Selenskyj fordert Mitgefühl für Frontkämpfer

Ukrainische Soldaten der 28. Brigade feuern einen Mörser auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut in der Region Donezk. Foto: Libkos/Ap
Ukrainische Soldaten der 28. Brigade feuern einen Mörser auf russische Stellungen an der Frontlinie in der Nähe von Bachmut in der Region Donezk. Foto: Libkos/Ap

KIEW: Aus ukrainischer Sicht sollte Russland im UN-Sicherheitsrat keinen Sitz haben dürfen - geschweige denn die Führungsrolle. Auch die Lage der ukrainisch-orthodoxen Kirche birgt Zündstoff. Im Folgenden ein Überblick zum Geschehen in der Nacht und ein Ausblick auf den Tag.

Die turnusmäßige Übernahme des Vorsitzes im UN-Sicherheitsrat durch Russland ist auf scharfe Kritik in Kiew gestoßen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach angesichts des russischen Angriffskriegs gegen sein Land von einer «absurden und destruktiven» Konstellation und forderte eine Reform des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen. Schon in der Vergangenheit hatte Kiew angezweifelt, dass Russland den ständigen Sitz im Sicherheitsrat als Nachfolger der Sowjetunion rechtmäßig übernommen hat. Neben Russland sind auch die USA, Großbritannien, Frankreich und China ständige Ratsmitglieder mit Veto-Recht.

Selenskyj sieht den Sicherheitsrat durch Russland kompromittiert

Erst am Vortag sei ein fünf Monate altes Baby durch russischen Artilleriebeschuss getötet worden, nun übernehme der Aggressor den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat, kritisierte Selenskyj am Samstag in seiner abendlichen Videoansprache. «Es ist kaum etwas vorstellbar, was den vollständigen Bankrott solcher Institutionen besser demonstriert.» Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bezeichnete die Leitungsrolle als «schlechten Aprilscherz».

Der Vorsitz im Sicherheitsrat rotiert monatlich in alphabetischer Reihenfolge zwischen den Mitgliedstaaten, wobei neben den fünf ständigen auch die zehn nichtständigen Mitglieder an die Reihe kommen. Zuletzt hatte Russland den Vorsitz im Februar 2022 inne - als es die benachbarte Ukraine überfiel.

Selenskyj hatte aber auch Positives für seine Landsleute zu verkünden. Die Ukraine sei gestärkt aus der Woche hervorgegangen, sagte der Staatschef. Er bedankte sich unter anderem bei Deutschland für die Militärhilfe. Vor wenigen Tagen war das Eintreffen deutscher Schützen- und Kampfpanzer der Typen Marder und Leopard 2 in der Ukraine bekannt geworden. Der Schweiz sprach Selenskyj seinen Dank dafür aus, dass sie sich inzwischen den EU-Sanktionen gegen Russland angeschlossen hat.

Ukraine bestellt 100 Rosomak-Radschützenpanzer in Polen

Um die russischen Angreifer besser zurückschlagen zu können, bestellt die Ukraine in Polen 100 neue Radschützenpanzer des Typs KTO Rosomak. Das sagte der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP am Samstag bei einem Besuch der Herstellerfirma Rosomak im oberschlesischen Siemianowice Slaskie. Die Bestellung habe er vom ukrainischen Ministerpräsidenten Denys Schmyhal persönlich erhalten, so der liberalkonservative Politiker. Der Auftrag werde mit EU-Geld für Polen und Unterstützungszahlungen der USA an die Ukraine finanziert, hieß es.

Verteidigungsminister: Russland steigert Munitionsproduktion deutlich

Aber auch die Gegenseite rüstet weiter auf. Nach eigenen Angaben hat Russland seine Munitionsproduktion um ein Vielfaches gesteigert. «Das betrifft sowohl gewöhnliche als auch Hochpräzisionsmunition», sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Samstag bei einer Sitzung des Generalstabs. Damit könne Russland seine Kriegsziele erreichen. Zudem werde weiter an der Steigerung der Produktion gearbeitet. Schoigus Aussagen ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Mit Munitionsmangel haben mehr als ein Jahr nach Kriegsbeginn sowohl die Ukraine als auch Russland zu kämpfen. Auch der Westen, von dessen Lieferungen die ukrainische Landesverteidigung abhängig ist, versucht seine Produktion auszuweiten. Kremlchef Wladimir Putin hat bereits vor Monaten die einheimische Rüstungsindustrie dazu aufgefordert, mehr Waffen und Munition herzustellen. Die Betriebe arbeiten im Mehrschichtsystem, um den Anforderungen des Militärs nachzukommen.

Ukraine erlässt neue Sanktionen gegen Russland

Die Ukraine erließ derweil weitere Sanktionen gegen Personen und Unternehmen aus Russland sowie gegen eine Firma auf von Russen besetztem ukrainischem Gebiet. Am Samstag veröffentlichte Präsident Selenskyj per Dekret gleich mehrere schwarze Listen mit Hunderten Firmen, Organisationen und Einzelpersonen, die den russischen Angriffskrieg unterstützt haben sollen. Die Sanktionen gelten in den meisten Fällen für den Zeitraum von zehn Jahren.

Betroffen sind vor allem Direktoren von Rüstungsbetrieben und militärischen Forschungseinrichtungen. Auch bei den Firmen trifft es vor allem diesen Sektor. Sanktionen wurden aber auch gegen das russische Finanzministerium und den Föderationsrat verhängt - das Oberhaus des russischen Parlaments. Zu den prominentesten Namen auf der Liste gehören die Ehefrau und der Sohn von Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew, Swetlana und Ilja.

Vorsteher des Kiewer Höhlenklosters muss zwei Monate in Hausarrest

Gerichtliche Sanktionen ereilten derweil den Vorsteher des weltberühmten Kiewer Höhlenklosters, Pawlo Lebid. Er wurde für zwei Monate unter Hausarrest gestellt. Der Geistliche der ukrainisch-orthodoxen Kirche wird verdächtigt, religiöse Streitigkeiten befeuert und den russischen Angriffskrieg gerechtfertigt zu haben, wie ukrainische Medien aus dem Gerichtssaal berichteten. Der Klostervorsteher muss nun elektronische Fußfesseln tragen. Der Kontakt mit Gläubigen ist ihm untersagt. Der 61-Jährige bestreitet die Vorwürfe und spricht von einem politischen Verfahren.

Hintergrund sind Streitigkeiten um die Nutzung des Höhlenklosters und die Stellung der ukrainisch-orthodoxen Kirche im Land allgemein. Bis Kriegsbeginn war die Kirche dem Moskauer Patriarchat unterstellt. Obwohl sie sich nach Beginn des Konflikts vom Patriarchat lossagte, wird sie von der politischen Führung in Kiew weiterhin der Spionage und Agitation für Moskau verdächtigt. In Kiew wurde 2018 schon die von Moskau unabhängige Orthodoxe Kirche der Ukraine gegründet. In dem Zusammenhang hat der Staat der ukrainisch-orthodoxen Kirche nun auch das Nutzungsrecht für das Höhlenkloster entzogen. Die dort lebenden Mönche weigern sich aber auszuziehen. Ein Gerichtsverfahren läuft.

Das wird am Sonntag wichtig

Die Kämpfe im Osten der Ukraine, speziell um die Städte Bachmut und Awdijiwka, gehen weiter. In Kiew wird mit Reaktionen der Anhänger der ukrainisch-orthodoxen Kirche auf den Hausarrest des Vorstehers des Höhlenklosters gerechnet.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

David Ender 01.04.23 16:50
@ Hammm ...
Danke dass Sie uns allen nochmal explizit vor Augen fuehren, wie sehr latentes Analphabetentum und kognitive Stuemperei gerade unter den Anhaengern kriegstreibender Diktatoren grassieren. Weiter so!
Hans-Dieter Volkmann 01.04.23 15:40
Hammm 01.04.23 08:40
Was ist das für ein Kommentar? Will da jemand den ersten April einläuten, oder kann da jemand nicht anders?
Norbert Kurt Leupi 01.04.23 14:00
" Kauderwelsch " / Norbert Schettler
Aber auch aus dem Kauderwelsch kann ein Sprachbegabter etwas Wahres entlocken !
Herbert Thielen 01.04.23 11:30
Seltsam.....
Aber von den vorgeschalteten Verhandlungsgesprächen habe ich überhaupt nichts mitbekommen. Denn hier wurde offensichtlich ein neuer Staat geboren. Die "URINE". Na denn, herzlich willkommen in der Staatengemeinschaft. Herrlich. Mein Tag ist gerettet...555. Aber warum hab' ich auf einmal Druck auf der Blase ??
michael von wob 01.04.23 09:50
@ Norbert
Normal bei 2 ‰ , anders wär´s unerklärlich 555
Norbert Schettler 01.04.23 09:20
Hammm
Ganz entzückend was Sie so schreiben, machen Sie doch bei Gelegenheit mal ein Update für Ihr Rechtschreibprogramm. Oder ist das gewollt mit dem Kauderwelsch?
Hammm 01.04.23 08:40
Wer kämpft da eigentlich? Auf bali und in thailand tummeln si h nicht nur russen, so dern auch junge herren aus der urine. Mehr als bor dem krieg. Bisher war jedes land ein pulverfass, wenn es dazu ksm den deckel runterzunehmen. Ex Jugoslawien zb. Kaum hatten die einzelnen änder autonomie, begann der zwisst. Ich gestehe, ich wäre froh, wenn ukraine wieder ins glied muss. Denn jeder der sich vom Osten abwendet, tut dies nur um auch an den eu futtertrog zu kommen. Wollen wir noch mehr hungerleider füttern? Urine hat 30% wirtschaftsleistung des ärmsten eu landes. Und das dreiste auftreten selensky lässt nichts gutes erahnen, was da auf uns zukommt. Am ende übernehmen die bettelstaaten das regime in dr eu. Uns unsere rolle ist der zahldepp.
Strauss 31.03.23 18:00
Richtig den Krieg zu beenden
wäre gut. Geht aber nicht. Europa will kein komm. Regime. Man hätte schon 2014 durchgreifen müssen.
Beim Lukaschenko fehlt nur wenig, dass er am liebsten sich dem Westen zuneigt. Also lieber dort auch am Ball bleiben, so kann dann der Speer einfach umgedreht werden.