Fall Nawalny: Moskau protestiert gegen Vorgehen der Bundesregierung

Navalny aus dem künstlichen Koma geholt. Foto: epa/Yevgeny Feldman
Navalny aus dem künstlichen Koma geholt. Foto: epa/Yevgeny Feldman

MOSKAU: Das russische Außenministerium hat nach einem Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Moskau entschieden gegen das Vorgehen der Bundesregierung im Fall des vergifteten Kremlkritikers Alexej Nawalny protestiert. «Die volle Verantwortung für die Folgen einer solchen Politik liegt bei der Bundesregierung, ihren Nato-Verbündeten und der Europäischen Union», teilte das Ministerium am Mittwoch in Moskau mit. Zuvor war der deutsche Botschafter Géza Andreas von Geyr zu einem Gespräch im Ministerium.

In deutschen Botschaftskreisen hieß es danach, Geyr habe die «eindeutige Haltung» der Bundesregierung dargelegt. «Herr Nawalny wurde Opfer eines in Russland verübten Verbrechens, nachweislich mit dem in Russland entwickelten Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe.» Es liege daher an Russland, sich «zu diesem international geächteten Einsatz» des Nervengiftes zu erklären. Der Botschafter habe zudem auf Erklärungen der EU, der Nato, der G7 und anderer Staaten verwiesen, hieß es weiter. Beim Fall Nawalny handele es sich nicht um eine rein deutsch-russische Angelegenheit.

Nawalny, einer der schärfsten Gegner von Kremlchef Wladimir Putin, wurde am 20. August auf einem Inlandsflug in Russland bewusstlos. Auf Drängen seiner Familie wurde er nach einer Erstbehandlung in Sibirien nach Berlin in die Charité verlegt. Die Bundesregierung sieht es nach Untersuchungen in einem Spezial-Labor der Bundeswehr als erwiesen an, dass er mit einem militärischen Nervenkampfstoff vergiftet wurde. Unterstützer Nawalnys vermuten Moskau hinter der Tat. Russland bestreitet, in den Fall des Oppositionellen verwickelt zu sein.

Es gebe «unbegründete Anschuldigungen und Ultimaten an die Adresse Russlands», hieß es aus dem russischen Außenministerium. Dies sei eine «Diskreditierung unseres Landes in der internationalen Arena». Russland fordere, dass die «Hysterie» ende und Deutschland «unverzüglich eine sachliche und umfassende» Antwort auf die Anfrage der russischen Generalstaatsanwaltschaft gebe.


UN fordern von Russland unabhängige Untersuchung zu Nawalny

GENF: Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hat von Russland eine unabhängige Untersuchung im Fall des vergifteten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny verlangt. Bachelet reagierte damit am Dienstag auf die Einschätzung deutscher Spezialisten, dass der 44-Jährige mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden sei, wie es in einer Mitteilung des UN-Menschenrechtsbüros in Genf hieß.

Nawalny war am 20. August auf einem Flug in Russland ins Koma gefallen und später auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt worden. Bachelet begrüßte zugleich die Nachricht, dass er am Montag aus dem künstlichen Koma zurückgeholt wurde.

Nawalny sei bereits vor dem Giftanschlag wiederholt von Behörden oder Unbekannten schikaniert, festgenommen und angegriffen worden, sagte Bachelet weiter. «Nawalny war eindeutig jemand, der staatlichen Schutz brauchte», sagte sie. «Auch wenn er der Regierung ein politischer Dorn im Auge war». Es obliege den russischen Behörden, umfassend zu untersuchen, «wer für dieses Verbrechen verantwortlich ist - ein sehr ernstes Verbrechen, das auf russischem Boden begangen wurde», hieß es in der Mitteilung weiter.

Russland bestreitet, in den Fall des Oppositionellen verwickelt zu sein. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach am Montag erneut von «absurden Versuchen», die russische Staatsführung damit in Verbindung zu bringen. Nawalny hat in seiner Heimat unter anderem verschiedene Korruptionsskandale aufgedeckt. Die deutsche Regierung hatte nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mitgeteilt, dass sie es als zweifelsfrei erwiesen ansehe, dass Nawalny mit dem militärischen Nervengift Nowitschok vergiftet worden sei.

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Erwin Gasser 09.09.20 19:30
Gift
Mal ganz quer gedacht: Vielleicht haben auch die Amis den Russen vergiftet, um Nord Stream 2 zu verhindern ? Die derzeitige Regierung in USA ist keinen Deut besser als die russische ! Nichts ist unmöglich bei den Geheimdiensten !
aurel aurelis 09.09.20 19:30
Kamikaze
Die Kamikazeflieger trafen in der Regel ins Ziel. Unser politischer Masochismus genügt sich in der Regel selber und trifft nichts! Nordstream 2 ist eine Investition für Jahrzehnte. Die Entschädigung der Investoren brauchen wir nicht auch noch. Vernünftige Leute haben bessere Möglichkeiten für Sanktionen genannt, die die Häuptlinge in Russland gleich spüren.
Markus Boos 09.09.20 17:52
Meine Theorie
Die Amis haben Navalny vergiftet. sie wollen den Verdacht auf die Russen lenken. Sie wollen Nordstream 2 stoppen. Tönt alles sehr bekloppt. Wie alles aus dem Haus des orangen Männleins in Washington.
Klaus Olbrich 09.09.20 14:07
Warum unabhänge Untersuchung.
Steht doch ohnehin fest wer dahinter steckt.
Nutzloses herauszoegern und hinterher nur heisse Luft.
Sollen sie die Pipeline erstmal stoppen und abwarten was geschieht.!!
Nur das waere die richtige Reaktion.