Streit über Berliner Vietnamesen-Entführung

Der slowakische Präsident Andrej Kiska. Foto: epa/Christian Bruna
Der slowakische Präsident Andrej Kiska. Foto: epa/Christian Bruna

BRATISLAVA (dpa) - Deutsche Medienberichte über eine mögliche slowakische Verwicklung in die Entführung eines Vietnamesen aus Berlin haben in Bratislava eine innenpolitische Kontroverse ausgelöst.

Präsident Andrej Kiska kritisierte am Dienstag die eigenen Behörden: Es sei ihre «Pflicht, jeden Verdacht gründlich zu untersuchen, anstatt sich darauf auszureden, dass die deutsche Polizei für die Ermittlungen zuständig sei». Der Slowakei drohe «internationale Schande», warnte das parteilose Staatsoberhaupt. Die zwei größten Oppositionsparteien forderten eine Sondersitzung des Parlaments.

Am Abend reagierte auch das slowakische Innenministerium und bekräftigte seine schon seit Monaten bekannte Position: Es gebe keinerlei Informationen, dass der später in Vietnam verurteilte Geschäftsmann Trinh Xuan Thanh über die Slowakei entführt worden sein könnte, betonte ein Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur TASR.

Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Dienstag) hatte berichtet, nach Ermittlungen des Landeskriminalamts Berlin gebe es «nahezu keine Zweifel» daran, dass der zuvor in Berlin gewaltsam in ein Auto gezerrte Thanh im Juli 2017 in einem Flugzeug der slowakischen Regierung aus dem Schengen-Raum ausgeflogen wurde. Das Flugzeug war vom slowakischen Innenministerium einer offiziellen vietnamesischen Delegation zur Verfügung gestellt worden. Nach FAZ-Informationen könnte das Treffen dieser Delegation mit Vertretern des slowakischen Innenministeriums eigens für die Entführung arrangiert worden sein.

Der damalige Innenminister Robert Kalinak wies über Facebook jeden Verdacht zurück. «Mich würde aber eine Frage interessieren: Wenn die deutschen Behörden damals wirklich nach einem vietnamesischen Staatsbürger fahndeten, warum haben sie dann dessen Namen nicht im Schengen-Informationssystem deponiert, um andere Schengen-Länder zu informieren?», fragte Kalinak am Dienstag.

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