Schlag gegen Opposition: Anführer von Protesten in Haft

Drei ehemalige pro-demokratische Gesetzgeber in Hongkong verhaftet. Foto: epa/Jerome Favre
Drei ehemalige pro-demokratische Gesetzgeber in Hongkong verhaftet. Foto: epa/Jerome Favre

HONGKONG: Mit harter Hand geht die Justiz in Hongkong gegen die demokratischen Kräfte vor: Wieder werden Aktivisten und auch frühere Parlamentarier festgenommen. Wegen illegaler Versammlung drohen ihnen Haftstrafen.

In einem Schlag gegen die Opposition in Hongkong sind acht führende Köpfe der Demokratiebewegung festgenommen worden. Hintergrund der Festnahmen am Dienstag sind nach Angaben der Polizei die nicht genehmigten Proteste zum 1. Juli, dem Jahrestag der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China. Es war auch der Tag, an dem das umstrittene neue nationale Sicherheitsgesetz in der chinesischen Sonderverwaltungsregion in Kraft getreten war.

Den Festgenommenen werde vorgeworfen, einen Protestmarsch und eine illegale Versammlung organisiert, dazu angestiftet oder daran teilgenommen zu haben, teilte die Polizei mit. Unter ihnen sind Aktivisten und Ex-Abgeordnete wie der frühere Vorsitzende der Demokratischen Partei, Wu Chi Wai, sowie Eddie Chu Hoi-dick und «Langhaar» Leung Kwok-hung, wie aus Medienberichten und Angaben aus Oppositionskreisen in sozialen Medien hervorging.

Auch Figo Chan, ein Anführer der Civil Human Rights Front (CHRF), die die Demonstrationen zum Jahrestag und andere Proteste organisiert hatte, wurde abgeführt, wie die «South China Morning Post» berichtete. Der unter Hinweis auf die Corona-Pandemie nicht erlaubte Protest am 1. Juli hatte Tausende angezogen, die gegen Pekings harten Kurs demonstriert hatten. Knapp 400 Teilnehmer wurden festgenommen.

Als Reaktion auf anhaltende Proteste und Rufe nach mehr Demokratie in Hongkong hatte Chinas kommunistische Führung ein ebenso scharfes wie vage formuliertes Sicherheitsgesetz für Hongkong erlassen. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als subversiv, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht.

Das Gesetz ist der bisher weitestgehende Eingriff in Hongkongs Autonomie und gibt Chinas Staatssicherheit weitreichende Vollmachten in dem eigenständigen Territorium. Aus Sicht der Kritiker ist es das Ende des Grundsatzes «ein Land, zwei Systeme», nach dem Hongkong seit 1997 unter chinesischer Souveränität autonom mit weitreichenden Freiheitsrechten für seine sieben Millionen Einwohner regiert wurde.

Die Festnahmen stießen auf Kritik auch aus Deutschland. «Diese Verhaftungen werden nicht nur weitergehen, sie werden zunehmen, und sie werden vor allem auch zunehmend in Haftstrafen enden», sagte die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Gyde Jensen (FDP). «Jetzt geht es nur noch darum, die Demokratiebewegung zum Schweigen zu bringen und zu diskreditieren.» Die EU sollte den USA folgen und Verantwortliche in Hongkong oben auf die Liste des neuen EU-Sanktionsmechanismus für Menschenrechtsverletzer setzen.

Unter Hinweis auf die Abstandsregeln im Kampf gegen das Coronavirus war der Protest zum 1. Juli zum ersten Mal seit 17 Jahren verboten worden. Meist haben Hunderttausende an dem Tag für mehr Demokratie und gegen den wachsenden Einfluss Pekings in Hongkong demonstriert.

Wegen ähnlicher Vorwürfe der illegalen Versammlung im Juni 2019 waren vor einer Woche der prominente Kopf der Demokratiebewegung, Joshua Wong, sowie seine Mitstreiter Agnes Chow und Ivan Lam zu Haftstrafen zwischen sieben Monaten und etwas über einem Jahr verurteilt worden.

Auch der Medienmogul und prominente Anhänger der Demokratiebewegung, Jimmy Lai, wurde in Haft genommen. Dem Besitzer der chinakritischen Zeitung «Apple Daily» wurde eine Freilassung auf Kaution verweigert, nachdem er und zwei seiner Mitarbeiter wegen Betrugsvorwürfen festgenommen worden waren. Ihnen wird vorgeworfen, Büroräume unerlaubt an eine andere Firma untervermietet zu haben.

Erst am Montag waren acht Personen festgenommen worden, die an einem nicht genehmigten Protest am 19. November in der Chinesischen Universität von Hongkong (CUHK) teilgenommen hatten. Drei Studenten stehen unter dem Verdacht, dabei zur Unabhängigkeit Hongkongs aufgerufen zu haben und damit gegen das neue Sicherheitsgesetz verstoßen zu haben.

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