbedingt das Vermögen - sollten auf jeden Fall geprüft werden. So ähnlich hatte sich auch der Chef des Arbeitnehmerflügels der Union, Karl-Josef Laumann, geäußert. Er hatte Anfang 2018 mit der heutigen SPD-Chefin Andrea Nahles das Bekenntnis zur Grundrente im Koalitionsvertrag ausgehandelt.

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Jürgen Franke 20.03.19 19:03
Herr Volkmann, es ist zu hoffen, dass
die Rentenkasse mit Steuergeldern aufgefüllt wird, sofern sie leer ist. Dann wir Deutschland auf den Flugzeugträger etwas warten müssen. Wähler können Sie für dieses Problem kaum mobilisieren.
Helmut Herlenstein 20.03.19 16:55
Rentenreform
Ich habe zwei Bruttorenten von inges. 2.900 € und das ergibt ca. 2500 netto. Dafür habe ich 45 Jahre lang gearbeitet und bin nicht mit 50 Jahren aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und nach TH ausgewandert, um mich sexuell zu vergnügen und klage nun im Alter über geringe Rente. 15 Jahre Rentenbeiträge fehlen. Wer über keine 1500 € verfügt , keinen Auslandskrankenversicherung hat, hat in TH nicht zu suchen.
Ich befürworte auf jeden Fall, dass jeder Ausländer bei Beantragung eines Jahresvisums
eine Jahresauslandversicherung nachweisen muss, oder er geht out. Es kann den Krankenhäusern nicht zugemutet werden, dass sie auf vielen Millionen Baht sitzenbleiben.
Hans-Dieter Volkmann 19.03.19 16:36
Jürgen Franke 19.03.19
Werter Herr Franke, politische Einigungen sind wünschenswert aber nur selten zu aller Zufriedenheit. Die Renten sind, so wie sie heute finanziert werden, auf Dauer nicht finanzierbar. Zwanzig Millionen Rentner in Deutschland währen eine enorme politische Macht, gäbe es denn jemanden der diesen Rentnern eine Stimme geben könnte. Schon heute sind alle zukünftigen Rentner unzufrieden, aber es betrifft sie ja noch nicht. Wenn das aber einmal der Fall ist und wenn es dann noch den Bestandsrenten an den Kragen geht,
hält das keine Regierung in Deutschland aus. Es sei denn die Renten werden aus Steuern, z.B. Erhöhung der Mehrwertsteuer, mitfinanziert.
Jürgen Franke 19.03.19 10:34
Es ist zu hoffen, dass sich die Parteien
in dieser Frage schnell einig werden, denn die Personen, die zukünftig in Rente gehen, treffen auf zu wenig Erwerbstätige, die ihre Rente finanzieren könnten.