BUDAPEST: Russland hat elf ungarischstämmige Kriegsgefangene aus der Ukraine direkt an Ungarn übergeben. Der ungarische Vize-Ministerpräsident Zsolt Semjen bestätigte am Freitag eine entsprechende Mitteilung der russisch-orthodoxen Kirche in Ungarn vom Vortag. Demnach habe Moskau einem Wunsch Ungarns entsprochen, hieß es darin. Die Ukraine sei in den Vorgang nicht eingebunden gewesen, berichteten Medien.
«Es war meine menschliche und patriotische Pflicht», sagte Semjen im Fernsehsender ATV über die Abwicklung der Übergabe. Als Stellvertreter von Ministerpräsident Viktor Orban ist er auch für Kirchenfragen zuständig.
Unter Orban verfolgt das EU-Land Ungarn einen moskau-freundlichen Kurs. Das änderte sich auch mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht wesentlich. Budapest trägt die EU-Sanktionen gegen Russland teilweise nur mit Vorbehalten mit oder legt ihrer Verhängung Hindernisse in den Weg.
In Transkarpatien, der westlichsten Region der Ukraine, leben rund 150.000 ethnische Ungarn (Stand: Volkszählung 2001). Als ukrainische Staatsbürger werden sie wie andere Ukrainer auch in die ukrainischen Streitkräfte eingezogen. Ein Teil Transkarpatiens gehörte vor 1918 zum damaligen Ungarn. Orbans Regierung vergibt seit 2010 ungarische Staatsbürgerschaften und Reisepässe an ethnische Ungarn in den Nachbarländern.
Die russisch-orthodoxe Kirche in Ungarn zählt gerade mal 2300 Mitglieder. Orbans Regierung unterstützt sie auffallend großzügig mit Geldmitteln. Ihr Metropolit Hilarion gehört wiederum zum Spitzenpersonal der Mutterkirche in Moskau. Deren Patriarch Kyrill hatte den damaligen Leiter des Außenamtes des Patriarchats im Sommer 2022, wenige Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, nach Budapest entsandt.
Kyrill gilt als bedingungsloser Unterstützer der russischen Aggression. Im Vorjahr hatte Orban mit einer Vetodrohung verhindert, dass die EU das kremlnahe Kirchenoberhaupt auf ihre Sanktionsliste setzte.