Restaurants zu, Kitas offen - Die Corona-Regeln im November

Ein Zeichen einer männlichen und einer weiblichen Figur, die Gesichtsmasken tragen, ist an einem Fenster eines geschlossenen Restaurants in Berlin zu sehen. Foto: epa/Hayoung Jeon
Ein Zeichen einer männlichen und einer weiblichen Figur, die Gesichtsmasken tragen, ist an einem Fenster eines geschlossenen Restaurants in Berlin zu sehen. Foto: epa/Hayoung Jeon

BERLIN: Das Ziel ist klar formuliert: Familien und Freunde sollen sich zu Weihnachten wieder ohne größere Angst treffen können. Doch dafür müssten sich alle jetzt erstmal deutlich einschränken, meinen Bund und Länder. Die neuen Regeln kommen dem Shutdown vom Frühling schon recht nah. Sie sollen am 2. November in Kraft treten - und vorerst bis Monatsende gelten.

KONTAKTE: In der Öffentlichkeit dürfen sich nur noch Angehörige zweier Haushalte treffen - maximal zehn Personen. Feiern in Wohnungen und privaten Einrichtungen werden als «inakzeptabel» bezeichnet.

GASTRONOMIE: Restaurants, Bars, Clubs, Diskotheken und Kneipen werden geschlossen. Erlaubt sind weiter Lieferdienste und Essen zum Mitnehmen. Auch Kantinen dürfen öffnen.

FREIZEIT: Freizeiteinrichtungen werden geschlossen. Dazu gehören Theater, Opern, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Saunen, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und Bordelle. Alle Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.

SPORT: Fitnessstudios, Schwimm- und Spaßbäder werden geschlossen. Der Amateursportbetrieb wird eingestellt, Vereine dürfen also nicht mehr trainieren. Individualsport, also etwa alleine oder zu zweit joggen gehen, ist weiter erlaubt. Profisport wie die Fußball-Bundesliga ist nur ohne Zuschauer zugelassen.

REISEN und HOTELS: Die Bürger sollen auf private Reisen, Tagesausflüge und Verwandtenbesuche verzichten - auch im Inland. Hotels und Pensionen dürfen keine Touristen mehr aufnehmen.

DIENSTLEISTUNGEN: Kosmetikstudios, Massagepraxen und Tattoo-Studios werden geschlossen, weil hier der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Medizinisch notwendige Behandlungen etwa beim Physiotherapeuten oder Fußpflege sind weiter möglich. Auch Friseure bleiben geöffnet.

SUPERMÄRKTE: Der Einzelhandel bleibt geöffnet - es gibt aber Vorschriften, wie viele Kunden gleichzeitig im Laden sein dürfen.

SCHULEN und KINDERGÄRTEN: Schulen und Kindergärten bleiben offen. Genauso Einrichtungen der Sozial- und Jugendhilfe.

ARBEIT: Überall, wo das möglich ist, soll wieder von zuhause gearbeitet werden.

FIRMEN: Betriebe, Selbstständige und Vereine, die von den neuen Corona-Regeln besonders betroffen sind, bekommen große Teile ihres Umsatzausfalls ersetzt. Bei Firmen mit maximal 50 Mitarbeitern gleicht der Bund 75 Prozent aus, bei größeren wird nach EU-Beihilferecht entschieden.

RISIKOGRUPPEN: In Krankenhäusern, Pflegeheimen, Senioren- und Behinderteneinrichtungen sollen zügig Schnelltests eingesetzt werden.


Kampf gegen steigende Corona-Zahlen - Sorgen um die Konjunktur

BERLIN/FRANKFURT: Die Corona-Infektionszahlen steigen massiv in Deutschland. Die Politik will gegensteuern. Doch neue einschneidende Beschränkungen haben Folgen für die Konjunktur.

Die zweite Corona-Welle und verschärfte Beschränkungen gefährden nach Einschätzung von Volkswirten den Aufschwung in Deutschland. «Die Wirtschaft lässt sich nicht wie eine Lampe ein- und abschalten, ohne dass es zu Schäden kommt», sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer am Mittwoch. Verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie könnten das Wirtschaftswachstum erneut bremsen, machte auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei einer Regierungsbefragung im Bundestag deutlich.

Der CDU-Politiker sicherte Firmen im Falle neuer und massiver Beschränkungen Unterstützung zu. Konkret plant der Bund milliardenschwere Nothilfen für Unternehmen, die von neuerlichen vorübergehenden Schließungen betroffen sind. Wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern der Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie den Ministerpräsidenten der Länder erfuhr, sollen Umsatzausfälle erstattet werden. Die Finanzhilfe soll ein Volumen von bis zu zehn Milliarden Euro haben.

Der Bund will mit einem Herunterfahren von weiten Teilen des öffentlichen Lebens die starke Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland aufhalten. Angesichts deutlich gestiegener Corona-Infektionszahlen sollen Gastronomiebetriebe vom 2. November an für den restlichen Monat schließen. Zudem sollen touristische Übernachtungsangebote im Inland im November verboten werden. Diese dürften nur noch für notwendige Zwecke wie zwingende Dienstreisen gemacht werden.

Veranstaltungen, die der Unterhaltung und der Freizeit dienen, wollen Bund und Länder ab nächster Woche bis Ende November deutschlandweit weitgehend untersagen. Das betrifft etwa Theater, Opern oder Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks und Spielhallen.

Nach Einschätzung von Ökonom Krämer dürfte das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal zum Erliegen kommen. Bestenfalls sei mit einer schwarzen Null gegenüber dem Vorquartal zu rechnen. Zwar seien Industrie und Handel nicht direkt betroffen, dürften aber trotzdem leiden, weil die allgemeine Unsicherheit steige und die Anti-Corona-Maßnahmen im Ausland ebenfalls verschärft würden.

«Der Aufschwung wird sehr wahrscheinlich deutlich ausgebremst werden», sagte auch der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claus Michelsen. Das Pandemiegeschehen nehme Verbrauchern und Unternehmen die Zuversicht. Viele Unternehmen hätten noch mit den Folgen des Lockdowns vom Frühjahr kämpfen und kaum noch finanzielle Reserven.

Nach Einschätzung des DIW ist die deutsche Wirtschaft im abgelaufenen dritten Quartal noch kräftig um etwa sechs Prozent zum Vorquartal gewachsen. Das Statistische Bundesamt gibt erste Daten dazu am Freitag bekannt. An diesem Tag will auch Wirtschaftsminister Altmaier die Herbstprognose vorlegen. Bisher heißt es, die Wachstumsprognose für das laufende Jahr solle leicht angehoben werden.

Die deutschen Unternehmen selbst rechnen in der Corona-Pandemie mit einem zunehmend beschwerlichen Rückweg in die wirtschaftliche Normalität. Eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter rund 30.000 Unternehmen zeigt zwar, dass sich die Lage für viele inzwischen wieder aufgehellt habe. «Vom Vorkrisenniveau zu Jahresbeginn sind die Einschätzungen jedoch weit entfernt», heißt es in der Auswertung der Umfrage. Zudem sind darin noch nicht die drastischen Kontaktbeschränkungen berücksichtigt, die Bund um Länder am Mittwoch im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus beschlossen haben.

Der Lockdown im Frühjahr hatte zu einem massiven Wirtschaftseinbruch in Deutschland geführt, im Sommer ging es insgesamt wieder bergauf. Im Gesamtjahr wird die Wirtschaftsleistung Prognosen zufolge dennoch deutlich sinken.

Der Deutsche Tourismusverband (DTV) forderte verbesserte staatliche Unterstützung ab November. «Wenn sich die Situation jetzt weiter in dem Maße verschärft wie bisher und die Branche quasi wieder in den Lockdown geschickt wird, müssen die verbesserten Überbrückungshilfen unverzüglich noch ab November wirksam werden», sagte Verbandsgeschäftsführer Norbert Kunz. «Selbst Betriebe, die mit höheren Rücklagen gehofft hatten, gut durch die Krise zu kommen, stoßen jetzt an Grenzen.»

Der Bundesverband Groß- und Außenhandel (BGA) kritisierte die Schließungen der Gastronomie als «völlig unangemessen». Für viele mittelständischen Betriebe könne das in der jetzigen Lage den Todesstoß bedeuten, sagte BGA-Präsident Anton Börner.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) warnte, erneute Einschränkungen könnten auch die Geschäfte treffen. Zwar sollen Groß- und Einzelhandel geöffnet bleiben - es gibt aber Vorschriften, wie viele Kunden gleichzeitig im Laden sein dürfen. «Wenn die Geschäfte als einzige geöffnet sind, alle anderen Branchen rundherum schließen müssen und die Menschen in einer faktischen Ausgangssperre zuhause bleiben, dann sind die Händler in einer sehr schwierigen Lage», teilte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth mit.

Bei einer Großkundgebung in Berlin demonstrierten unterdessen erneut Tausende Menschen aus der Veranstaltungsbranche für umfassendere staatliche Hilfen in der Corona-Krise. Organisiert wurde der Protestmarsch vom Aktionsbündnis #AlarmstufeRot. Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga, der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft sowie weitere Branchenvertreter riefen zur Teilnahme auf.

Nach Angaben von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant die Bundesregierung angesichts der verschärften Corona-Beschränkungen weitere Hilfen etwa für die Veranstaltungsbranche und den Messebau.

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