Ringen um Schengen und Asylreform

 EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Foto: epa/Stephanie Lecocq
EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Foto: epa/Stephanie Lecocq

LUXEMBURG (dpa) - Der akute Andrang von Flüchtlingen nach Europa ist vorbei, nun wollen die EU-Staaten ihren längerfristigen Umgang mit Migranten neu regeln. Dabei offenbaren sich aber noch große Differenzen.

Angesichts erhöhter Sicherheitsrisiken in Europa haben die EU-Innenminister um Fortschritte beim Aufbau eines gemeinsamen Asylsystems sowie um Grenzkontrollen im Schengenraum gerungen. Der jüngste Vorschlag der EU-Kommission zu längerfristigen Kontrollen im eigentlich kontrollfreien Schengenraum stieß dabei beim Treffen der Ressortchefs am Freitag in Luxemburg auf einige Zustimmung. Bei der dauerhaften Verteilung von Flüchtlingen in Europa gibt es hingegen noch große Hürden.

«Der Vorschlag stellt uns zufrieden», sagte der französische Innenminister Gerard Collomb mit Blick auf geplante Schengen-Änderungen. «Wir begrüßen das im Grundsatz, auch wenn in den Details sicher noch einiges zu verhandeln sein wird», ergänzte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

Die EU-Kommission hatte unlängst angeregt, wegen erhöhter Terrorgefahr in Europa Kontrollen bis zu drei Jahre lang zu ermöglichen. Momentan beträgt die Frist sechs Monate. Sie kann aber verlängert werden. Länder wie Frankreich, die seit den Anschlägen in Paris vom November 2015 kontrollieren, mussten dies bislang aber immer wieder neu begründen.

Die Brüsseler Behörde verlangt, dass es künftig strengere Auflagen geben soll. Grenzkontrollen sind derzeit unter bestimmten Bedingungen möglich. So kontrollieren aktuell Deutschland sowie Frankreich, Norwegen, Österreich, Dänemark und Schweden ihre Grenzen. Nach Angaben von EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos gingen aus diesen Ländern erneut Anträge zur Verlängerung der Kontrollen um sechs Monate ab Mitte November ein. Dies müsse nun geprüft werden.

Bei der angestrebten Reform des europäischen Asylsystems und der sogenannten Dublin-Regelung, wonach Flüchtlinge derzeit in dem Land Asyl beantragen müssen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten, herrscht hingegen weiter Uneinigkeit. «Nach wie vor ist das Thema der gemeinsamen Solidarität ein schwieriges Thema», sagte de Maizière.

Im Vergleich zur Hochphase der Flüchtlingskrise 2015 ist die Zahl der ankommenden Menschen deutlich zurückgegangen. Gegen die dauerhafte Verteilung von Flüchtlingen in Europa gibt es aber vor allem aus den sogenannten Visegrad-Staaten Slowakei, Ungarn, Polen und Tschechien großen Widerstand. Derzeit versuchen die 28 EU-Staaten noch im Konsens eine Lösung für ein künftiges Asylmodell zu finden.

Rein rechtlich würde aber auch eine qualifizierte Mehrheit ausreichen - dabei müssten 55 Prozent der Staaten zustimmen, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten. Das sei das letzte Mittel, sagte de Maizière. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten allerdings bei dem Thema schon Druck gemacht und bis Ende des Jahres Resultate gefordert. Estland, das derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne hat, will in den kommenden Wochen dazu mögliche Kompromissvorschläge darlegen.

Leichte Fortschritte gab es hingegen bei der sogenannten Neuansiedlung von Schutzsuchenden aus Ländern außerhalb der EU. Um illegale Migration einzudämmen, hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, mindestens 50.000 Flüchtlingen in den kommenden beiden Jahren die legale Einreise nach Europa zu ermöglichen. Profitieren sollen davon etwa Migranten aus Niger, dem Sudan, dem Tschad oder Äthiopien. Die EU-Staaten sagten bislang bereits 25.000 Aufnahmeplätze zu, wie Avramopoulos sagte. Er sei zuversichtlich, dass sich zudem bis Ende des Monats noch einiges tun werde.

Unter einem Vorläufer-Mechanismus haben EU-Staaten seit Juli 2015 rund 23.000 Menschen aufgenommen. Ziel ist, durch legale Migrationsrouten auch das Geschäft von Schlepperbanden im Mittelmeer einzudämmen.

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