Scharfe Kritik Russlands an Kampfjets für die Ukraine

Eine Gruppe russischer Mikoyan MiG-29-Kampfjets. Foto: epa/Yuri Kochetkov
Eine Gruppe russischer Mikoyan MiG-29-Kampfjets. Foto: epa/Yuri Kochetkov

WARSCHAU/BRATISLAVA/MOSKAU: Der Westen will Kiew bisher keine Kampfjets liefern. Jetzt wagen Polen und die Slowakei den Alleingang. Der Kreml wertet das als immer direktere Beteiligung am Krieg und gibt eine zynische Warnung ab. Für kommende Woche steht Kreml-Chef Putin hoher Besuch ins Haus.

Russland hat die von Polen und der Slowakei angekündigten Lieferungen von Kampfjets an die Ukraine als weitere Eskalation kritisiert. «Es versteht sich, dass diese Technik im Rahmen der militärischen Spezialoperation der Vernichtung unterliegt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die Kampfjets vom sowjetischen Typ MiG-29 können aus Peskows Sicht den Kriegsverlauf nicht ändern. Sie würden der Ukraine und dem ukrainischen Volk nur noch mehr Not bescheren, sagte der 55-Jährige. Eine zynische Warnung, denn diese Not entsteht allein durch den russischen Angriffskrieg.

Der Verlauf des Krieges dürfte in der kommenden Woche auch im Mittelpunkt der Beratungen zwischen Kreml-Chef Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping stehen, der ab Montag Moskau besucht.

Kreml sieht immer tiefere Verstrickung des Westens in den Krieg

Zudem wertete die russische Führung die Lieferung als Zeichen einer immer tieferen Verstrickung des Westens in den Krieg. «Das ist nur noch ein Beispiel dafür, wie eine ganze Reihe von Mitgliedsländern der Nato ihre direkte Beteiligung am Konflikt erhöht», sagte Peskow. Die Sorge, dass Moskau dies so interpretiert, treibt auch viele Politiker im Westen um, die einer Lieferung von Kampfjets bisher ablehnend oder zumindest abwartend gegenüberstehen.

Polen und die Ukraine wollen nicht länger warten

Nachdem am Donnerstag schon Warschau der Ukraine Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 zugesagt hatte, genehmigte am Freitag auch die Regierung in Bratislava die Übergabe solcher Maschinen an Kiew. Warschau sprach von zunächst vier Flugzeugen, Bratislava von 13 MiG-29, von denen drei aber nur noch zum Ausschlachten taugten. Die Ukraine fordert seit langem neben Panzern und Artillerie auch Kampfflugzeuge vom Westen, um die von Russland besetzten Gebiete zu befreien. Von anderen Staaten gibt es bislang keine Zusagen, insbesondere zu den von Kiew erbetenen aus westlicher Bauart stammenden F-16. Für diese US-Kampfjets müssten Piloten erst sehr lange Ausbildungen absolvieren. MiG-29 hat die Ukraine jedoch selbst und ihre Piloten könnten sie sofort fliegen.

Die Ukraine braucht die Flugzeuge nach eigenen Angaben, um sich gegen russische Raketenangriffe zu wehren. Seit Monaten beschießt Russland gezielt die Energieanlagen der Ukraine, um die Menschen im Land während der kalten Jahreszeit in Kälte und Dunkelheit zu stürzen

Bundesregierung zurückhaltend zur Lieferung von Kampfjets aus Polen

Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend zu der von Polen geplanten Kampfjetlieferung. Falls es sich um Flugzeuge handle, über die Deutschland mitzuentscheiden habe, müsse abgewartet werden, ob es einen Antrag gebe. Bisher gebe es einen solchen nicht, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Polen hat vor gut zwei Jahrzehnten MiG-29 von Deutschland übernommen, die ursprünglich zur Nationalen Volksarmee der DDR gehörten. Aufgrund einer sogenannten Endverbleibklausel dürfte Polen die Jets nur mit Zustimmung der Bundesregierung an die Ukraine weitergeben. Wie viele MiG-29 Polen noch hat und ob die vier Maschinen, die nun an die Ukraine geliefert werden sollen, aus Deutschland kamen, war unbekannt.

«Allumfassende Partnerschaft» zwischen Russland und China

Chinas Xi kommt gleich für drei Tage zu dem Staatsbesuch nach Moskau. «Bei den Verhandlungen werden aktuelle Fragen der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu einer allumfassenden Partnerschaft und strategischen Kooperation zwischen Russland und China besprochen», werden, teilte der Kreml am Freitag mit. Daneben gehe es um die Zusammenarbeit auf internationalem Parkett. Xi folgt einer Einladung Putins. China gilt als enger Verbündeter Russlands und verurteilte den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht. Die Schuld für den Konflikt liege beim Westen, erklärte die chinesische Staatsführung. Zugleich hielt sich Peking weitgehend an die internationalen Sanktionen gegen Moskau, um nicht selbst Ziel von Strafmaßnahmen zu werden. Eine von Peking jüngst vorgestellte Friedensinitiative enttäuschte den Westen, da sie keine konkreten Forderungen an Russland enthielt.

Von der Leyen: Putin hat die Energieschlacht eindeutig verloren

Putin ist nach Überzeugung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen damit gescheitert, Europa durch eine reduzierte Versorgung mit Energie zu erpressen. «Putin hat die von ihm entfachte Energieschlacht eindeutig verloren, und seine Erpressung hat nicht funktioniert», sagte die Politikerin bei einem Besuch der Gasförderplattform Troll A vor der norwegischen Westküste. Die EU werde nun viel stärker von Verbündeten wie Norwegen und den USA mit Energie versorgt. Zudem habe Europa massiv in erneuerbare Energien investiert und den Energieverbrauch um 20 Prozent reduziert. «Wenn Präsident Putin also geplant hat, uns in die Knie zu zwingen, hat er genau das Gegenteil erreicht. Wir sind heute stärker und unabhängiger, als wir es je waren.»

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