Russland meldet Kriegserfolge im Donbass

​Schröder quittiert Job

Foto: epa/Sergei Ilnitsky
Foto: epa/Sergei Ilnitsky

MOSKAU: Der Kampf um das Stahlwerk Azovstal in Mariupol scheint so gut wie vorbei zu sein: Die Verteidiger sollen auf Weisung ihrer Armeeführung kapitulieren. Moskau dreht Helsinki den Gashahn zu, was dort aber kein Grund zur Panik ist. Und Ex-Kanzler Schröder gibt seinen Job beim Ölkonzern Rosneft auf.

Bei ihrem Angriffskrieg in der Ukraine haben die russischen Truppen nach eigenen Angaben weitere Etappenziele erreicht. Der Vormarsch im östlichen Donbass-Gebiet sei erfolgreich und die «Befreiung» der von Moskau anerkannten Luhansker Volksrepublik nähere sich dem Abschluss, sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Freitag. Im belagerten Azovstal-Werk von Mariupol wurden die ukrainischen Verteidiger von ihrer Armeeführung angewiesen zu kapitulieren. Finnland muss künftig ohne Gas aus Russland auskommen. Und Ex-Kanzler Gerhard Schröder zieht nach Debatten um seine enge Beziehung zu Russland Konsequenzen und verlässt den Aufsichtsrat des russischen Ölkonzerns Rosneft.

Russische Attacken auf ukrainisches Hinterland

Die russischen Streitkräfte konzentrierten nach eigenen Angaben ihre Luftangriffe auf das frontnahe Hinterland der Ukraine. Laut dem Verteidigungsministerium in Moskau wurden mehrere Ortschaften in den Gebieten Donezk und Charkiw attackiert. Raketenstreitkräfte und Artillerie hätten Depots und Artillerie- und Raketenwerferstellungen zerstört, hieß es. Bei den Angriffen seien 280 ukrainische Soldaten getötet und 59 gepanzerte Militärfahrzeuge zerstört worden. Unabhängig konnten diese Angaben nicht überprüft werden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Situation im Donbass als «Hölle».

Lieferung von Panzern aus Deutschland im Juli

Die Ukraine erhält im Juli die ersten 15 Flugabwehrkanonenpanzer Gepard aus Beständen der deutschen Industrie. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) mit ihrem ukrainischen Amtskollegen, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr. Zu dem Paket gehört auch Ausbildungsunterstützung durch die Bundeswehr, die Bereitstellung von knapp 60.000 Schuss Munition sowie eine Lieferung von weiteren 15 Panzern noch im Sommer.

Schröder quittiert Job bei Rosneft

Der 78-jährige Schröder teilte dem Rosneft-Konzern nach Firmenangaben mit, es sei ihm unmöglich, sein Aufsichtsratsmandat zu verlängern. Details oder Gründe wurden nicht genannt. Mit Schröder verlässt demnach auch der deutsche Geschäftsmann Matthias Warnig den Aufsichtsrat. Schröder, langjähriger Freund der russischen Präsidenten Wladimir Putins, stand zuletzt unter massivem Druck angesichts von Forderungen in Deutschland, wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nicht mehr als Öl- und Gaslobbyist für Russland tätig zu sein.

Weitere G7-Milliardenhilfen für Ukraine

Die sieben führenden Industrienationen wollen die Ukraine mit zusätzlichen, kurzfristigen Budgethilfen in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar (knapp 9 Mrd Euro) unterstützen. Darauf verständigten sich die Finanzminister der G7-Staaten auf dem Petersberg bei Bonn. Seit Jahresbeginn hätten sie damit insgesamt 19,8 Milliarden Dollar an Finanzhilfen mobilisiert, hieß es in der Abschlusserklärung. Das Geld soll helfen, die grundlegenden staatlichen Leistungen des kriegsgebeutelten Landes aufrechtzuerhalten und Finanzierungslücken zu schließen. «Wir stehen an der Seite der Ukraine», betonte Finanzminister Christian Lindner (FDP). In den USA billigte nun auch der Senat ein Ukraine-Hilfspaket mit einem Volumen von fast 40 Milliarden Dollar (38 Milliarden Euro).

Verteidiger wollen Freispruch im Kriegsverbrecherprozess

Im ersten ukrainischen Kriegsverbrecherprozess forderte die Verteidigung einen Freispruch für den angeklagten russischen Soldaten. «Er hat einen Befehl ausgeführt, wenngleich es ein verbrecherischer Befehl war», sagte Anwalt Viktor Owsjannikow vor Gericht gemäß einer Meldung der Onlinezeitung Hromadske. Der Angeklagte sei dabei angeschrien und bedroht worden. Der 21-Jährige habe den 62-Jährigen Zivilisten im Dorf Tschupachiwka im Gebiet Sumy nicht töten wollen. «Ich bedauere es. Ich bereue es sehr. Ich habe mich nicht geweigert, und ich bin bereit, alle Maßnahmen zu akzeptieren, die verhängt werden», sagte der aus Sibirien stammende angeklagte Panzersoldat in seinem Schlusswort. Die Staatsanwälte hatten zuvor eine lebenslängliche Haftstrafe gefordert. Die Urteilsverkündung wird für diesen Montag erwartet.

Verteidiger von Azovstal sollen kapitulieren

Die verbliebenen ukrainischen Verteidiger des von russischen Truppen eingeschlossenen Stahlwerks in der Hafenstadt Mariupol erklärten erstmals, dass sie laut einem Befehl ihrer Armeeführung die Verteidigung der Stadt einstellen sollen. Dies sagte der Kommandeur des umstrittenen Nationalgarderegiments «Asow», Denys Prokopenko, in einer Videobotschaft. Damit sollten Leben und Gesundheit der Soldaten der Garnison geschützt werden. Am Montag hatten sich bereits die ersten 264 Soldaten ergeben, darunter über 50 Schwerverletzte. Nach russischen Angaben sind insgesamt bereits über 1900 Soldaten in Gefangenschaft gekommen. Die Kommandeure sollen sich aber noch weiter in den Bunkern des Werksgeländes aufhalten.

Kein Gas aus Russland für Finnland mehr

Russland stellt die Gas-Lieferungen nach Finnland nach Angaben des finnischen Energiekonzerns Gasum in Kürze ein. Darüber habe Gazprom Export informiert, teilte der finnische Versorger Gasum mit. Zuvor hatte der finnische Konzern mitgeteilt, Forderungen von Gazprom, Zahlungen in Rubel zu begleichen, nicht zu akzeptieren. Auch über andere Forderungen seien sich die beiden Unternehmen nicht einig. «Wir haben uns aber sorgfältig auf diese Situation vorbereitet, und falls es keine Störungen im Gasnetzwerk gibt, werden wir all unsere Kunden in den kommenden Monaten mit Gas beliefern können», sagte Gasum-Chef Mika Wiljanen laut der Mitteilung. Gas macht nur etwa fünf Prozent des Energiemixes in Finnland aus. Insofern ist für Experten der Schritt «kein Grund zur Panik».

Lafontaine sieht Mitschuld des Westens

Der ehemalige Linken-Chef Oskar Lafontaine machte die USA und die Nato für den vor knapp drei Monaten begonnenen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mitverantwortlich. Sicherheitsinteressen Russlands seien konsequent ignoriert worden, sagte Lafontaine der Zeitung «Junge Welt». «Schon seit Langem befinden wir uns in einer Phase, in der Russland und China militärisch von den USA eingekreist werden», sagte Lafontaine der Zeitung. Die Sicherheitsinteressen seien konsequent ignoriert worden. Die USA wollten keinen Frieden, sondern eine Schwächung ihres Rivalen Russland. Den Angriff selbst verurteile er.

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