Rumänien feiert 100 Jahre Zugehörigkeit Siebenbürgens

Foto: epa/Bogdan Cristel
Foto: epa/Bogdan Cristel

BUKAREST (dpa) - Vor einem Jahrhundert ist das heutige EU-Land Rumänien um ein Drittel größer geworden als das Nachbarland Ungarn. Bilateral sorgt das immer wieder für Zwist. Einmütige Feierstimmung blieb auch wegen dem Dauerkonflikt zwischen Staatschef und Regierung aus.

Mit mehreren Militärparaden hat Rumänien am Samstag den 100. Jahrestag der Zugehörigkeit der Provinz Siebenbürgen gefeiert. Mit diesem territorialen Zugewinn durch den Zerfall Österreich-Ungarns nach dem Ersten Weltkrieg hatte Rumänien damals sein Gebiet um etwa ein Drittel vergrößert und nahezu den heutigen Umriss erreicht. Der 1. Dezember ist Rumäniens Nationalfeiertag, da an jenem Tag im Jahr 1918 die Weichen für diesen Gebietszuwachs gestellt wurden. Allerdings sorgt die Abspaltung auch heute noch für Spannungen und Streit zwischen beiden Ländern.

In Bukarest fand wie jedes Jahr am Morgen eine große Militärparade statt, diesmal unter Beteiligung von Soldaten aus 21 befreundeten Staaten, darunter Deutschland. 20 000 Schaulustige sahen dem Durchzug von insgesamt 4000 Militärs aller Waffengattungen und Angestellten der Sicherheitskräfte zu. Staatspräsident Klaus Iohannis sowie die beiden Parlamentspräsidenten Liviu Dragnea und Calin Popescu Tariceanu nahmen die Parade ab.

Getrennt feierte Ministerpräsidentin Viorica Dancila in der ostrumänischen Stadt Focsani. Zwischen ihr und Staatschef Iohannis herrscht Zwist. Iohannis wirft der Regierung vor, die Justiz schwächen und den Kampf gegen Korruption bremsen zu wollen. Ähnlich hatte sich auch die EU-Kommission geäußert.

Zentraler Festort war am Nachmittag die siebenbürgische Stadt Alba Iulia (Karlsburg/Gyulafehervar), wo Staatschef Iohannis ein Denkmal einweihte. Er betonte in seiner Ansprache, dass Nähe zu Europa und Toleranz für ethnische Minderheiten Teile des damaligen Einigungsprojekts waren. Alba Iulia spielte eine historische Rolle, weil am 1. Dezember 1918 dort 1228 Delegierte für die Zugehörigkeit Siebenbürgens an Rumänien stimmten. Festgeschrieben wurde dies im Vertrag von Trianon (Frankreich) 1920. Dabei fielen auch die vormals habsburgischen Provinzen Bessarabien und Bukowina an Rumänien, die inzwischen teils zur Ukraine, teils zur Republik Moldau gehören.

Die Neuaufteilung von 1920 war unter anderem mit den ethnischen Verhältnissen begründet worden. In Siebenbürgen stellten bereits damals die Rumänen die Mehrheit. Die Vertreter der dort lebenden etwa 800 000 Mitglieder der deutschen Minderheit - vor allem Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben - stimmten 1919 ebenfalls für die Zugehörigkeit an Rumänien. Die meisten Rumäniendeutschen sind inzwischen ausgewandert.

Für Streit sorgt dass Thema in den Beziehungen Rumäniens zum Nachbarland Ungarn und zu den ethnischen Ungarn in Siebenbürgen. Ungarns rechtsnationale Regierung hat ihren Diplomaten verboten, den 1. Dezember mit den Rumänen zu feiern. Hunor Kelemen, Vorsitzender der einflussreichen rumänischen Ungarn-Partei UDMR, betonte: «Die Rumänen müssen akzeptieren, dass wir (das Jubiläum von) 2018 weder feiern können noch wollen.»

1918 lebten etwa 1,6 Millionen Ungarn in Siebenbürgen, heute sind es 1,2 Millionen. 1996 haben die beiden Nachbarstaaten nach zähen Verhandlungen unter dem Druck der EU und der Nato einen Freundschaftsvertrag geschlossen - als Bedingung für den späteren Beitritt dieser Länder zu diesen Bündnissen.

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