Merkels Ordnung gegen Trumps Verunsicherung

Foto: epa/Stephanie Lecocq
Foto: epa/Stephanie Lecocq

MÜNCHEN (dpa) - Die Absage von Frankreichs Präsidenten Macron hat die Münchner Sicherheitskonferenz durcheinandergewirbelt. Jetzt steht nicht mehr die Zukunft Europas im Mittelpunkt, sondern ein deutsch- amerikanisches Rededuell.

Eigentlich sollte von der Münchner Sicherheitskonferenz in diesem Jahr ein klares Signal ausgehen: Trotz Brexit zerbröselt Europa nicht. Konferenzleiter Wolfgang Ischinger lud dafür den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem gemeinsamen Auftritt ein. Beide sagten zu. Alles war angerichtet. Doch dann überlegte Macron es sich angesichts der Gelbwestenproteste zu Hause doch noch einmal anders und die Konferenzplaner gerieten ins Schleudern.

Ein europäisches Signal gibt es mit der gemeinsamen Eröffnung durch die Verteidigungsminister Deutschlands und Großbritanniens, Ursula von der Leyen und Gavin Williamson, an diesem Freitagnachmittag zwar trotzdem. Aber der inhaltliche Schwerpunkt verlagert sich erheblich. Merkel wird sich beim wichtigsten sicherheitspolitischen Expertentreffen weltweit nun mit US-Präsident Mike Pence messen müssen.

Pence war schon vor zwei Jahren erstmals in München, um wenige Tage nach dem Amtsantritt von Donald Trump dessen außenpolitischen Kurs vorzustellen. Seine wichtigste Botschaft war damals ein Treueschwur: «Das ist Präsident Trumps Versprechen: Wir werden zu Europa stehen, heute und jeden Tag, weil uns dieselben edlen Ideale zusammenschweißen: Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit.»

Seitdem ist es zwischen Trump und den Europäern, zumindest den meisten Westeuropäern wie Deutschland, nicht so gut gelaufen. Der US-Präsident hat wichtige Abkommen aufgekündigt, ist in Handelsfragen auf Konfrontationskurs gegangen, droht Verbündeten mit Sanktionen und stellt internationale Organisationen in Frage.

Merkel wird der national orientierten US-Außenpolitik ein Plädoyer für die internationale Zusammenarbeit entgegensetzen. «Der Multilateralismus, also die Überzeugung, dass wir miteinander mehr gewinnen als wenn wir gegeneinander arbeiten, steht zur Debatte», sagte die CDU-Politiker vergangenes Wochenende in einer Videobotschaft. «Ich werde mich in München sehr stark dafür einsetzen, dass die multilateralen Strukturen weiterentwickelt werden, aber erhalten bleiben.»

In dem Rededuell wird es ohne Zweifel um den Streit über die Nato-Verteidigungsausgaben und vielleicht auch um die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland gehen.

Neben dem transatlantischen Verhältnis sind das die wichtigsten Themen in München:

DIE KÜNDIGUNG DES INF-VERTRAGS

Nach jahrelangen gegenseitigen Vorwürfen haben die USA und Russland Anfang Februar angekündigt, sich ab sofort nicht mehr an ihr Abkommen zum Verzicht auf landgestützte atomare Mittelstreckenwaffen gebunden zu fühlen. Folge könnte ein neues gefährliches Wettrüsten sein. Vor allem die europäischen Nato-Partner der USA wollen das vermeiden und werden bei der Sicherheitskonferenz noch einmal versuchen, Schlüsselpersonen wie den russischen Außenminister Sergej Lawrow zu Zugeständnissen zu bewegen.

Die Erfolgsaussichten gelten allerdings als gering. Grund ist, dass sowohl den USA als auch Russland unterstellt wird, kein großes Interesse am Erhalt des INF-Vertrages zu haben. Das liegt vor allem daran, dass der aus der Zeit des Kalten Krieges stammende Deal nur Amerikaner und Russen bindet, nicht aber aufstrebende Militärmächte wie China.

WELTMACHT CHINA

China ist bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit einer so großen und hochrangigen Delegation vertreten wie noch nie. Angeführt wird sie von dem Chef-Außenpolitiker der Kommunistischen Partei Chinas, Yang Jiechi. Der 67-Jährige redet am Samstag nach US-Vizepräsident Pence und kann es mit ihm durchaus auf Augenhöhe aufnehmen.

WIE WEITER MIT DEM IRAN?

Die USA und Europa sind in dieser Frage tief gespalten. Während die USA Teheran mit Sanktionen dazu bewegen wollen, auf sein Raketenprogramm und die Einmischung in regionale Konflikte zu verzichten, setzen die wichtigsten europäischen Verbündeten auf Dialog. Sie wollen das Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe retten, aus dem die Amerikaner ausgestiegen sind. Brisanterweise kommt US-Vizepräsident Pence direkt von einer Konferenz in Warschau nach München, die von Kritikern als Anti-Iran-Treffen gebrandmarkt wurde.

KRISENHERD NAHOST

Anders als in Warschau wird der Iran in München vertreten sein. Am Sonntag wird sich der iranische Außenminister Mohammed Sarif ein Rededuell mit dem saudischen Staatssekretär Adel al-Jubeir liefern. Beide regionalen Großmächte sind direkt oder indirekt in die großen regionalen Konflikt wie in Syrien und im Jemen involviert. Al-Jubeir ist der erste hochrangiger Saudi, der Deutschland seit der Tötung des regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi besucht.

ABZUG AUS AFGHANISTAN?

Mehr als 18 Jahre nach Beginn des internationalen Militäreinsatzes kommt Bewegung in die Bemühungen um eine Lösung des blutigen Konflikts mit den Taliban. US-Präsident Trump strebt einen politischen Deal mit den radikalislamischen Kräften an, um möglichst schnell viele amerikanische Soldaten nach Hause holen zu können. Bei Nato-Partnern werden die Pläne allerdings sehr kritisch gesehen. Sie befürchten unter anderem, dass es im Fall eines schnellen Truppenabzugs wieder zu Rückschritten bei Demokratie und Menschenrechten kommen könnte.

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Leserkommentare

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Jürgen Franke 16.02.19 16:31
Es ist eigentlich nicht mehr
auszuhalten, was diese Merkel da noch von sich gibt. Deutlicher kann man sich nicht ausdrücken, wenn man die Realitäten nicht zur Kenntnis nimmt und Fakten auf den Kopf stellt..
Oliver Harms 16.02.19 11:23
ausgerechnet chaos merkel!
die überschrift ist eindeutig verdreht worden!
klar ist nur die linie von Trump!!
der hat nicht ein einziges mal gesülzt,gelogen,betrogen und hintergangen!
auch ist er weder von BMW,VW oder DB gekauft worden und er hat auch seine wähler weder verkauft noch verraten.
alles was trump seit seiner wahl zu präsidenten macht,hat er vor seiner wahl angekündigt und seinen wählern versprochen!!
im gegensatz zu der politmafia setzt er alles um wie angekündigt.
das begreifen weder die politruks noch die ihnen angeschlossenen presse und TV probagandaeinheiten.
was macron angeht,so ist der schon geschichte!nur will dieser präsident der superreichen(zitat seines vorgängers im amt) von merkels gnaden es nicht war haben.
Hermann Auer 15.02.19 20:28
Gelbwesten
Wenn die Gelbwesten tatsächlich der Grund dafür sind, dass Macron nicht an der Un-"Sicherheitskonferenz" teilnimmt, dann haben sie ja doch was Gewaltiges geschafft. Ich für meine Person werde morgen auf einer Demo gegen diese Waffenlobby-Veranstaltung zu sehen sein. Diese Lobbyistenveranstaltung zählt in meinen Augen zu den größten Sicherheitsrisiken unserer Zeit.