Russische Journalistin in umstrittenem Verfahren verurteilt

Foto: Adobe Stock
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PSKOW: In einem international kritisierten Strafprozess hat ein russisches Gericht in Pskow die Journalistin Swetlana Prokopjewa zu einer Geldstrafe von 500.000 Rubel (6228 Euro) verurteilt. Das ist mehr als ein durchschnittliches russisches Jahresgehalt. Der Richter befand die 40-Jährige am Montag der Rechtfertigung von Terrorismus für schuldig.

Die Journalistin hatte nach dem versuchten Anschlag eines 17-Jährigen auf ein Gebäude des Inlandsgeheimdienstes FSB in einem Text darüber nachgedacht, wie kaputt die russische Gesellschaft sei. Der Jugendliche Michail Schlobizki war 2018 bei der Explosion eines selbstgebauten Sprengsatzes gestorben. Er hatte dem FSB vorgeworfen, Strafverfahren zu inszenieren und Menschen zu foltern.

Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Straflager und vier Jahre Berufsverbot gegen die Journalistin gefordert. Russlands Journalistenverband kritisierte das Verfahren als weiteren Versuch, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Verbandschef Wladimir Solowjow verlangte, das Urteil aufzuheben.

Auch die EU betonte am Montag, das Urteil nicht anzuerkennen. Die Strafverfolgung Prokopjewas sei ein Beweis dafür, dass der Raum für unabhängigen Journalismus und die Zivilgesellschaft in Russland in den vergangenen Jahren immer kleiner werde, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragen Josep Borrell. Grundfreiheiten würden unter anderem durch politisch motivierte Festnahmen unterdrückt und eingeschränkt. Am Wochenende waren bei Protesten gegen den Prozess in Moskau mehrere Menschen festgenommen worden.

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, sagte, die Festnahme und das Urteil gegen Prokopjewa zeigten, wie dringend die Gesetze zu Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Russland überarbeitet werden müssten. Zu häufig würde Anti-Terrorismus- oder Anti-Extremismus-Gesetzgebung gegen die Pressefreiheit angewendet, kritisierte Mijatovic.

Prokopjewa kündigte an, gegen das Urteil vorzugehen. Sie beruft sich auf die Rede- und Meinungsfreiheit und wies immer wieder zurück, in irgendeiner Weise Terrorismus gerechtfertigt zu haben. «Repressionen entwickeln sich langsam (.) Ich habe keine Angst, die Regierung zu kritisieren. Ich habe keine Angst, das Sicherheitssystem zu kritisieren und den Machtorganen zu sagen, dass sie bisweilen im Unrecht sind. Denn ich weiß, dass es richtig schrecklich wird, wenn ich nichts mehr sage», erklärte Prokopjewa in ihren Schlusswort.

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Juergen Bongard 07.07.20 18:00
Die Unterdrückung hat System, da werden
Protestler verhaften und verurteilt - und dagegen gehen wiederum Protestler auf die Strasse und werden auch verhaftet und verurteilt und dagegen protestieren wiederum Menschen und werden verurteil.......bis irgendwann niemand mehr protestiert und das System triumphiert.