Seltener Star statt graue Maus

Die Story der allerersten PC-Maus

Elektroingenieur Rainer Mallebrein zeigt die erste Computermaus. Foto: Dieter Menne/Dpa
Elektroingenieur Rainer Mallebrein zeigt die erste Computermaus. Foto: Dieter Menne/Dpa

PADERBORN (dpa) - Es ist die Story einer kleinen grauen Computer-Maus. Unterschätzt, Patent verwehrt, sau-teuer damals vor gut 50 Jahren. Und zugleich eine überraschende, auch für Nicht-Techniker eine spannende Geschichte. Der Maus-Entwickler, heute im hohen Alter, erzählt sie.

Weltweit gibt es wohl nur noch vier Exemplare: Der Erfinder der allerersten Computer-Maus, Rainer Mallebrein, hat eines der extrem seltenen Geräte ins Museum verschenkt. «Das ist die Ur-Maus. Wir waren unserer Zeit weit voraus. Wir haben sie zwischen 1965 und 1968 entwickelt, als es noch keine Personal Computer gab, nicht einmal das Wort PC», schilderte der 85-Jährige am Dienstag in Paderborn. Dort überreichte der Ingenieur aus dem Raum Konstanz das Exponat als Dauerleihgabe an das Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF), nach eigenen Angaben das weltweit größte Computermuseum.

Mallebrein hatte die Maus für Telefunken entwickelt, das Unternehmen verkaufte sie ab 1968 zusammen mit seinem damaligen Spitzencomputer TR 440. Allerdings nur 46 Mal, vor allem an Universitäten, der Rechner war mit bis zu 20 Millionen Mark praktisch unerschwinglich teuer, sagt Mallebrein. Seine Maus, für 1500 Mark zu haben, geriet in Vergessenheit.

Ein Patent gab es auch nicht. «Wegen zu geringer Erfindungshöhe», stand damals im Schreiben des Patentamts, erinnert sich der Senior. «Über Anwendungsmöglichkeiten war damals gar nicht gesprochen worden, nämlich dass die Maus Mensch-Maschine-Interaktion fahren kann.» Telefunken kümmerte sich nicht groß darum. Schwamm drüber. Mallebrein widmete sich dann anderen Erfindungen.

Der weltweite Siegeszug der Computermaus begann erst in den 1980er Jahren. Auf Basis des Mallebrein-Systems, wie der 85-Jährige und das HNF betonen. Und die Entwicklung des amerikanischen Maus-Vaters Douglas Engelbart gilt als zentral. Ende 1968 - zwei Monate nach der Vorstellung der deutschen Erfindung - präsentierte Engelbart in den USA ebenfalls eine PC-Maus. Nicht mit einer Rolle bestückt, sondern mit zwei Rädern. Diese Maus wurde gefeiert, die deutsche Maus blieb eine graue. Man habe in San Francisco und Konstanz nichts voneinander gewusst, sagt Mallebrein.

Engelbarts Erfindung bekam den einprägsamen Namen «Maus». Und wie nannten die deutschen Tüftler ihr Kind? «Wir haben uns da geniert. Wir waren viel zu nüchtern und schüchtern und haben das Ganze "Rollkugelsteuerung" genannt.» Na ja. Trotzdem: Sein Gerät made in Germany sei der amerikanischen Entwicklung «konstruktiv weit überlegen» gewesen, ist Mallebrein überzeugt. Heute gebe es noch je ein Exemplar in Stuttgart und bei München, außerdem wisse man von einem weiteren in den USA. Das wars.

Der Durchbruch für die Computermaus gelang mit den ersten halbwegs bezahlbaren Computern von Apple, die eine grafische Benutzeroberfläche hatten: Lisa (1983) und Macintosh (1984). Apple-Mitbegründer Steve Jobs hatte zuvor beim legendären kalifornischen Forschungszentrum Xerox PARC gesehen, wie man mit einer Maus einen Rechner steuern kann.

Dass die vierte Mallebrein-Maus den Weg zu ihm und nun ins Museum fand, hat auch eine Vorgeschichte: Er sei vor zehn Jahren auf einen Bericht über die Erfindung in einer Telefunken-Zeitschrift von Oktober 1968 gestoßen, erzählt Technikhistoriker Ralf Bülow. Er machte das publik, es gab Medienberichte. Ein Ex-Kollege habe ihm daraufhin zum «Maus-Durchbruch» gratuliert und später auch ein nagelneues Exemplar aufgespürt, sagt Mallebrein. Das ist nun dauerhaft hinter Glas in Paderborn zu bestaunen.

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