Britische Royals und die Kolonialvergangenheit

Schweres Erbe  

Charles (M), Prinz von Wales, und seine Frau Camilla, Herzogin von Cornwall, nehmen an einer Begrüßungszeremonie bei ihrer Ankunft am Heroes Square im Rahmen ihrer Tour durch die Karibik teil. Foto: Jane Barlow
Charles (M), Prinz von Wales, und seine Frau Camilla, Herzogin von Cornwall, nehmen an einer Begrüßungszeremonie bei ihrer Ankunft am Heroes Square im Rahmen ihrer Tour durch die Karibik teil. Foto: Jane Barlow

KINGSTON: In vielen Teilen des früheren britischen Empires ist die Queen noch immer Staatsoberhaupt. Bei einer Karibik-Reise von Prinz William und Herzogin Kate wird deutlich, dass sich die Royals in Zukunft ihrer Verantwortung für Sklaverei und Ausbeutung stellen müssen.

Zig Kinderhände strecken sich durch einen Maschendrahtzaun am Rande eines Fußballfelds in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston. Ihnen gegenüber stehen, durch den Zaun von den Kindern getrennt, der britische Prinz William und seine Frau Herzogin Kate. Sie winken und grüßen freundlich, schütteln die eine oder andere Hand.

So herzlich die Begegnung gewesen sein mag, die Bilder davon verstärkten den Eindruck, dass die britischen Royals nur wenig Gespür dafür haben, wie sich das Selbstbewusstsein der Nachfahren von einstigen Sklaven in ihrem früheren Empire entwickelt hat. William (39) und Kate (40) wirkten zwar huldvoll, aber doch distanziert und erhaben über die Untertanen.

Das Paar reist seit vergangenem Samstag im Auftrag von Queen Elizabeth II. (95) anlässlich von deren 70. Thronjubiläum durch mehrere Karibikländer. Die achttägige Reise des wohl künftigen britischen Königs und seiner Frau, die an diesem Wochenende zu Ende geht, war eigentlich als Charmeoffensive gedacht. Nachdem sich die frühere Kolonie Barbados im vergangenen Jahr zur Republik erklärt hatte, geht im Buckingham-Palast die Angst um, das Herrschaftsgebiet der Queen könne immer kleiner werden.

«Wir unterstützen mit Stolz und Respekt Ihre Entscheidungen über Ihre Zukunft», betonte Prinz William auf einem Empfang am Freitag in Nassau, der Hauptstadt der Bahamas. «Beziehungen entwickeln sich. Freundschaft bleibt.» Dennoch: Obwohl die Royals an ihren Reisezielen Belize, Jamaika und Bahamas mit viel Wärme empfangen wurden, gab es auch Proteste und kritische Zwischentöne.

Gleich der erste Termin auf einer Kakaofarm in Belize musste wegen Protesten abgesagt werden. Hintergrund war ein Landkonflikt zwischen Anwohnern und einer Naturschutzorganisation, deren Schirmherr William ist. Später gab es immer wieder die gewohnten Bilder von den Royals lachend, scherzend und tanzend mit Menschen in bunten Gewändern. Doch das waren nicht die Bilder, die diese Reise prägten.

In Jamaika, auf dessen Zuckerplantagen früher aus Afrika verschleppte Menschen zu Hunderttausenden schuften mussten, versuchte sich William mit einer Annäherung an das Thema. Er stimme seinem Vater zu, der im vergangenen Jahr in Barbados die Sklaverei als «entsetzliche Grausamkeit, die unsere Geschichte für immer befleckt» bezeichnet habe, sagte der Zweite in der britischen Thronfolge bei einem Staatsbankett. Doch kein Wort der Entschuldigung.

«Die Königsfamilie sagt nicht Entschuldigung», kommentierte Philip Murphy, der das Institut für Commonwealth Studies an der University of London leitet, die Äußerung Williams im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Formulierungen seien mit großem Bedacht gewählt, um nicht Forderungen nach Entschädigungen Tür und Tor zu öffnen, so Murphy. Doch ob dieser zaghafte Ansatz ausreichen wird, um die ehemaligen Kolonien auch in Zukunft an die britische Krone zu binden, scheint zweifelhaft.

In den Augen von Murphy rächt sich nun, dass die Royals mit Williams jüngerem Bruder Harry (37) und dessen Frau Meghan (40) gebrochen haben. Die beiden hätten sowohl durch ihre weniger prominente Rolle im Königshaus als auch durch ihre höhere Glaubwürdigkeit eine wichtige Rolle dabei spielen können, die Royals mit ihren früheren Kolonien zu versöhnen, glaubt er.

Gleich 60 Gründe, warum sich die Krone bei Jamaika entschuldigen und Reparationen leisten solle, trugen Aktivisten der Gruppe Advocates Network bei einer Demonstration vor der britischen Botschaft in Kingston während des Royal-Besuchs vor.

«Wir sehen keinen Grund, den 70. Jahrestag der Besteigung des britischen Throns durch Ihre Großmutter zu feiern, denn unter ihrer Führung und der ihrer Vorgänger wurde die größte Menschenrechtstragödie in der Geschichte der Menschheit aufrechterhalten», hieß es in einem offenen Brief an William und Kate, der der Botschaft übergeben wurde.

«Die Monarchie profitiert weiterhin davon, was sie uns angetan hat. Unsere Juwelen sind noch immer in ihren Kronen», sagte Rosemarie Francis-Binder, ein in Deutschland lebendes Mitglied der Aktivistengruppe, der dpa. Für die Queen empfänden viele Jamaikaner zwar Zuneigung, da sie sie als Kinder bewundert hätten. Doch das wandle sich. «Wir haben der Krone so viel gegeben, aber sie haben sich nie für uns eingesetzt», sagte sie.

Zu den Kritikpunkten gehört auch, dass Großbritannien sich immer wieder damit rühmt, bereits 1834 die Sklaverei abgeschafft zu haben. Verschwiegen wird jedoch oft, dass damit eine massive Entschädigung für Sklavenhalter einherging, an deren Tilgung das Land noch bis 2015 zahlte. Für die ehemaligen Sklaven und ihre Nachfahren gab es bislang jedoch keinen müden Penny.

Eine Abkehr Jamaikas von der Monarchie fordert das Advocates Network nicht. Die könnte dennoch bevorstehen, wie Premierminister Andrew Holness am Mittwoch vor Journalisten andeutete. «Wir ziehen weiter», sagte er, während neben ihm Prinz William mit etwas betretenem Gesichtsausdruck stand und mit dem Kopf nickte. Holness hatte bereits im Dezember gesagt, Jamaika müsse eine Republik werden - wenige Tage, nachdem sich Barbados im Beisein von Thronfolger Prinz Charles und des barbadischen Popstars Rihanna feierlich von der britischen Krone losgesagt und zu einer Republik erklärt hatte.

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Klaus Roeper 27.03.22 17:40
What kind of world we
do we are leaving behind for ouer children ?
Diese Fragestellung habe Ich in Rio und Sao Paulo entworfen. Ich bin kein Grüner oder Greta T von Schweden. Wir kennen das symptom aber können die Ursache nicht beseitigen. Der Schaden ist da. Weltweit.
Klaus Roeper 27.03.22 17:10
Johan Kolonialvergangenheit.
Ich bin bei Dir !
Das war eine menschenverachtende Riesensauerei nicht nur von Engländern.
Genozid nennt man das heute. Wir Trockennasenaffen , biologische Klassifizierung, sind dermassen bescheuert , das ist einfach unglaublich. Wir sind zu dämlich aus der Vergangenheit zu lernen. Nun gut. Mach die Glotze an Putin TV der hats auch noch nicht kapiert. Dein Kommentar ist super ! Liebe Grüsse
Ingo Kerp 27.03.22 13:50
Das brit. Empire, in dem die Sonne niemals unterging, ist Vergngenheit. Jetzt geht so langsam aber sich das Commonwealth of Nations den Bach runter. Bald besteht dann GB nur noch aus dem Inselreich, abgekoppelt vom europ. Kontinent.