Schweden wirft WHO Fehldeutung von Daten vor

Ein Informationsschild fordert die Menschen auf, wegen der Covid-19-Coronavirus-Pandemie sozialen Abstand zu halten, wo sich die Menschen an einem Badesteg in Malmö sonnen und schwimmen. Archivfoto: epa/PATRICK B. KRAEMERJohan Nilsson/TT
Ein Informationsschild fordert die Menschen auf, wegen der Covid-19-Coronavirus-Pandemie sozialen Abstand zu halten, wo sich die Menschen an einem Badesteg in Malmö sonnen und schwimmen. Archivfoto: epa/PATRICK B. KRAEMERJohan Nilsson/TT

STOCKHOLM: Er ist das Gesicht des schwedischen Corona-Sonderwegs - und mit der Bewertung der Situation in seinem Land durch die Weltgesundheitsorganisation WHO nicht einverstanden: Staatsepidemiologe Anders Tegnell hat mit Unverständnis auf die Einordnung Schwedens als besonderes Risikoland durch die WHO reagiert. «Das ist leider eine totale Fehldeutung der Daten», sagte Tegnell am Freitag im Morgenstudio des schwedischen Senders SVT.

Schweden habe steigende Fallzahlen, die allerdings darauf beruhten, dass das Land deutlich mehr Tests durchführe als vorher, sagte Tegnell. «Es ist unglücklich, Schweden mit Ländern zu vermischen, die zuvor überhaupt keine Probleme hatten und offenbar erst am Anfang ihrer Epidemie stehen.» Die WHO hätte sich vermutlich einfach in Stockholm melden sollen, dann hätte man ihr ein detaillierteres Bild der schwedischen Situation geben können, sagte Tegnell.

Die WHO Europa lenkte später ein. Auf Twitter wies sie am Abend darauf hin, dass es in Schweden mehrere positive Trends gebe. Die Zahl schwerwiegender Corona-Fälle gehe ebenso zurück wie diejenige der Todesfälle. Während wegen zunehmender Tests die Fallzahlen angestiegen seien, sei der Anteil positiver Tests stabil geblieben. Dies rechtfertige die Bemühungen der schwedischen Behörden.

Der Leiter des WHO-Regionalbüros Europa, Hans Kluge, hatte am Donnerstag von erneut steigenden Corona-Zahlen in Europa gesprochen. 30 Länder in der europäischen Region hätten im Laufe der vergangenen beiden Wochen wieder steigende Fallzahlen vermeldet, sagte der WHO-Regionaldirektor auf seiner wöchentlichen Online-Pressekonferenz in Kopenhagen. In elf Ländern habe eine beschleunigte Übertragungsrate zu einem sehr deutlichen Wiederaufleben des Coronavirus geführt - darunter neben Schweden Länder wie Armenien, Aserbaidschan, Albanien und die Ukraine. In diesen Ländern drohten starke Belastungen für das Gesundheitswesen, wenn nicht entschieden gegen die Ausbreitung vorgegangen werde, so Kluge.

In Schweden hat die Corona-Krise ähnlich früh wie zum Beispiel in Deutschland eingesetzt. Das skandinavische EU-Land hat darauf mit deutlich lockereren Maßnahmen reagiert als die meisten anderen Staaten. Bis heute sind die schwedischen Infektions- und Todesfallzahlen um ein Vielfaches höher als im Rest Skandinaviens.

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