Außenminister der EU-Staaten tagen

​Sanktionen und China 

Tägliches Leben in Moskau. Foto: epa/Yuri Kochetkov
Tägliches Leben in Moskau. Foto: epa/Yuri Kochetkov

STOCKHOLM: Kann die EU wirksam gegen die Umgehung ihrer Russland-Sanktion vorgehen ohne die Wirtschaftsbeziehungen zu China zu gefährden? Diese Frage stellt sich zu einem Treffen der Außenminister in Schweden. Ein Vorschlag der EU-Kommission zum Thema ist brisant.

Die Außenminister der EU-Staaten beraten an diesem Freitag bei einem informellen Treffen in Schweden über die jüngsten Entwicklungen im Krieg in der Ukraine. Im Mittelpunkt der Gespräche steht die weitere Unterstützung für das von Russland angegriffene Land. Zumindest am Rande dürfte es zudem um Vorschläge der EU-Kommission für ein elftes Paket mit Russland-Sanktionen gehen. Mit ihm soll vor allem die Umgehung der bereits erlassenen Strafmaßnahmen bekämpft werden.

Zweites großes Thema des Treffens werden die Beziehungen der EU zu China sein. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte Ende März in einer Grundsatzrede dafür geworben, die Beziehungen zum bevölkerungsreichsten Land der Erde neu auszutarieren. Sie betonte dabei, dass die EU unabhängiger werden und wirtschaftliche Risiken, etwa in Lieferketten europäischer Firmen, minimieren müsse. Es sei jedoch nicht im Interesse der EU, sich von China abzukoppeln.

Brisant ist das Thema nicht zuletzt wegen der Positionierung des Landes zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Regierung in Peking hat die Invasion bis heute nicht verurteilt. Chinesischen Unternehmen wird vorgeworfen, an der Umgehung von Russland-Sanktionen der EU beteiligt zu sein. Auch deswegen hat die EU-Kommission jetzt für das elfte Sanktionspaket vorgeschlagen, die rechtliche Möglichkeit zu schaffen, ausgewählte Exporte in bestimmte Drittstaaten wegen einer mutmaßlichen Umgehung von Sanktionen einzuschränken.

Nach Angaben von Diplomaten wird der Vorstoß allerdings nicht von allen EU-Staaten uneingeschränkt positiv bewertet. Als Gefahr gilt demnach, dass manche Mitgliedstaaten wegen möglicher Vergeltungsmaßnahmen am Ende nicht den Mut oder den Willen haben könnten, Länder wie China auf eine solche Liste zu setzen. In diesem Fall würde das Instrument nur dann helfen, wenn es schon durch seine bloße Existenz eine abschreckende Wirkung entfaltet. Das liegt daran, dass für die Listung jedes Landes und jedes Produktes die Zustimmung aller 27 EU-Staaten notwendig wäre.

Zu den Ländern, für die China wirtschaftlich sehr wichtig ist, gehört dabei auch Deutschland. Die Volksrepublik war im vergangenen Jahr zum siebten Mal in Folge der wichtigste Handelspartner der Bundesrepublik - noch vor den USA. So wurden 2022 nach vorläufigen Angaben das Statistischen Bundesamts Waren im Wert von 298,6 Milliarden Euro gehandelt (Exporte und Importe).

Für Deutschland wird Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zu dem Treffen in einem Konferenzzentrum nahe der schwedischen Hauptstadt Stockholm reisen. Im Anschluss wird am Samstag am selben Ort noch ein Ministerforum für die Zusammenarbeit im indopazifischen Raum organisiert. Bei ihm will sich Baerbock aber von Staatsminister Tobias Lindner vertreten lassen.

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