Selenskyj will moderne Kampfjets

Keine Zusagen beim EU-Gipfel

Auf diesem vom Pressebüro des ukrainischen Präsidenten zur Verfügung gestellten Foto stehen Wolodymyr Selenskyj (M), Präsident der Ukraine. Foto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/ap
Auf diesem vom Pressebüro des ukrainischen Präsidenten zur Verfügung gestellten Foto stehen Wolodymyr Selenskyj (M), Präsident der Ukraine. Foto: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/ap

KIEW/BRÜSSEL: Kampfflugzeuge, Raketen, baldige EU-Beitrittsgespräche - der ukrainische Staatschef hat der EU eine Wunschliste präsentiert. Im Folgenden ein Überblick zum Geschehen in der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hat der EU für ihre bisherige Unterstützung gedankt - und zugleich neue Wünsche unterbreitet. Einmal mehr forderte er die Staats- und Regierungschefs der EU zur Lieferung moderner Kampfjets an sein Land auf, ebenso wie zur Bereitstellung von Raketen mit größerer Reichweite. Nach seinem Besuch im befreiten Cherson im Süden des Landes berichtete er am Donnerstag, dass allmählich das Leben dorthin zurückkehre.

Gibt es einen Grund für die Verzögerung?

Er danke Polen und der Slowakei für die Entscheidung, Kampfjets des sowjetischen Typs MiG-29 bereitzustellen, sagte Selenskyj am Donnerstag bei einem EU-Gipfel, zu dem er per Video zugeschaltet war. «Dies wird die Verteidigung unseres Luftraums erheblich stärken. Aber wir brauchen moderne Flugzeuge.»

Die Slowakei hatte am Donnerstag bekanntgegeben, der Ukraine die ersten 4 ihrer 13 versprochenen Flugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 übergeben zu haben. Zuvor hatte Polen die Lieferung von Kampfflugzeugen desselben Typs angekündigt. Selenskyj dringt zudem schon lange auf die Lieferung moderner Kampfflugzeuge aus dem Westen.

Selenskyj fragte die Gipfel-Teilnehmer, ob es einen rationalen Grund für die Verzögerung bei der Bereitstellung moderner Flugzeuge gebe. Dabei verwies er auf die russischen Drohungen vor der Lieferung des deutschen Leopard-Kampfpanzers aus der EU. «Und was hat Russland daraufhin getan? Wir alle müssen uns daran gewöhnen, dass ein terroristischer Staat öfter blufft, als dass er eskalieren kann.»

Selenskyj betonte: «Zeit ist wichtig. Nicht nur Monate und Wochen, sondern auch Tage sind wichtig. Je schneller wir gemeinsam handeln, desto mehr Leben können wir retten.» Er verwies zugleich auf die bisherige Unterstützung aus dem Ausland. «Dies ist ein Beweis dafür, dass Europa seine Werte zu verteidigen weiß und den Mut hat, dem Terror die Stirn zu bieten», sagte er.

Selenskyj: Leben kehrt in zerstörte Dörfer zurück

Nach einem Besuch in der von ukrainischen Truppen im Herbst weitgehend zurückeroberten Region Cherson im Süden der Ukraine zog Selenskyj ein positives Fazit. «In einigen Orten wurden mehr als 90 Prozent der Gebäude zerstört», sagte Selenskyj am Donnerstag in seiner allabendlichen Videoansprache. «Aber selbst in solche Dörfer kehren die Menschen zurück, und das ist ein Beweis dafür, dass das Leben immer noch gewinnt.» Die Ukraine werde ihr Möglichstes tun, «um unsere Territorien wieder aufzubauen».

Selbst auf den Feldern um Cherson kehre das Leben zurück. «Es ist eine Freude zu sehen, wie die von russischen Minen und Granaten geräumten Felder in der Region Cherson bebaut und wieder zum Leben erweckt werden», sagte Selenskyj. Allerdings gebe es noch genügend Felder, die vermint seien. «Es gibt noch genug Arbeit für unsere Pioniere und Pyrotechniker.» Doch er sei zuversichtlich, betonte Selenskyj, dass diese Gebiete von allen tödlichen Hinterlassenschaften Russlands befreit würden. «Die ganze Ukraine wird leben.»

In diesem Zusammenhang richtete Selenskyj einen besonderen Dank an Finnland. Die Regierung in Helsinki hatte am Donnerstag beschlossen, der Ukraine drei Leopard-Minenräumpanzer zu übergeben.

Kiew: Russen starten «Säuberungsaktion» im Gebiet Cherson

Russische Truppen und Sicherheitsdienste begannen nach Erkenntnissen des ukrainischen Generalstabs mit sogenannten Säuberungsaktionen unter der Bevölkerung des von ihnen kontrollierten Dnipro-Ufers in der südukrainischen Region Cherson. Dort habe in verschiedenen Siedlungen die Suche nach Bürgern mit pro-ukrainischer Einstellung, Militärrentnern und Mitarbeitern ukrainischer Strafverfolgungsbehörden eingesetzt, teilte der Generalstab in Kiew am Donnerstag in seinem täglichen Lagebericht auf Facebook mit.

In der Siedlung Nowa Kachowka dagegen sei eine großangelegte Razzia erfolgt. Dabei seien bei der Zivilbevölkerung große Mengen an Haushaltsgeräten, Schmuck und Mobiltelefonen «konfisziert» worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Bei einer ukrainischen Offensive im Herbst hatten sich die russischen Militärs bei Cherson vom Westufer des Dnipro zurückgezogen. Seitdem haben russische Truppen ihre Verteidigungslinien am Südufer des Stroms massiv ausgebaut.

Russischer Raketenangriff auf Odessa

Die russische Luftwaffe beschoss am Donnerstagabend die südukrainische Hafenstadt Odessa mit mehreren Raketen. Nach ersten Berichten des ukrainischen Militärs wurden zwei Raketen von der Flugabwehr abgefangen. Weitere Angaben lagen zunächst nicht vor. Bereits am Vortag war Odessa mit mehreren Raketen angegriffen worden.

Was am Freitag wichtig wird

Auch am Freitag sind neue Gefechte um die seit Monaten schwer umkämpfte Stadt Bachmut im Osten der Ukraine zu erwarten. Ukrainische Militärs wollen ein Nachlassen der russischen Kampfkraft erkannt haben.

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Leserkommentare

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Strauss 24.03.23 21:04
Friedensgespräche kann es z.zt.
gar nicht geben. Das wäre ein Armutszeugnis gegen einen Agressor der wie im 1. und 2. Weltkrieg agiert.
Wohl niemand wird dagegen sprechen: ``Das ist ein 2. Hitler`` Jener hat seine eigenen Gegner vergast, und der Jetzige holt sie aus den Gefängnissen an die Front. Je schneller Russland von allen Seiten in die Zange genommen wird, desto schneller kann der Krieg enden.
Besser ein Ende mit Schrecken, als.......
Albert Keller 24.03.23 16:30
Titus. Ich stimme Dir voll und ganz zu.
David Ender 24.03.23 15:30
Tja liebe Russland-"Experten" ...
... es ist tatsaechlich "unerhoert" was sich der frei gewaehlte Praesident der ueberfallenen Ukraine hier herausnimmt! Vielmehr sollte er dankbar sein, dass Deutschland als Hauptsponsor des kremlinschen Militaerapparates diesen Angriffskrieg ueberhaupt erst ermoglicht hat. Ueberhaupt wollen diese Ukrainer bis heute die "deutschen Wahrheiten" einfach nicht erkennen: Der Wandel durch Handel ist ein voller Erfolg (viele Deutsche denken und sprechen schon in russisch und chinesisch - voll gewandelt). Nordstream2 war alternativlos und ein rein privatwirtschaftliches Projekt (oder so aehnlich). Frieden schafft man indem sich Deutschland bis zur voelligen Wehrlosigkeit abruestet (und Russland derweil in Hyperschallraketen investiert). Und nicht zuletzt schafft man Frieden indem man 1994 ein Budapester Memorandum mit Russland unterzeichnet und die ukrainischen Atomsprengkoepfe an Russland uebergibt. Keine 20 Jahre spaeter spazieren dann zum Dank russische Soldatenstiefel in der Ukraine und Deutsche fabulieren schon vom naechsten "Friedensvertrag" mit Russland. Wird der auch wieder in Budapest unterzeichnet? Ist das Blatt Papier nicht zu wertvoll fuer russische Versprechungen? Hmmm? Gruss an Radio Moskau. Wer hier im Text Sarkasmus entdeckt darf ihn behalten. (Waere dieser gescheiterte Eroberungskrieg nicht so blutig - man moege laut loslachen ueber die immer verzweifeltere Kremlpropaganda aus allerlei Telegram-Kanaelen)
Maximilian Blaha 24.03.23 14:40
Treffend!
Titus, sehr treffend erkannt!
Dachte vor einem Jahr, diese arme Ukraine .... heute habe ich ein geläuterten Blick auf die handelnden Regierungsspitzen!
Titus 24.03.23 14:30
Warum bemüht sich Selenskyj nicht endlich um den Frieden? Immer mehr Waffen, immer mehr Krieg, immer mehr unschuldige Opfer und Millionen leidender Menschen. Was ist das nur für eine Welt? Selenskyj fordert und der Westen inkl. der USA spuren zitternd. Manchmal Frage ich mich, wo bleiben da die ehrlichen Bemühungen um Frieden? Scheinbar ist es einfacher Waffen zu liefern als sich an einen Tisch zu setzen um Friedensverhandlungen anzustreben. Traurige Welt!!!