Schottische Nationalpartei hofft weiter auf Mehrheit

Der Erste Minister von Schottland und Vorsitzender der Scottish National Party (SNP). Foto: epa/Robert Perry
Der Erste Minister von Schottland und Vorsitzender der Scottish National Party (SNP). Foto: epa/Robert Perry

LONDON: Auch zwei Tage nach dem Urnengang bleibt die Wahl in Schottland eine Zitterpartie. Die Schottische Nationalpartei konnte bei der Auszählung einige wichtige Mandate für sich verbuchen - doch eine absolute Mehrheit ist nur noch schwer erreichbar.

Die Schottische Nationalpartei SNP hofft zwei Tage nach der Regionalwahl in Schottland in einem engen Rennen weiterhin auf einen möglichst eindeutigen Wahlsieg. Am Samstag wird sich nach Ende der Auszählung aller Wahlbezirke entscheiden, ob die Pro-Unabhängigkeitspartei von Regierungschefin Nicola Sturgeon eine absolute Mehrheit erzielen kann. «Es gibt noch immer einen Pfad zur absoluten Mehrheit», sagte der Wahlexperte John Curtice von der Universität von Strathclyde am späten Freitagabend dem Sender BBC. «Doch es ist ein sehr, sehr schmaler.»

Bisher konnte die SNP 36 ihrer bisherigen Sitze im schottischen Regionalparlament verteidigen und drei weitere hinzugewinnen - zwei von der Konservativen Partei des britischen Premiers Boris Johnson und einen von der Labour-Partei. Einige Mandate, die für eine absolute Mehrheit nötig wären, verfehlte die SNP jedoch. Ihre Partei scheine «auf Kurs, das Privileg zu haben, wieder eine Regierung zu formen», sagte Sturgeon am Freitag in Glasgow. Die 50-Jährige will ein neues Unabhängigkeitsreferendum ausrufen und Schottland aus dem Vereinigten Königreich und zurück in die EU führen.

Sollte eine absolute Mehrheit der SNP an ein oder zwei Sitzen scheitern, gilt es als wahrscheinlich, dass die Partei eine Koalition mit den Grünen bildet - auch sie sprechen sich für ein unabhängiges Schottland aus. Die Regierungschefin hofft jedoch auf einen möglichst klaren Wahlsieg, um mehr Druck auf London ausüben zu können - Premier Johnson müsste einem Referendum nämlich zustimmen. Mit endgültigen Ergebnissen wurde erst am Samstag gerechnet, die Wahlbeteiligung lag der BBC zufolge mit rund 64 Prozent deutlich höher als zuletzt.

Der britische «Super-Wahltag», bei dem am Donnerstag nicht nur in Schottland und Wales neue Regionalparlamente gewählt wurden, sondern auch zahlreiche Bürgermeister und ein neu zu vergebendes Mandat im Unterhaus, verlangte Beteiligten wie Beobachtern viel Geduld ab: Wegen der Corona-Pandemie wurden keine Nachwahlbefragungen durchgeführt und der Auszählungsprozess umstrukturiert, so dass einige Ergebnisse erst mehrere Tage nach der Wahl erwartet wurden.

In Wales zeichnete sich am Freitagabend ein deutlicher Wahlsieg der Labour-Partei von Regierungschef Mark Drakeford ab - anders als zunächst erwartet dürfte das finale Ergebnis jedoch auch bei dieser Wahl erst im Laufe des Samstags feststehen.

Anderswo musste die Labour-Partei herbe Verluste hinnehmen: Besonders schmerzhaft war die Niederlage der Sozialdemokraten in der Nordsee-Stadt Hartlepool, die seit Jahrzehnten als traditionelle Labour-Hochburg galt. Erstmals jagte nun Johnsons Konservative Partei Labour bei einer Nachwahl das Unterhausmandat in der nordostenglischen Stadt ab. Auch bei den Kommunalwahlen in weiten Teilen Englands zeigte sich in Gegenden, die mehrheitlich für den Brexit gestimmt hatten, eine Wählerbewegung zu den Konservativen hin. Damit wurde ein Trend bestätigt, der bereits bei der Parlamentswahl vor zwei Jahren eingesetzt hatte und Johnson einen großen Sieg beschert hatte.

Der zutiefst enttäuschte Parteichef Keir Starmer übernahm am Freitag die Verantwortung für die Niederlagen und kündigte an, seine Partei grundlegend verändern zu wollen. Starmer hatte versucht, das Thema Brexit zu meiden und so die Partei für die traditionelle Anhängerschaft in Nordengland wieder wählbar zu machen. Doch diese Strategie gilt nun als gescheitert.

Immerhin auf einen weiteren wichtigen Sieg kann Labour noch hoffen: Bei der Bürgermeisterwahl in London wird mit einem Sieg von Amtsinhaber Sadiq Khan gerechnet. Doch die Auszählung dieser Stimmen dürfte sich voraussichtlich noch bis Sonntag hinziehen.

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