Rückzug Israels aus dem UN-Sicherheitsrat

Archivbild: Foto: epa/Jason Szenes
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NEW YORK (dpa) - Diplomatisches Patt gehört im mächtigsten UN-Gremium zum Alltag, doch begehrt sind die wenigen Sitze im Sicherheitsrat trotzdem. Nun steigt Israel unerwartet aus dem Rennen aus - und verpasst der deutschen Kandidatur damit einen kräftigen Schub.

Israel hat seine Bewerbung für einen Sitz im UN-Sicherheitsrat überraschend zurückgezogen und die deutschen Chancen auf einen Platz im mächtigsten UN-Gremium damit deutlich erhöht. Beide Länder hatten sich mit Belgien um zwei der nicht-ständigen Sitze in den Jahren 2019 und 2020 beworben. Mit dem überraschenden Rückzug Israels kandidiert Deutschland nun konkurrenzlos um einen der Sitze, auch die benötigte Zweidrittelmehrheit im UN-Plenum ist wahrscheinlich.

Entschieden sei die Abstimmung am 8. Juni in der UN-Vollversammlung deshalb aber noch nicht, sagte Deutschlands UN-Botschafter Christoph Heusgen der Deutschen Presse-Agentur. «Nichts ist ausgemacht. Sie brauchen zwei Drittel der abgegebenen Stimmen, um gewählt zu werden, und die müssen Sie erstmal haben.» Deutschland habe es jetzt aber «auf jeden Fall einfacher».

Israel hatte seine Entscheidung am Freitag nach «Konsultationen mit unseren Partnern, darunter unseren guten Freunden» getroffen, wie es in einer Mitteilung der israelischen UN-Vertretung hieß. Die Kandidatur werde «aufgeschoben». Israel wolle sich aber weiter vollständig an allen Entscheidungsprozessen innerhalb der 193 Staaten zählenden Weltorganisation beteiligen.

Seit dem Beitritt Deutschlands zu den Vereinten Nationen war die Bundesrepublik sechsmal im mächtigsten UN-Entscheidungsgremium vertreten, zuletzt war das 2011/12 der Fall. Deutschland ist nach den USA, Japan und China viertgrößter UN-Beitragszahler, gefolgt von Großbritannien. Auch bei den Beiträgen zu den weltweiten Friedenseinsätzen steht Deutschland an vierter Stelle.

Heusgen und sein belgischer Amtskollege Marc Pecsteen beantworteten am Freitag in einer UN-Sitzung Fragen zur jeweiligen Kandidatur ihrer Länder. «Wir glauben an die UN, wir glauben an ihre Gremien, wir glauben an die Rolle des Sicherheitsrats», sagte Heusgen. Die Vereinten Nationen müssten ein «Schirm der internationalen Weltordnung» sein.

Dem Weltsicherheitsrat gehören die fünf Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich sowie zehn wechselnde Mitglieder an. Das Gremium bildet damit großteils noch das Machtverhältnis nach dem Zweiten Weltkrieg ab. Deutschland bemüht sich gemeinsam mit Japan, Indien und Brasilien (sogenannte G4-Gruppe) um einen ständigen Sitz, doch kommen diese wiederholten Versuche um eine grundlegende Reform des Rats seit Jahren nicht voran.

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