Tote und viele Verletzte in der Tatra

Foto: epa/Grzegorz Momot
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ZAKOPANE/MÜNCHEN (dpa) - Doppeltes Unglück in Polen: Als das Wetter im Tatra-Gebirge umschlägt, werden Wanderer und Pilger vom Blitz getroffen. Einen in der Region vermissten Höhlenforscher finden die Retter - er ist tot.

Ein beliebter Wallfahrtsort im katholischen Polen als Ort einer Tragödie: Vier Menschen wurden getötet und mehr als 150 verletzt, als Blitze auf dem Tatra-Gipfel Giewont in ein massives Eisenkreuz und in Kletterketten aus Metall einschlugen - unter den Toten sind auch zwei Kinder.

Das ist die Bilanz eines heftigen Unwetters vom Donnerstag, wie die Rettungskräfte am Freitag laut Agentur PAP mitteilten. Einen weiteren Toten gab es auf der slowakischen Seite des Gebirges. Die Tatra ist ein Hochgebirge im Grenzgebiet zwischen Polen und der Slowakei - ein Ausläufer der Karpaten.

Die Helfer der Bergrettung waren zeitgleich mit der Suche nach zwei seit Tagen vermissten Höhlenforschern beschäftigt. Einer von ihnen konnte in der Nacht zu Freitag in der Höhle Wielka Sniezna nur noch tot gefunden werden. Auch sein Kollege sei mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr am Leben, teilte ein Sprecher der Bergrettung mit.

Zeitungen in Polen sprachen angesichts der Unglücke von einem «schwarzen Tag für die Tatra». Viele der verletzten Wanderer auf dem Giewont-Massiv erlitten schwere Verbrennungen. Drei Kinder wurden schwer verletzt auf der Intensivstation einer Krakauer Klinik behandelt.

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki eilte am Donnerstagabend in den Gebirgsort Zakopane, um den Einsatzkräften für ihre Arbeit zu danken und den Angehörigen der Opfer sein Beileid auszusprechen. «Die Aktion geht weiter, denn wir wissen nicht, ob nicht noch irgendwo jemand in den Bergen geblieben ist», erklärte der Politiker der PiS-Partei. Zwei Wanderer galten nach Angaben der Polizei am Freitagnachmittag noch als vermisst.

Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung zum Unglück auf dem Gipfel und dem Verhalten der Bergtouristen ein. Geprüft wird unter anderem, ob es in der Menge zu Panikreaktionen kam. «Viele Touristen sind weiter aufgestiegen, als es schon geblitzt hat», berichtete ein Augenzeuge im Sender TVN24. «Ich habe Steine fliegen sehen, ich dachte, es ist eine Lawine», sagte ein anderer. Der Ferienort Zakopane rief Trauer aus und sagte alle Kultur- und Sportveranstaltungen für drei Tage ab.

Ein vergleichbares Unglück gab es Medienberichten zufolge am 15. August 1939, als sechs Menschen auf der Seealmspitze (Swinica) der Hohen Tatra durch Blitzschlag getötet wurden.

Nach Angaben des Deutschen Alpenvereins (DAV) gehört es in den bayerischen Alpen zwar zum Standard, dass an den Gipfelkreuzen ein Blitzableiter installiert ist. «Trotzdem sollte man sich bei Gewittern auf keinen Fall auf der Bergspitze aufhalten», warnte eine Sprecherin in München. Bei plötzlichen Wetterumschwüngen sei es besser, direkt abzusteigen und flache Hochebenen zu meiden.

An vielen Bergsteigen sind auch die Fußtritte und Kletterketten aus Metall. Hier gelte es, bei einem Gewitter genau abzuwägen. «Klinkt man sich aus dem Karabiner aus, ist die Gefahr, abzustürzen, natürlich deutlich größer», erläuterte die Sprecherin.

Unterdessen dürfte sich die Bergung des Leichnams des toten Forschers aus dem polnischen Höhlensystem Wielka Sniezna schwierig gestalten. Die Sicherheit der rund 50 Beteiligten stehe an erster Stelle, sagte ein Sprecher der Einsatzkräfte. Bei der Rettungsaktion wurde unter anderem Sprengstoff eingesetzt, um Hindernisse zu beseitigen und Gänge passierbar zu machen.

Die Gänge des Höhlensystems, das seit 1959 erforscht wird, sind insgesamt mehr als 23 Kilometer lang und erreichen eine Tiefe von mehr als 800 Metern. Die beiden Höhlenforscher waren als Teil einer größeren Expedition unterwegs. Durch einen Wassereinbruch wurde ihnen der Weg abgeschnitten.

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