Rettung des Orca in der Seine gescheitert

Tier wird eingeschläfert

Archivfoto: epa/CLAUS DETHLEFS
Archivfoto: epa/CLAUS DETHLEFS

ROUEN: Seit Wochen schwimmt ein Orca in der Seine. Eigentlich sollte das verirrte Tier mit einer besonderen Methode wieder zum Meer gebracht werden. Doch Fachleute machen bei dem Einsatz eine traurige Entdeckung.

Die Rettungsaktion für einen in der Seine verirrten Orca ist gescheitert. Das Tier sei kaum lebhaft, verhalte sich erratisch und desorientiert, teilte die zuständige Präfektur Seine-Maritime mit Sitz in Rouen am Sonntagabend mit. Der kranke Orca soll nun eingeschläfert werden.

Wie die Präfektur mitteilte, seien auf Luftaufnahmen des Tiers Geschwülste und Ausschlag zu erkennen. Der Orca leide wohl an einem weit fortgeschrittenen Pilzbefall, der dem Tier großes Leid zufügen könne. Außerdem könnten sich andere geschwächte Säugetiere anstecken. Die Krankheit des Orcas könne sich auch auf das Gehirn auswirken. Dies könnte seine Orientierungslosigkeit erklären.

Noch am Samstag hatte sich ein Team unter anderem aus Wissenschaftlern, Polizei und Feuerwehr aufgemacht, um mithilfe von Walgeräuschen zu versuchen, den verirrten Orca in Richtung Meer zu leiten. Bei dem experimentellen Rettungsversuch kam auch eine Drohen zum Einsatz, die Bilder des infizierten Tiers aufnahm.

Der Forschungsgruppe Meeressäuger (GEEC) zufolge wurde der Wal erstmals Anfang April von der Besatzung eines Trawlers etwa 30 Kilometer vor der normannischen Küste gesichtet. Die Videoaufnahmen seien eindeutig. Es gebe keinen Zweifel daran, dass es sich um einen Orca handle. Seitdem wurde er immer wieder entlang der Küste, in der Seine-Mündung sowie rund 60 Kilometer flussaufwärts in der Seine bei Yainville entdeckt.

Üblicherweise seien Orcas eher vor den Küsten Schottlands, Islands und Norwegens zu Hause sowie weiter südlich im Atlantischen Ozean im Golf von Biskaya, erklärte ein GEEC-Experte. Doch statt sich Richtung Meer zu bewegen, sei der Orca immer hin und her geschwommen, hieß es von der Präfektur. Schon vor dem Rettungseinsatz wurde sein Zustand als extrem geschwächt eingestuft, die Überlebenschancen als gering.

Weil das Tier bereits so schwach war, hatten sich die Behörden nach Beratungen mit Fachleuten für die außergewöhnliche Geräuschmethode entschieden. Ein Einsatz aus nächster Nähe mit einem Schiff, der das Stresslevel des Tiers noch erhöhen könnte, werde so vermieden.

Die Walgeräusche wurden bei dem Einsatz mit einem Lautsprecher unter Wasser abgespielt. Die Forschungsteams beobachteten dann von Booten in einiger Entfernung, wie der Orca auf die Klänge reagierte. Doch anstatt sich von den Geräuschen leiten zu lassen, schwamm das Tier zwischen den Ufern hin und her. Um dem Tier nicht noch mehr Stress zuzufügen, wurde der Versuch am frühen Sonntagabend abgebrochen.

Warum das Tier in der Seine auftauchte, ist unklar. Spekuliert wurde, dass der Wal sich zunächst in den Ärmelkanal verirrt hat, weil er erkrankt ist und sich in den ruhigeren Gewässern dort leichter ernähren kann.

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.

Leserkommentare

Vom 10. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Ingo Kerp 30.05.22 14:10
Wenn die fortgeschrittene Erkrankung des Orcas bereits erkennbar war und er darunter litt, dann stellt sich die Frage, warum man das Tier nicht von seinem Leiden erloeste. Die Aktion, so sie denn erfolgreich gewesen wäre, hätte das Tier im offenen Wasser ja doch nicht gesunden lassen. So groß die Tierliebe ist, man muß, als Mensch, auch mal loslassen koennen.