Schauspielerin Eva-Maria Hagen ist tot

​«Brigitte Bardot des Ostens» 

Die Schauspielerin Eva-Maria Hagen lächelt in der Bar jeder Vernunft während einer Fotoprobe zur Neuinszenierung des Stückes
Die Schauspielerin Eva-Maria Hagen lächelt in der Bar jeder Vernunft während einer Fotoprobe zur Neuinszenierung des Stückes "Cabaret" in Richtung der Fotografen. Foto: Soeren Stache/dpa

HAMBURG: Sie galt als Filmdiva der DDR: Eva-Maria Hagen machte auch mit ihrer Beziehung zu Wolf Biermann Schlagzeilen. Jetzt ist die Schauspielerin und Sängerin mit 87 Jahren in Hamburg gestorben.

Eigentlich sollte Eva-Maria Hagen Maschinenschlosserin werden. Doch es kam anders: Nach ihrer Lehre im Bahnbetriebswerk Wittenberge begann die junge Frau ein Schauspielstudium in Ost-Berlin, wo sie mit 19 Jahren unter der Leitung von Bertolt Brecht am Berliner Ensemble debütierte. Nach ihrem Durchbruch mit der DEFA-Filmkomödie «Vergesst mir meine Traudel nicht» (1957) verkörperte die zierliche Brünette oft kurvige Blondinen, was ihr in der DDR den Titel «Brigitte Bardot des Ostens» einbrachte. Jetzt ist die Mutter von Punk-Sängerin Nina Hagen und Großmutter von Schauspielerin Cosma-Shiva Hagen im Alter von 87 Jahren in Hamburg gestorben.

Geboren 1934 in Költschen in Hinterpommern im heutigen Polen, musste die Mutter mit ihren drei Kindern Ende des Zweiten Weltkriegs fliehen und fand eine neue Heimat im mecklenburgischen Perleberg. In ihrem Buch «Eva jenseits vom Paradies» beschreibt Eva-Maria Hagen offen und ehrlich die Lage der Kriegskinder «und was sie traumatisiert hatte bis ins hohe Alter, weil sich kein Schwanz um die seelischen Wunden dieser Jungen und Mädchen gekümmert hat». Durch Kreativität, Theaterspielen und Anerkennung im Beruf habe sie das Schreckliche und Grausame der Vertreibung verarbeitet, «obwohl bestimmte Tagträume und Anflüge von Verlorenheit mich nicht ganz verließen».

Die Begegnung mit Liedermacher Wolf Biermann 1965 veränderte ihr Leben, sowohl beruflich wie privat. «Er war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben», sagte sie einmal. Als sie 1976 gegen Biermanns Ausbürgerung öffentlich protestierte, entließ man sie fristlos und belegte sie mit Berufsverbot. In ihrem Buch «Eva und der Wolf» (1998) veröffentlichte Eva-Maria Hagen auch Stasi-Protokolle über das Paar. «Ich beschloss, den akribisch erfassten Beobachtungen der Aufschreiber vom Dienst meine Berichte und Briefe an und von meiner Liebe entgegenzusetzen und zu veröffentlichen, damit, wenn ich nicht mehr da bin, nicht nur das Geschmiere von den Horchern an der Wand übrig bleibt aus dieser wunderbaren und aufregenden Zeit». 1977 folgte sie dem Ex-Lebensgefährten nach Hamburg, wo sie bis zuletzt lebte.

Nach der Wende drehte die Schauspielerin mit der natürlichen und sanften Ausstrahlung wieder Filme in Babelsberg in Potsdam, stand als «Medea» oder «Mutter Courage» auf der Bühne oder sang Brecht-Lieder. Auch im Fernsehen und im Kino sah man die vielseitige Künstlerin, zuletzt in Komödien wie «Dinosaurier - gegen uns seht ihr alt aus!» (2009) oder Dramen wie «Lore» (2012). Zusammen mit Tochter Nina und Enkelin Cosma-Shiva synchronisierte sie 2014 die Neuauflage des Zeichenfilm-Klassikers «Biene Maja». Die drei Hagen-Frauen beschrieb sie so: «Wir lieben uns von Herzen, aber wir verkörpern drei unterschiedliche Welten.»

Auch mit Marie Biermann, der Tochter von Wolf Biermann, sang sie gemeinsam auf der Bühne. «Mit liegt sehr am Herzen, diesen umfangreichen Liedschatz, den ich mir während meiner Laufbahn einverleibt habe, der jungen Generation ans Herz zu legen», sagte sie in einem dpa-Interview. Zusammen mit ihrem langjährigen Pianisten Siegfried Gerlich nahm sie zu ihrem 80. Geburtstag die CD «Ach, lass uns wieder gut sein» mit jiddischen Liedern auf.

Angst vor dem Tod hatte sie keine. «In meinem Flur hängt im Dämmerlicht eine von mir bemalte Lichtbilderleinwand mit Schäfchenwolken am Himmel und einem Jüngling drauf, in einer mit himmelblauen und blutroten Blumen übersäten Wiese, durch die der Mäher seine Sense schwingt. So habe ich mir «Freund Hein» ausgemalt zum Trost für triste Momente.»

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