Ausmaß von Verschmutzung offenlegen

​Russische Umweltschützer fordern 

Symbolfoto: Pixabay/JuergenPM
Symbolfoto: Pixabay/JuergenPM

MOSKAU: Russische Umweltschützer fordern von der Regierung in Moskau mehr Transparenz über das wahre Ausmaß der Umweltverschmutzung in Sibirien. «Die russischen Behörden wollen nicht, dass die Menschen die Wahrheit erfahren», sagte Wladimir Sliwjak von der russischen Organisation Ecodefense der Deutschen Presse-Agentur in Moskau. Hintergrund seiner Kritik sind neue Daten über Luft- und Bodenverschmutzung, die die Akademie der Wissenschaften russischen Medienberichten zufolge zwar vorgestellt hat, die Video-Präsentation bei Youtube aber später entfernt wurde.

Demnach liegen die meisten russischen Städte mit einer hohen Umweltverschmutzung in Sibirien. Besonders gefährlich lebten die Menschen in der Region rund um die Industriestadt Norilsk im Norden des Landes. In 15 sibirischen Städten sei eine hohe Konzentration von krebserregendem Benzopyren gemessen worden. Die Grenzwerte seien mitunter um ein Vielfaches überschritten worden, hieß es.

Umweltschützer machen vor allem den Kohlebergbau und die Aluminium-Produktion für die Verschmutzung in Sibirien verantwortlich. Sie machen seit Jahren auf die Gefahr für Mensch und Natur aufmerksam. Deutschland bezieht etwa Kohle aus Sibirien.

Der Studie zufolge ist zudem in einigen Regionen der Boden mit Schwermetallen verschmutzt - besonders betroffen seien die Gebiete rund um die Stadt Swirsk am Baikalsee und Norilsk nahe dem Polarmeer. Dort kam es im vergangenen Jahr zu einer Umweltkatastrophe, als mehr als 21.000 Tonnen Dieselöl aus einem Tank ausgelaufen waren.

In dem Gebiet rund um Sibiriens größte Stadt Nowosibirsk gelten demnach 82 Prozent der Oberflächengewässer als verschmutzt. In der Region um Tomsk seien es 68 Prozent. Diese Daten stuften die Experten den Berichten zufolge mit Blick auf die Parlamentswahl in Russland in einem halben Jahr als «Bombe vor den Wahlen» ein.

«Es ist eine Schande, dass sowohl die Regierung als auch die Wissenschaft versucht haben, diese Informationen geheim zu halten», sagte Umweltschützer Sliwjak. Mehrere Medien hatten die Daten veröffentlicht, bevor das Video nicht mehr abrufbar war. Der Kreml hatte dazu der Agentur Interfax zufolge lediglich erklärt: «Das ist die Entscheidung der Wissenschaftler selbst.»

Die Organisation Ecodefense hat in einer eigenen Studie Auswirkungen der Industrie auf die Gesundheit der Menschen untersucht. Demnach gab es mehr tödliche Krebserkrankungen im Kusnezker Becken, Russlands größtem Kohlerevier. Zwischen 2003 und 2019 sei die Zahl der Todesfälle pro 100.000 Einwohner von 208 auf 240 gestiegen. Viele Patienten hätten unter Atemwegserkrankungen gelitten.

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