Hamilton verliert Kraftprobe

Schmucklos im Cockpit 

Lewis Hamilton, der britische Formel-1-Pilot von Mercedes-AMG Petronas, ist während des zweiten Trainings der Formel 1 in der Garage zu sehen. Foto: epa/Greg Nash
Lewis Hamilton, der britische Formel-1-Pilot von Mercedes-AMG Petronas, ist während des zweiten Trainings der Formel 1 in der Garage zu sehen. Foto: epa/Greg Nash

MIAMI: Lewis Hamiltons Proteste und Sebastian Vettels Auftritt in Unterhose helfen nichts. Die Formel-1-Regelhüter bleiben beim Verbot von Schmuck und privater Unterwäsche im Auto hart. Für einen Brilli bekommt Hamilton immerhin eine Schonfrist.

Die Kraftprobe mit dem deutschen Rennleiter um seine Ohrringe und Piercings hat Lewis Hamilton vorerst verloren. Trotz heftiger Widerworte beugte sich der Formel-1-Rekordweltmeister in Miami der Anweisung des neuen Regelhüters Niels Wittich und entledigte sich fast aller Schmuckstücke, bevor er ins Cockpit kletterte. Für sein Nasenpiercing, das wohl fachmännisch entfernt werden muss, erhielt der Mercedes-Superstar eine Ausnahmegenehmigung bis zum Grand Prix in Monaco Ende Mai.

Zuvor hatte sich Hamilton noch heftig gegen die verschärften Vorgaben gesträubt und sie als «sehr, sehr dumm» bezeichnet. Rennleiter Wittich hatte die Teams in Miami informiert, dass sie künftig in offiziellen Dokumenten versichern müssen, dass ihre Piloten weder Schmuck noch private, nicht feuerfeste Unterwäsche im Auto tragen. Das Verbot steht schon länger im Regelwerk und soll für mehr Sicherheit sorgen. Wittich kündigte zudem Stichproben an.

Sebastian Vettel hatte sich auf die Seite des verärgerten Hamilton geschlagen. «Das ist persönliche Freiheit. Wir sind alt genug, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen. Dann sollten wir das auch im Auto tun können», sagte der 34-Jährige. Als Zeichen des Ungehorsams lief Vettel vor dem Auftakttraining in Florida mit über seinen Rennanzug gezogenen grauen Boxershorts durch die Boxengasse. «Das war ja mehr ein Gag. Die ganze Diskussion ist so bescheuert», sagte der Aston-Martin-Pilot dem Fernsehsender Sky.

TV-Experte Ralf Schumacher widersprach energisch. «Es ist ein bisschen albern und es erinnert mich an Kindergarten», sagte der frühere Formel-1-Pilot. Schumacher verwies auf die Vorbildfunktion von Weltmeistern wie Vettel und Hamilton. Es sei schade, «dass sich so erfahrene Leute, die schon so viele Unfälle gesehen haben, in der Art und Weise darüber lustig machen», sagte der 46-Jährige.

Als Grund für die Maßnahmen gibt der Weltverband Fia an, dass Ringe, Ketten oder Piercings bei Notfällen unnötige Hindernisse für Ersthelfer und Ärzte darstellen könnten. Zudem könne Schmuck auf der Haut als Hitzeleiter die Schutzwirkung darüber liegender feuerfester Kleidung verringern. «Das erhöht das Risiko von Verbrennungen bei einem Feuer», heißt es. Nicht zuletzt berge der Schmuck selbst die Gefahr von Verletzungen und könnte bei Unfällen verschluckt werden.

Auch das Tragen handelsüblicher Unterwäsche, wie zuletzt angeblich noch bei einigen Fahrern gang und gäbe, ist unzulässig. Erlaubt ist nur Kleidung, die den Formel-1-Normen der Fia entspricht.

Hamilton hatte sich zunächst noch an Fia-Präsident Mohammed bin Sulayem gewendet. Er wolle zur Not eben unterschreiben, dass er den Schmuck auf eigenes Risiko trage. Schließlich sei er seit 16 Jahren so auf der Strecke unterwegs. Die Formel 1 habe «wichtigere Dinge zu tun», als sich mit diesem Thema zu beschäftigen. «Das ist ein Rückschritt für unseren Sport», urteilte der Brite.

Doch Wittich und die Fia blieben hart. Der Rennleiter, der gemeinsam mit dem Portugiesen Eduardo Freitas seit Saisonbeginn im Amt ist, legt das Regelwerk strikter aus als seine Vorgänger. Der hessische Bauingenieur war zuletzt Renndirektor im Deutschen Tourenwagen Masters. Wittich habe das Kreuz, den Disput durchzufechten, sagte Ralf Schumacher. «Sebastian und Lewis werden sich da die Zähne ausbeißen, weil sie einfach unrecht haben», sagte der Sky-Fachmann.

Die Bußgelder für Verstöße gegen das Verbot von Schmuck und regelwidriger Kleidung im Auto sind happig. Das erste Vergehen werde mit 50.000 Euro Geldstrafe geahndet, berichtete das Fachmagazin «Auto, Motor und Sport». Wiederholungstäter müssten 125.000 Euro zahlen. Beim dritten Mal kostet es demnach 250.000 Euro sowie mehrere WM-Punkte. Da überlegt wohl auch ein Multi-Millionär wie Hamilton zweimal.

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