Schreckensort Amsterdam: Neuer gefordert

Ungeduldiger ter Stegen

Foto: epa/David Hecker
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WOLFSBURG (dpa) - Ein verdientes Bayern-Trio hat der Bundestrainer der Verjüngung geopfert. An seiner Nummer 1 mag Joachim Löw (noch) nicht rütteln. Doch das Torwartduell Neuer kontra ter Stegen wird schärfer. Zum EM-Quali-Start geht es auch um ein besonderes Schreckgespenst.

Wiedersehen macht Freude? Im Fall von Manuel Neuer ist diese Aussage vor der Rückkehr des Nationaltorhüters nach Amsterdam gewagt. Die Johan Cruyff Arena ist für den DFB-Kapitän vor dem Start in die EM-Qualifikation gegen die wiedererstarkten Niederländer ein Schreckensort. Und noch dazu erwartet Neuer dort ein persönliches Schreckgespenst namens Virgil van Dijk.

Keine Frage: Neuer steht am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) im Fokus, vor allem, weil er seinen Status als Nummer 1 bei Joachim Löw gegen den zunehmend ungeduldiger werdenden und fordernden Marc-André ter Stegen behaupten muss. Der Kronprinz rüttelt an Neuers Thron. Der Torwart des FC Bayern bräuchte mal wieder ein herausragendes Länderspiel.

«Manuel Neuer ist aktuell unsere Nummer 1. Er ist unser Kapitän», bekräftigte der Bundestrainer vor dem Start ins Länderspieljahr. Löw hat zwar mit der Ausmusterung der Ex-Weltmeister Jérôme Boateng (30), Mats Hummels (30) und Thomas Müller (29) den Umbruch forciert. Auf der Torhüterposition aber wich er vor diesem Schritt zurück.

Beim 1:1 im Test gegen Serbien wählte Löw die 50:50-Lösung. Neuer begann und war beim Gegentor chancenlos. Herausforderer ter Stegen kam zur Pause, kassierte kein Tor, konnte aber auch nicht mit Paraden für sich werben. Hängen blieb am Ende nur, dass sich die Rivalen des Tores beim Arbeitswechsel auf dem Platz keines Blickes würdigten. Es gab kein aufmunterndes Abklatschen zwischen Neuer und ter Stegen.

Neuer wird am kommenden Mittwoch 33, ter Stegen Ende April 27. Dem Schlussmann des FC Barcelona, dem Löw «mittlerweile Welklasseniveau» bescheinigt, läuft langsam die Zeit davon. Geht Neuer - wie von Löw vorgesehen - bei der EM 2020 noch einmal als erster Torwart ins Turnier, müsste ter Stegen bis zur WM 2022 in Katar warten.

Mit dann 30 Jahren dürfte er endlich sein erstes großes Turnier spielen. Das frustriert ter Stegen, trotz seines «Respekts davor, was Manu für Deutschland bislang getan hat». Er wolle «den Umbruch auch auf der Torwartposition vollziehen. Ich möchte Druck machen», sagte der gebürtige Gladbacher jüngst. Es war eine klare Kampfansage.

Nach dem Serbien-Spiel drängte ter Stegen erneut. «Ich hoffe, dass ich in wichtigen Spielen das Vertrauen von ihm bekomme», sagte er in Richtung Löw. Der Bundestrainer vertröstete ter Stegen jedoch in Wolfsburg. «Marc wird im Laufe des Jahres in einigen Spielen auf seine Einsätze kommen.» In Amsterdam darf wieder Neuer ran. «Davon kann man ausgehen», sagte Löw, der den «Konkurrenzkampf» aber auch im Tor haben möchte: «Manuel Neuer muss seine Leistung zeigen.»

Gerade jetzt im Topspiel der Quali gegen die mit einem 4:0 gegen Weißrussland furios gestarteten Holländer. Neuer wird als Rückhalt gebraucht, gerade auch nach den jüngeren Negativerlebnissen: Beim 0:3 in der Nations League im Oktober erlebte er in der Amsterdam-Arena einen bitteren Abend. Beim ersten Gegentor von Hollands Abwehrchef van Dijk sah er schlecht aus. Neuer beklagte danach, gerade «kein Spielglück» zu haben.

Beim 2:2 im Rückspiel in Gelsenkirchen war es wieder van Dijk, der ihn in der Nachspielzeit mit dem Ausgleichstor ärgerte. Im Dezember kassierte Neuer dann in Amsterdam in der Champions League beim 3:3 mit dem FC Bayern gegen Ajax wieder drei Stück. Und vor knapp zwei Wochen, beim Münchner Champions-League-K.o. gegen den FC Liverpool, traf auch van Dijk wieder mit dem Kopf. Zudem machte Neuer beim ersten Gegentor von Sadio Mané eine höchst unglückliche Figur.

Anders ter Stegen: Der wird in Spanien ständig gefeiert. Mit dem FC Barcelona ist er auf dem Weg zur Meisterschaft und steht auch im Viertelfinale der Champions League. Neuer dagegen erreicht nach der langwierigen Fußverletzung die frühere Extraklasse nicht mehr.

Der weltweit bewunderte Weltmeister von 2014 schüchtert die Gegner nicht mehr ein. Er wirkt vielmehr selbst verwundbar und antastbar. Sein Vereinstrainer Niko Kovac bezeichnete ihn noch just vor dem Liverpool-Spiel als «Lebensversicherung» des FC Bayern. Neuer muss zeigen, dass diese langjährige Police weiter ihren Wert besitzt.

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