Aus für die Ampel: Scholz bricht mit Lindner

​Erklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz im Wortlaut

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD,M) Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen , r) und Christian Lindner (FDP). Bundeskanzlerkanzler Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner. Das teilte Regierungssprecher Steffen He... Foto: Michael Kappeler/dpa
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD,M) Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen , r) und Christian Lindner (FDP). Bundeskanzlerkanzler Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner. Das teilte Regierungssprecher Steffen He... Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN: Der «Herbst der Entscheidungen» bringt den Bruch der Koalition. Der Kanzler wirft den Finanzminister raus - dann zieht die FDP alle Minister zurück. Im März könnte es Neuwahlen geben.

Die Ampel-Koalition ist am Ende. Nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik kündigte Kanzler Olaf Scholz (SPD) an, Finanzminister Christian Lindner (FDP) aus dem Kabinett zu schmeißen. Die FDP zog daraufhin alle ihre Minister aus dem Dreier-Regierungsbündnis ab - und beendet somit effektiv die Ampel-Koalition.

Die Wählerinnen und Wähler können sich nun voraussichtlich im März auf vorgezogene Neuwahlen einstellen. Der Bruch der Koalition kommt kurz nach dem Sieg des republikanischen Kandidaten Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen.

Scholz will Vertrauensfrage stellen

Der Bundestag solle am 15. Januar über eine Vertrauensfrage abstimmen, sagte Scholz in Berlin. Erwartet wird, dass er diese verliert. In diesem Fall kann der Kanzler den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen. Scholz sagte, der Bundestag könne den Weg für vorgezogene Neuwahlen freimachen. Diese könnten spätestens Ende März stattfinden.

Abrechnung mit Lindner

Scholz machte Lindner schwere Vorwürfe. Dem FDP-Politiker gehe es um die eigene Klientel und um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei. Die Unternehmen im Land bräuchten Unterstützung, sagte er mit Blick auf die schwache Konjunktur und hohe Energiepreise. Er verwies zudem auf die internationale Lage mit den Kriegen in Nahost und der Ukraine. «Wer sich in einer solchen Lage, einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden.»

Scholz warf Lindner vor, in der gemeinsamen Regierungszeit Kompromisse durch öffentlich inszenierten Streit übertönt und Gesetze sachfremd blockiert zu haben. «Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.» Es gebe keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. «So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich.» In einer SPD-Fraktionssitzung gab es lauten Applaus für Scholz.

Lindner schlägt zurück

Der entlassene FDP-Chef griff Scholz an. Der SPD-Politiker habe den Bruch der Ampel-Koalition gezielt herbeigeführt. «Sein genau vorbereitetes Statement vom heutigen Abend belegt, dass es Olaf Scholz längst nicht mehr um eine für alle tragfähige Einigung ging, sondern um einen kalkulierten Bruch dieser Koalition», sagte Lindner. Damit führe Scholz Deutschland in eine Phase der Unsicherheit.

Lindner warf SPD und Grünen vor, seine Vorschläge für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nicht einmal als Beratungsgrundlage akzeptiert zu haben. Scholz habe die wirtschaftlichen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger lange verharmlost. «Seine Gegenvorschläge sind matt, unambitioniert und leisten keinen Beitrag, um die grundlegende Wachstumsschwäche unseres Landes zu überwinden, damit wir unseren Wohlstand, unsere soziale Sicherung und unsere ökologische Verantwortung erhalten können.»

Scholz habe ultimativ von ihm verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen, sagte Lindner. «Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte. Deshalb hat der Bundeskanzler in der Sitzung des Koalitionsausschusses am heutigen Abend die Zusammenarbeit mit mir und der FDP aufgekündigt.» Fraktionschef Christian Dürr kündigte an, alle FDP-Minister wollten ihren Rücktritt geschlossen beim Bundespräsidenten einreichen. Neben Lindner sind das Verkehrsminister Volker Wissing, Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger.

Habeck: Ampel-Aus unnötig

Habeck bedauerte den Bruch der Koalition. Man habe sich häufig gestritten. «Dennoch will ich für uns sagen, dass sich das heute Abend falsch und nicht richtig anfühlt, geradezu tragisch an einem Tag wie diesem, wo Deutschland in Europa Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit zeigen muss», betonte er.

Obwohl Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch lagen, habe man die Haushaltslücke nicht schließen können. «Die FDP war nicht bereit, diese Wege zu gehen.» Lindners Entlassung sei letztlich so folgerichtig wie unnötig gewesen. Bis zu möglichen Neuwahlen im Frühjahr sei die Regierung im Amt und «fest entschlossen, die Pflichten des Amtes vollumfänglich zu erfüllen», sagte Habeck. «Ab morgen geht die Arbeit weiter.»

Ringen um Lösungen scheitert

In mehreren Runden hatte Scholz in den vergangenen Tagen mit Lindner und Habeck nach Auswegen aus der Krise gesucht. Lindner hatte in einem Papier vor dem Hintergrund der Konjunkturflaute eine zum Teil völlige Neuausrichtung der Ampel-Politik gefordert. In dem Papier wird etwa als Sofortmaßnahme die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener gefordert, ein sofortiger Stopp aller neuen Regulierungen sowie ein Kurswechsel in der Klimapolitik. Dagegen gab es großen Widerstand bei SPD und Grünen. Weiter ging es darum, wie ein Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft werden kann.

Lindner hat schon vor einiger Zeit den «Herbst der Entscheidungen» für die Koalition ausgerufen, die seit Ende 2021 amtiert. Er meinte damit vor allem den Haushalt für das nächste Jahr, der eigentlich am 29. November im Bundestag verabschiedet werden sollte. Daneben ging es ihm um eine Strategie, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise geführt werden soll.

Scholz will auf Merz zugehen

Scholz will nun Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) anbieten, rasch gemeinsam nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. «Ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen», sagte der Kanzler. Er wolle Merz anbieten, in zwei oder gerne auch noch mehr Fragen, «die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: Bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung», sagte der Kanzler.

Die Wirtschaft könne nicht warten, bis Neuwahlen stattgefunden haben, ergänzte Scholz und fügte hinzu: «Und wir brauchen jetzt Klarheit, wie wir unsere Sicherheit und Verteidigung in den kommenden Jahren solide finanzieren, ohne dafür den Zusammenhalt im Land aufs Spiel zu setzen.» Auch mit dem Blick auf die Wahlen in Amerika sei das «vielleicht dringender denn je».

Erklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz im Wortlaut

Nach quälenden Streitereien entlässt der Kanzler den Finanzminister - und macht Lindner schwere Vorwürfe.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Finanzminister Christian Lindner entlassen und zugleich angekündigt, am 15. Januar im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Die Erklärung im Wortlaut:

«Meine Damen und Herren! Ich habe den Bundespräsidenten soeben um die Entlassung des Bundesministers der Finanzen gebeten. Ich sehe mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von unserem Land abzuwenden. Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die die Kraft hat, die nötigen Entscheidungen für unser Land zu treffen.

Darum ging es mir in den vergangenen drei Jahren. Darum geht es mir jetzt. Ich habe dem Koalitionspartner von der FDP heute Mittag noch einmal ein umfassendes Angebot vorgelegt, mit dem wir die Lücke im Bundeshaushalt schließen können, ohne unser Land ins Chaos zu stürzen. Ein Angebot zur Stärkung Deutschlands in schwieriger Zeit. Ein Angebot, das auch Vorschläge der FDP aufgreift, das aber zugleich deutlich macht angesichts der Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, brauchen wir größeren finanziellen Spielraum.

Mein Angebot umfasste vier Kernpunkte. Erstens: Wir sorgen für bezahlbare Energiekosten und deckeln die Netzentgelte für unsere Unternehmen. Das stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Zweitens: Wir schnüren ein Paket, das Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und bei den vielen Zuliefererbetrieben sichert.

Drittens: Wir führen eine Investitionsprämie ein und verbessern noch einmal die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten, damit Unternehmen jetzt in den Standort Deutschland investieren.

Und viertens: Wir erhöhen unsere Unterstützung für die Ukraine, die einem schweren Winter entgegengeht. Nach der Wahl in den USA sendet das ein ganz wichtiges Signal: Auf uns ist Verlass. Ich muss jedoch abermals feststellen: Der Bundesfinanzminister zeigt keinerlei Bereitschaft, dieses Angebot zum Wohle unseres Landes in der Bundesregierung umzusetzen. Ein solches Verhalten will ich unserem Land nicht länger zumuten.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich hätte Ihnen diese schwierige Entscheidung gern erspart. Erst recht in Zeiten wie diesen, in denen die Unsicherheit wächst. In den USA hat Donald Trump die Präsidentschaftswahl klar gewonnen. Dazu habe ich ihm bereits heute gratuliert. Als deutscher Bundeskanzler ist es für mich selbstverständlich, dass ich mit dem künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten gut zusammenarbeiten werde. Gerade in unsicheren Zeiten kommt es auf ein enges transatlantisches Verhältnis an.

Klar ist, Deutschland wird seiner Verantwortung gerecht werden müssen. Und wir müssen in Europa mehr denn je zusammenhalten und gemeinsam weiterhin in unsere eigene Sicherheit und Stärke investieren. Denn die Lage ist ernst. Es herrscht Krieg in Europa. Im Nahen Osten erhöhen sich die Spannungen. Gleichzeitig tritt unsere Wirtschaft auf der Stelle.

Der schwache Welthandel macht den Unternehmen zu schaffen. Die Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs, die Kosten für die Modernisierung unserer Wirtschaft, all das müssen Sie stemmen. Meine Gespräche mit der Wirtschaft zeigen: Unsere Unternehmen brauchen Unterstützung, und zwar jetzt. Wer sich in einer solchen Lage einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden.

Immer wieder habe ich in den vergangenen drei Jahren Vorschläge gemacht, wie eine Koalition aus drei unterschiedlichen Parteien zu guten Kompromissen kommen kann. Das war oft schwer, das ging mitunter hart an die Grenze auch meiner politischen Überzeugung. Aber es ist meine Pflicht als Bundeskanzler, auf pragmatische Lösungen zum Wohle des ganzen Landes zu drängen. Zu oft wurden die nötigen Kompromisse übertönt durch öffentlich inszenierten Streit und laute ideologische Forderungen. Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen. Sogar die Einigung auf den Haushalt hat er einseitig wieder aufgekündigt, nachdem wir uns in langen Verhandlungen bereits darauf verständigt hatten. Es gibt keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich.

Wer in eine Regierung eintritt, der muss seriös und verantwortungsvoll handeln. Der darf sich nicht in die Büsche schlagen, wenn es schwierig wird. Der muss zu Kompromissen im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger bereit sein. Darum aber geht es Christian Lindner gerade nicht. Ihm geht es um die eigene Klientel. Ihm geht es um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei. Gerade heute, einen Tag nach einem so wichtigen Ereignis wie den Wahlen in Amerika ist solcher Egoismus vollkommen unverständlich. Streit auf offener Bühne hat viel zu lange den Blick für das verstellt, was diese Regierung gemeinsam vorangebracht hat.

Beim Thema irreguläre Migration kommen wir voran. Gegenüber dem Vorjahr konnten wir sie zuletzt um mehr als 50 Prozent verringern. Im Einsatz für sichere Energie und Klimaschutz machen wir große Fortschritte. Erstmals sind wir auf Kurs, unsere Ausbauziele für Windkraft und Solarenergie wirklich zu erreichen. Die Inflation ist auf 2 Prozent gesunken, die Reallöhne und die Renten steigen wieder. Wir haben Deutschlands Energieversorgung gesichert und die Energiepreise stabilisiert. Noch vor einigen Jahren musste fast jeder Vierte im Niedriglohnsektor arbeiten. Heute ist es nur noch jeder Siebte.

All das sind gute Nachrichten. All das hat die Regierung aus SPD, Grünen und auch FDP zusammen erreicht. Als Bundeskanzler habe ich einen Amtseid geschworen. Dieser Eid hat für mich große Bedeutung. Ich halte stets das Wohl unseres ganzen Landes im Blick. Meine feste Überzeugung lautet: Niemals, niemals dürfen wir innere, äußere und soziale Sicherheit gegeneinander ausspielen. Das gefährdet unseren Zusammenhalt. Das gefährdet am Ende sogar unsere Demokratie.

Warum sage ich das? Bundesminister Lindner hat ultimativ und öffentlich eine grundlegend andere Politik gefordert. Milliardenschwere Steuersenkungen für wenige Spitzenverdiener und zugleich Rentenkürzung für alle Rentnerinnen und Rentner. Das ist nicht anständig, das ist nicht gerecht. Steuergeschenke mit der Gießkanne und zur Gegenfinanzierung ein Griff in die Tasche unserer Städte und Gemeinden. Ein Ausstieg aus Investitionen in die klimafreundliche Modernisierung unseres Landes: Auch das will Christian Lindner. Das schürt Unsicherheit in unserer Wirtschaft. Und es verspielt unsere Chance, bei den Technologien der Zukunft vorne dabei zu sein. Die USA, China und andere schlafen nicht.

Verklausuliert spricht Christian Lindner von der Hebung von Effizienzreserven in unseren Sozialversicherungssystemen. Dahinter aber verbergen sich harte Einschnitte bei Gesundheit und Pflege und weniger Sicherheit, wenn jemand in Not gerät. Das ist respektlos gegenüber allen, die sich diese Sicherheiten hart erarbeitet haben, gegenüber allen, die Steuern und Sozialabgaben zahlen.

Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit. Und die Wirklichkeit für Deutschland ist: Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Sicherheitslage auf Jahre hinaus tiefgreifend verändert. Wir müssen erheblich mehr in unsere Verteidigung und in die Bundeswehr investieren. Übrigens gerade jetzt, nach dem Wahlausgang in den USA. 1,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer haben bei uns vor dem russischen Bombenterror Schutz gefunden. Das bleibt richtig. Mit bald 30 Milliarden Euro unterstützen wir die Ukraine in ihrem Abwehrkampf. Auch das tun wir deshalb, weil es unseren eigenen Sicherheitsinteressen dient.

Ein russischer Sieg käme uns vielfach teurer zu stehen. Die Unterstützung der Ukraine ist und bleibt wichtig. Und ich sage auch ganz klar: Ich bin nicht bereit, unsere Unterstützung für die Ukraine und Investitionen in unsere Verteidigung zulasten des sozialen Zusammenhalts zu finanzieren, zulasten von Rente, Gesundheit oder Pflege. Beides muss sein. Sicherheit und Zusammenhalt.

Deshalb werde ich die Bürgerinnen und Bürger auch nicht vor die Wahl stellen: Entweder wir investieren genug in unsere Sicherheit oder wir investieren in gute Arbeitsplätze, in eine moderne Wirtschaft und eine funktionierende Infrastruktur. Dieses Entweder-Oder ist Gift. Entweder Sicherheit oder Zusammenhalt. Entweder die Ukraine unterstützen oder in Deutschlands Zukunft investieren: Diesen Gegensatz aufzumachen ist falsch und gefährlich. Das ist Wasser auf die Mühlen der Feinde unserer Demokratie. Vor allem aber ist dieses Entweder-Oder auch vollkommen unnötig. Denn Deutschland ist ein starkes Land. Unter allen großen wirtschaftsstarken Demokratien haben wir mit weitem Abstand die geringste Verschuldung.

Es gibt Lösungen, wie wir unser Gemeinwesen und seine Aufgaben solide finanzieren können. Es gibt Lösungen für einen Haushalt, der innere, äußere und soziale Sicherheit gleichzeitig stärkt. Eine solche Lösung habe ich vorgeschlagen. Das Grundgesetz sieht in Artikel 115 ausdrücklich vor, in einer außergewöhnlichen Notsituation ein Überschreitensbeschluss zu fassen, so wie das die Koalition Ende vergangenen Jahres übrigens genau für diesen Fall vereinbart hatte. Der russische Angriffskrieg, der nun schon im dritten Jahr tobt, sowie alle seine Folgen sind eine solche Notsituation.

Wenn eine Notsituation vorliegt, dann aber hat die Bundesregierung nicht nur das Recht zu handeln. Dann ist Handeln Pflicht. Wie geht es nun weiter? Bundesminister Lindner wird vom Bundespräsidenten entlassen. Mit Vizekanzler Robert Habeck bin ich mir einig. Deutschland braucht schnell Klarheit über den weiteren politischen Kurs.

Der reguläre Termin für die Bundestagswahl im Herbst nächsten Jahres liegt noch in weiter Ferne. In den verbleibenden Sitzungswochen des Bundestages bis Weihnachten werden wir alle Gesetzentwürfe zur Abstimmung stellen, die keinerlei Aufschub dulden.

Dazu zählt der Ausgleich der kalten Progression, damit alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab dem 1. Januar mehr Netto vom Brutto haben. Dazu zählt die Stabilisierung der gesetzlichen Rente. Dazu zählt die schnelle Umsetzung der Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Dazu zählen Sofortmaßnahmen für unsere Industrie, über die ich derzeit mit Unternehmen, Gewerkschaften und Industrieverbänden spreche.

Bis zur letzten Sitzung des Bundesrates in diesem Jahr, am 20. Dezember, sollten diese Beschlüsse gefasst sein. Gleich in der ersten Sitzungswoche des Bundestages im neuen Jahr werde ich dann die Vertrauensfrage stellen, damit der Bundestag am 15. Januar darüber abstimmen kann. So können die Mitglieder des Bundestages entscheiden, ob sie den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei machen.

Diese Wahlen könnten dann unter Einhaltung der Fristen, die das Grundgesetz vorsieht, spätestens bis Ende März stattfinden. Meine Damen und Herren, ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen. Ich möchte ihm anbieten in zwei Fragen, gerne auch mehr, die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: Bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung.

Denn unsere Wirtschaft kann nicht warten, bis Neuwahlen stattgefunden haben. Und wir brauchen jetzt Klarheit, wie wir unsere Sicherheit und Verteidigung in den kommenden Jahren solide finanzieren, ohne dafür den Zusammenhalt im Land aufs Spiel zu setzen. Auch mit dem Blick auf die Wahlen in Amerika ist das vielleicht dringender denn je. Es geht darum, jene Entscheidung zu treffen, die unser Land jetzt braucht. Darüber werde ich mit der verantwortlichen Opposition das Gespräch suchen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werde ich weiter meine gesamte Kraft dafür aufwenden, unser Land durch diese schwierige Zeit zu führen. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit den richtigen Entscheidungen gestärkt aus dieser Krise herauskommen werden.

Eine persönliche Bemerkung möchte ich noch hinzufügen. Ich habe zu Anfang über die Notwendigkeit gesprochen, Kompromisse zu schließen. Diese Fähigkeit darf uns nicht abhandenkommen. Wer in den vergangenen Wochen in die USA geblickt hat, der hat ein Land erlebt, das tief zerrissen ist. Ein Land, wo politische Unterschiede Freundschaften und Familien zerstört haben, wo Ideologie die Zusammenarbeit über politische Grenzen hinweg fast unmöglich gemacht hat. Das darf uns in Deutschland nicht passieren. Gerade weil wir es auch in Zukunft mit Wahlergebnissen zu tun haben werden, die Kooperation und Kompromisse erfordern. Das ist oft mühsam, aber genau das hat Deutschland stark gemacht. Das zeichnet uns aus, und daran arbeite ich als Ihr Bundeskanzler. Schönen Dank.»

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Jörg Obermeier 07.11.24 18:50
Eigentlich hat es bei mir auch so einen Hauch von Erleichterung ausgelöst, dass dieses Kasperltheater jetzt vorbei ist. Zurück bleibt eine große Enttäuschung, dass diese Koalition so ziemlich alles was sie vorhatten in den Sand gesetzt hat. Selbst wenn man in Betracht zieht, dass die Voraussetzungen und Gegebenheiten nicht einfach waren, aber wann war das jemals schon wirklich anders? Und wenn hier immer wieder die "Spaltung" der Gesellschaft beklagt wird, bin ich ja mal gespannt wie das werden wird, wenn in absehbarer Zeit die Meinungsfreiheit wieder mal auf eine Meinung eingedampft wird. Und dass das passieren wird halte ich sogar für unvermeidlich, wenn erst mal auch bei uns hochkomplizierte Problemstellungen mit vermeintlich einfachen Lösungen konfrontiert werden. Wenn die Lüge zur Wahrheit werden muss. Eigentlich ist es wie auf einer Rutschbahn, es geht immer schneller und schneller bergab.
Helge Fitz 07.11.24 18:40
Der umtriebige Maulwurf wurde aus seinem Loch gezogen und vom Spielfeld geworfen. Richtig so, seine Haufen hätten den Spielablauf nachhaltig behindert.
Rote Karte für einen miesen Spielverrderber. Jetzt lieber Robert Habeck und Olaf Scholz müssen die Punkte in einem fairen Spiel gemacht werden, damit Deutschland nicht in die Niederungen einer braunen Diktatur absteigt. Politik ohne Selbstdarsteller= macht was draus
Norbert Gschwendner 07.11.24 18:30
Noch nie so gespalten?
Ich kann mich noch daran erinnern als Deutschland nicht nur gespalten sondern geteilt war.
Und Parteien haben schon immer erbittert gestritten. Allerdings haben sie dann auch nicht zusammen regiert.
Ein Neuanfang war meiner Meinung nach nötig.
Hans-Dieter Volkmann 07.11.24 18:20
Scholz bricht mit Lindner
Wenn es stimmt was Scholz in seine Rede sagte, daran zweifle ich nicht, dass Lindner die Sozialausgaben, einschließlich die Renten, drastisch kürzen wollte um Gelder für die Unterstützung der Wirtschaft zu haben, dann bin ich froh das Herr Lindner entlassen ist.
Norbert K. Leupi 07.11.24 18:00
Dann zählen.... D. Pires
Sie mir doch bitte diese Länder auf , wo Friede , Freude ,Eierkuchen herrscht , alle gleicher Meinung sind und am gleichen Strick ziehen !
Dracomir Pires 07.11.24 16:10
Nein Norbert, denn ...
... so gespalten, wie Deutschland jetzt ist, war das Land noch nie. Dazu kommt noch diese suspekte Brandmauer.
Norbert K. Leupi 07.11.24 15:40
Gespalten ! Jürgen Franke
Gibt`s noch Länder die nicht gespalten sind ? Nein , denn eine Spaltung gab`s schon immer !Verschiedene gesellschaftliche , politische und wirtschaftliche Ereignisse verstärken eine Spaltung immer wieder und auch Phasenweise !
Jürgen Franke 07.11.24 14:20
Scholz weist daraufhin, wie gespalten
die USA ist. Die Spaltung Deutschlands hat er noch nicht wahrgenommen.
Ingo Kerp 07.11.24 13:40
Na prima. Herzlichen Glückwunsch an die deutsche ehemalige Ampelregierung. Sie hat es geschafft vom Leader in Europa zur Bananenrepublik zu verkommen. Da tut es gut, wenn man da nicht mehr leben muß.
Dracomir Pires 07.11.24 12:50
Na endlich !
Dies hätten die Bauern zusammen mit den Transporteuren schon letzten Winter erreichen können. Leider gaben sie zu früh auf, und damit ging für Deutschland ein ganzes Jahr verloren.
Peter Joe 07.11.24 12:04
Lindner merkte endlich, dass das Geld von der BRD verbraucht ist, kein Geld ist mehr da und das will Scholz nicht wahrhaben.