Afrikanische Schweinepest nachgewiesen

Erhöhte Wachsamkeit gefordert

Die belgischen Behörden haben die zu einer Schweinefarm führende Straße nahe Etalle gesperrt. Foto: epa/Julien Warnand
Die belgischen Behörden haben die zu einer Schweinefarm führende Straße nahe Etalle gesperrt. Foto: epa/Julien Warnand

BRÜSSEL/BERLIN (dpa) - Bislang wütete die Afrikanische Schweinepest in den östlichen EU-Staaten, nun ist sie 60 Kilometer vor Deutschlands aufgetaucht - bei Wildschweinen in Belgien. Die EU-Kommission pocht auf höchste Wachsamkeit. Die Bundesregierung sieht sich hingegen gut gewappnet.

Angesichts des ersten Falls der Afrikanischen Schweinepest in Westeuropa wächst in der EU die Sorge vor weitreichenden Folgen der Seuche. Etwa 60 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt, in der südbelgischen Region Wallonien, wurde das Virus bei zwei Wildschweinen festgestellt, wie belgische Behörden am Freitag bestätigten. Die EU-Kommission forderte die strikte Einhaltung von Vorsichtsmaßnahmen. Frankreich warnte vor gravierenden wirtschaftlichen Folgen. Die Bundesregierung sieht sich gerüstet. Am Wochenende soll ein EU-Spezialteam in das betroffene Gebiet kommen.

Die Afrikanische Schweinepest wurde demnach in der Gemeinde Étalle entdeckt, im Dreiländereck Belgien, Frankreich und Luxemburg. Sie ist eine schwere Virusinfektion, die ausschließlich Schweine - Wild- und Hausschweine - befällt und für sie meist tödlich ist. Der Erreger kann durch direkten Kontakt zwischen Tieren übertragen werden, aber auch durch Speisereste, die von Menschen aus infizierten Gebieten mitgebracht und dann weggeworfen wurden. Eine schützende Impfung gegen das Virus gibt es bisher nicht. Für den Menschen ist der Erreger ungefährlich, es drohen aber Folgen für Landwirte und Export.

Seit Jahresbeginn wurden nach Angaben des bundesweit zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) in Europa bereits mehr als 5.000 Fälle von Afrikanischer Schweinepest nachgewiesen. Betroffen waren bislang das Baltikum, Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Ukraine. Begonnen hatte der aktuelle Seuchenzug 2007 in Georgien am Schwarzen Meer - wahrscheinlich durch Speiseabfälle von einem aus Afrika gekommenen Schiff. Der Erreger gelangte unter anderem nach Russland. Von 2014 an gab es erste Nachweise im Baltikum und in Polen.

Die belgischen Behörden verhängten nun in einem 63.000 Hektar großen Gebiet ein Jagdverbot. Dieses ist wichtig, um infizierte Wildschweine nicht aus dem Gebiet zu verscheuchen.

Die EU-Kommission nahm die belgischen Behörden in die Pflicht. «Die Eindämmung der Krankheit wird stark von der richtigen Anwendung der EU-Regeln durch die belgischen Behörden abhängen», sagte eine Sprecherin. Dazu gehörten ein vollständiges Jagdverbot in den betroffenen Gebieten, eingeschränkter Zugang dorthin, sowie Suchtrupps, um verendete Tiere aufzuspüren und zu testen.

Die EU-Kommission leiste Unterstützung und stehe in engem Kontakt mit Belgien, hieß es weiter. Am Wochenende solle ein EU-Tierarztteam in die betroffene Gegend geschickt werden. EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis werde zudem am Montag Minister der südbelgischen Region Wallonien als auch aus dem nördlichen Flandern treffen.

Der erste Nachweis in Westeuropa weitab von den bisherigen Ausbruchsherden lasse vermuten, dass der Erreger durch den Menschen eingeschleppt wurde, sagte eine FLI-Sprecherin. Das kann beispielsweise durch ein weggeworfenes Wurstbrot passieren, das Wildschweine fressen. Bisher gibt es noch keinen Fall in Deutschland, doch mit der Zunahme der Infektionen in Europa wächst das Risiko.

Ein Experte appellierte an die Bürger, verendete Wildschweine sofort zu melden. «Das Tier nicht anfassen und unbedingt liegenlassen, weil jeder Transport den Erreger noch weiter verbreitet», sagte Albert Hortmann-Scholten von der niedersächsischen Landwirtschaftskammer. Wer ein totes Wildschwein gefunden habe, solle ein Handy-Foto zur Dokumentation machen und den genauen Fundort unverzüglich dem nächsten Kreisveterinäramt mitteilen.

«Die Schweinehalter in Deutschland sind alarmiert und äußerst besorgt», sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied. Es müsse jetzt noch mehr auf konsequente Hygienemaßnahmen in den Betrieben geachtet werden. Schon beim ersten Nachweis in Deutschland droht der Export von Schweinefleisch nach früheren Angaben des Bauernverbands in Länder außerhalb der EU wie etwa nach China zum Erliegen zu kommen.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte, sie nehme die Situation ernst - «aber wir sind gut vorbereitet». Ihr Ministerium stehe in ständigem Austausch mit den belgischen Behörden und der EU-Kommission. Das Ministerium wies erneut auf die strikte Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen in der Schweinehaltung hin.

Die Fälle wurden nur etwa zehn Kilometer von der französischen Grenze festgestellt. Das Pariser Landwirtschaftsministerium bezeichnete die Seuche als eine «schwere Bedrohung für die französischen Schweinezuchtbetriebe». Das Ministerium empfing am Freitag Vertreter der Schweinezuchtbranche, um über die künftige Strategie zu beraten. Nach Angaben der Behörde Eurostat ist Frankreich der drittgrößte Schweinefleischproduzent der EU nach Deutschland und Spanien.

Der Deutsche Jagdverband (DJV) forderte die Sicherheitsmaßnahmen insbesondere an Parkplätzen, Bahnhöfen oder Grenzübergängen entlang von Transitstrecken dringend zu verbessern. Dazu gehörten verschlossene Abfallbehälter ebenso wie Zäune. «Ein achtlos entsorgter Rest infizierter Rohwurst reicht aus, um Schweine anzustecken», sagte DJV-Vizepräsident Wolfgang Bethe. Über infizierte Schweine selbst breitet sich das Virus laut DJV nur sehr langsam aus, weil sie so schnell daran sterben.

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