„Saw: Spiral“

Neunter Teil des Horror-Franchise

Es darf wieder gesägt werden: Der umstrittene Folterkult „Saw“ geht in eine neue Runde. Schwächen und Stärken der Reihe treten auch diesmal zu Tage. Foto: Studiocanal
Es darf wieder gesägt werden: Der umstrittene Folterkult „Saw“ geht in eine neue Runde. Schwächen und Stärken der Reihe treten auch diesmal zu Tage. Foto: Studiocanal

Wenn sich eine Filmfigur entscheiden muss, ob sie lieber ihre Zunge hergibt oder sich von einer U-Bahn zerquetschen lässt: Dann kann es sich nur um einen neuen (den nun lancierten neunten) Teil der „Saw“-Serie handeln. Die 2004 angelaufene Reihe ist umstritten, kommerziell aber sehr erfolgreich.

Sie erzählt von einem Killer namens Jigsaw. Immer wieder entwirft dieser Foltermaschinen, mit denen ausgewählte Personen „getestet“ werden. Es geht um die nicht eben kleine Frage: Leben oder sterben? Darum, wie groß der Überlebensinstinkt der Getesteten tatsächlich ist.

Bei einer Drehzeit von nicht einmal drei Wochen und einem kolportierten Budget von nur knapp über einer Million konnte allein der erste „Saw“ weltweit über 100 Millionen Dollar einspielen. Der ab 18 frei gegebene Streifen war ein höchst ambivalentes, die Mägen selbst härtester Gruselfreunde belastendes Erlebnis.

„Torture Porn“ für das Serienkillerkino

Was sich auch in der Rezeption zeigte: So konstatierte der renommierte US-Kritiker Roger Ebert, „Saw“ sei ein effizient gemachter Thriller, jedoch „schließlich nicht die Tortur wert, die er uns durchmachen lässt“. Das deutsche Filmblatt „Cinema“ urteilte: „Makabre Frischzellenkur für das Serienkillerkino“.

Ums Erscheinungsjahr des ersten „Saw“ herum machte das Label „Torture Porn“ (etwa: Folter-Porno) die Runde: Eine auch für andere Filme wie „Hostel“ bemühte Schublade und meist kritische Umschreibung der vermeintlichen Tatsache, dass es bei Filmen wie „Saw“ um nicht mehr gehe als das sinnlose Aufgeilen an expliziter Leinwand-Gewalt.

Gewalt- und Ekelfilm ein Zuschauermagnet

Deutliche Worte fand das „Lexikon des internationalen Films» für den dritten Teil: «Widerwärtiger Gewalt- und Ekelfilm...“. Dem Erfolg tat die Kritik keinen Abbruch: „Saw 3“ (2006) spülte weltweit über 160 Millionen Dollar in die Kassen.

Im Mittelpunkt des neuen, neunten „Saw“ steht nun ein von Chris Rock („Kindsköpfe“) verkörperter Polizist namens Zeke Banks, dem all die korrupten Machenschaften seiner Kollegen auf der Seele lasten. Dass ausgerechnet sein von Samuel L. Jackson gespielter Vater dabei eine gewichtige Rolle spielt, macht die Sache für Zeke nicht einfacher.

Dazu kommt eine mysteriöse Mordserie, der ein Gesetzeshüter nach dem anderen zum Opfer fällt. Es ist an Zeke, das Rätsel zu lösen. Der ihm zur Seite gestellte Kollege ist noch ziemlich unerfahren. Für die auf bestialische Weise gequälten Opfer aber heißt es immer wieder: „Leben oder sterben, Sie haben die Wahl!“. Unklar ist, wer hinter den Folter- und Racheorgien steht. Beim Drahtzieher aber handelt es sich um einen äußerst gerissenen Nachahmer Jigsaws (dieser hatte in Teil 3 der Serie seinen Tod gefunden).

Saw weist über das Gezeigte hinaus

Gute Horrorstreifen weisen über sich selbst, weisen über das auf der Leinwand Gezeigte hinaus. Man denke an einen Klassiker wie „Night Of The Living Dead“ von 1968 (Regie: George A. Romero). Das dort vorgeführte Zombie-Gemetzel enthält Anspielungen auf den Vietnamkrieg, den Rassismus der Zeit. Der jetzt lancierte „Saw“ (dessen krude Story, man kennt das aus den Vorgängern, nicht immer überzeugt) lässt an mehr als nur einer Stelle an die Rassismus- und Polizei-Debatten der Jetztzeit denken: Dass mehrere Hauptdarsteller schwarz sind (im Horrorgenre noch immer keine Selbstverständlichkeit), spielt dabei genauso eine Rolle wie die Kritik an einem von Korruption und Gewalt durchzogenen Polizeiapparat.

Was die „Saw“-Reihe aber vor allem auszeichnet und wohl einen Gutteil ihrer Anziehungskraft ausmacht, ist der Einfallsreichtum, mit dem sich die Filmemacher (die Regie zum aktuellen Film kommt von Darren Lynn Bousman) ein ums andere Mal Neues einfallen lassen.

Selbst in abscheulichen Momenten gelingt es dem neuen „Saw“ übers Gezeigte hinauszuweisen: Denken muss man etwa an in Entscheidungs-Dilemmata feststeckende, nur allzu oft vor die Wahl zwischen Pest und Cholera gestellte Politiker. Und so sind es ausgerechnet die blutigsten Momente, in denen es dieser zurecht kontrovers diskutierten Reihe zuweilen gelingt, so etwas wie ihren menschenfreundlichen Kern anzudeuten.

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