Kiew will mehr Waffen für Rückeroberung

​Russische Scheinreferenden

Menschen gehen an einer elektionischen Anzeige mit der Aufschrift «Für immer mit Russland» in der von Russland unterstützten und von Separatisten kontrollierten Volksrepublik Luhansk vorbei. Foto: Uncredited/Ap/dpa
Menschen gehen an einer elektionischen Anzeige mit der Aufschrift «Für immer mit Russland» in der von Russland unterstützten und von Separatisten kontrollierten Volksrepublik Luhansk vorbei. Foto: Uncredited/Ap/dpa

KIEW: Die Scheinreferenden in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine sind abgeschlossen - eine Annexion durch Russland steht bevor. Doch Kiew gibt sich kämpferisch.

Die Ukraine hat die russischen Scheinreferenden im besetzten Ost- und Südteil des eigenen Landes verurteilt und vom Westen Waffen für die Rückeroberung der Gebiete gefordert. Die vier betroffenen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson bleiben «souveräne Territorien der Ukraine», erklärte das Außenministerium in Kiew am Mittwoch. Die militärische Unterstützung müsse zudem erhöht werden, man benötige unter anderem Panzer, Kampfflugzeuge und Raketenabwehr. Kiew forderte zudem weitere Sanktionen gegen Russland - einen Vorschlag für ein weiteres Paket legte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel vor.

Das Paket enthalte unter anderem die Rechtsgrundlage für einen Preisdeckel für Ölimporte aus Russland sowie weitere Importbeschränkungen im Wert von sieben Milliarden Euro, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Nun müssen die EU-Staaten über den Vorschlag verhandeln und einstimmig darüber entscheiden. Der Vorschlag für neue Strafmaßnahmen ist auch eine Reaktion auf die russische Teilmobilmachung im Krieg gegen die Ukraine sowie die Scheinreferenden in von Russland besetzten ukrainischen Gebieten.

Wegen der Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 - die nach Auffassung des Westens auf einen Sabotageakt zurückzuführen sein könnten - drohte die EU zudem mit weiteren Sanktionen über das genannte Paket hinaus. Wer für die Lecks verantwortlich ist, ist aber noch unklar. Der Kreml wies Vorwürfe, etwa aus der Ukraine, als «dumm und absurd» zurück.

Russland war am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert. Von Freitag bis Dienstag ließ Kremlchef Wladimir Putin Scheinreferenden in vier von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine durchführen. Der Kreml behauptet, dass sich die Menschen in den betroffenen Regionen mit großer Mehrheit für einen Beitritt zu Russland ausgesprochen hätten. International werden die Scheinreferenden jedoch nicht anerkannt, weil demokratische Mindeststandards nicht eingehalten wurden und ukrainische und internationale Gesetze verletzt wurden. Die Annexion der Gebiete durch Russland wird in der kommenden Woche erwartet.

Kreml: Russland will noch ganzes Gebiet Donezk erobern

Moskau will nach den Scheinreferenden die Eroberung von ukrainischem Territorium fortsetzen. Die Eroberung des gesamten Gebiets Donezk sei das Mindestziel, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Bisher kontrollieren die russischen Truppen und die Separatistenverbände rund 58 Prozent des ostukrainischen Gebiets Donezk.

Um die Kleinstadt Lyman in Donezk scheint den Truppen Russlands aber eine Einkesselung zu drohen: Russische Kriegsreporter berichteten am Mittwoch von erfolgreichen ukrainischen Vorstößen nordöstlich und östlich von Lyman. Sollte die Siedlung Torske zurückerobert werden, droht den Russen eine Blockade der Verbindungswege von Lyman nach Kreminna und Swatowe im Luhansker Gebiet. Die Straßen stehen bereits unter Beschuss durch die ukrainische Artillerie.

Scholz sagt Selenskyj in Telefonat anhaltende Hilfe zu

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj anhaltende politische, finanzielle und humanitäre Hilfe sowie Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg zu. In einem Telefonat am Mittwoch habe Scholz zudem betont, dass Deutschland das Ergebnis der Scheinreferenden nicht anerkennen werde, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.

US-Botschaft warnt Doppel-Staatsbürger in Russland wegen Mobilmachung

Die USA haben ihre Staatsbürger erneut zur Ausreise aus Russland aufgefordert - Grund dafür ist die Teilmobilmachung. Die US-Botschaft in Moskau warnte, Russland könnte Menschen mit US- und russischer Staatsbürgerschaft an der Ausreise hindern und zum Militärdienst einziehen. Putin hatte vor einer Woche eine Teilmobilmachung seiner Armee angeordnet. Seitdem herrscht vielerorts in Russland Panik, weil Männer im ganzen Land für den Krieg gegen die Ukraine eingezogen werden. Zehntausende Russen flohen bereits ins Ausland.

Wegen Massenflucht: Russische Grenzregion erschwert Durchreise

Die an Georgien grenzende russische Teilrepublik Nordossetien im Kaukasus verhängte Einreisebeschränkungen. Per Dekret habe er die Durchfahrt von Autos aus anderen russischen Regionen in Richtung Georgien erschwert, schrieb der Republikchef Sergej Menjajlo auf Telegram. «Allein in den vergangenen zwei Tagen sind mehr als 20.000 Menschen über unseren Grenzabschnitt nach Georgien gereist», erklärte Menjajlo. Man werde nicht in der Lage sein, Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten, wenn die Fluchtbewegung weiter zunehme.

Russischer Geheimdienst meldet Festnahme von ukrainischem Spion

In der russischen Hauptstadt Moskau hat der Geheimdienst FSB nach eigenen Angaben einen ukrainischen Spion festgenommen. Der Verdächtige sei «ukrainischer Staatsbürger, er war Agent des SBU (ukrainischer Geheimdienst) und hat im Frühjahr 2022 die Aufgabe vom Geheimdienst bekommen, Daten über russische Militärtechnik auf russischem Gebiet zu sammeln», meldete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf FSB-Kreise. Ein Moskauer Gericht hat bereits Untersuchungshaft für den Mann angeordnet.

Pipeline-Lecks: Moskau ermittelt wegen internationalen Terrorismus

Die russische Generalstaatsanwaltschaft leitete wegen der mutmaßlichen Sabotage an den Pipelines Nord Stream 1 und 2 ein Verfahren wegen internationalen Terrorismus eingeleitet. «Nicht später als am 26.09.2022 wurden im Bereich der Insel Bornholm vorsätzliche Handlungen zur Beschädigung der auf dem Ostseeboden verlegten Gasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 verübt», teilte die russische Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch auf ihrem Telegram-Kanal mit. Moskau begründete den Schritt damit, dass mit der Beschädigung der Pipelines «Russland erheblicher wirtschaftlicher Schaden zugefügt» worden sei.

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