Reizthema Ökumene beim Papstbesuch

Im «Rom der Protestanten»

Papst Franziskus. Foto: epa/Alessandro Di Meo
Papst Franziskus. Foto: epa/Alessandro Di Meo

GENF/ROM (dpa) - Papst Franziskus gilt als Förderer der Ökumene. Zuletzt hat dieses Image aber Kratzer bekommen. Ausgerechnet jetzt besucht er den Weltkirchenrat in Genf.

Es ist vielleicht nicht der beste Zeitpunkt für eine Reise von Papst Franziskus im Zeichen der Ökumene. Hatte sich der Argentinier einen Namen als Unterstützer der Annäherung der Christen gemacht, enttäuschte er zuletzt viele Hoffnungen. Auch deshalb sind die Erwartungen gering an den Besuch des Pontifex beim Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf, auch Weltkirchenrat genannt, am Donnerstag. Anlass ist das 70-jährige Jubiläum des Rates.

Laut Vatikan reist Franziskus als «ökumenischer Pilger» nach Genf, ins «Rom der Protestanten», wie die Westschweizer Rhonestadt einst genannt wurde. Das geht auf den einflussreichen Reformator Jean Calvin zurück, der mit der katholischen Kirche brach und eine Generation nach Martin Luther im 16. Jahrhundert in Genf Humanismus und Frömmigkeit mit strenger Sittenzucht lehrte. Der Argentinier ist der dritte Papst, der den Weltkirchenrat besucht. Unter seinem Dach vereint er fast 350 Kirchen mit rund 500 Millionen Christen. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied.

Bei dem Besuch soll es nicht um eine Konkurrenz zwischen Rom und Genf gehen, ganz im Gegenteil. Der Papst will mit den im Weltkirchenrat vereinten Lutheranern, Anglikanern, Baptisten, Methodisten und Orthodoxen für die Einheit der Christen beten. Immer wieder bekräftigt das Oberhaupt von 1,3 Milliarden Katholiken weltweit, dass das Ziel in Zukunft eine «völlige Überwindung der Divergenzen» sein muss. Doch nun machte - nicht nur in Deutschland - vor dem Besuch nicht das Vereinende, sondern das Entzweiende Schlagzeilen.

Es geht um die Frage, ob evangelische Ehepartner von Katholiken an der Kommunion in der katholischen Kirche teilnehmen dürfen. Die Deutsche Bischofskonferenz wollte das im Einzelfall zulassen und dazu ein Papier veröffentlichen. Sieben konservative Bischöfe wehrten sich dagegen. War bei einem Gespräch im Vatikan noch vereinbart worden, dass sich die zerstrittenen Deutschen untereinander einigen sollten, pfiff Franziskus die Bischofskonferenz Anfang Juni überraschend zurück. Manchmal heißt es, der argentinische Papst sei wie ein Tangotänzer: ein paar Schritte vor, dann wieder einen Schritt zurück.

Der Kommunionsstreit dürfte nach Angaben des Ökumene-Experten der Universität Münster, Hans-Peter Großhans, in Genf kaum eine Rolle spielen. Dort gehe es eher um Beziehungspflege zu einem Forum mit vielen verschiedenen Kirchen, zu denen der Vatikan ganz unterschiedlich steht. Eine Aufwertung des Weltkirchenrates sei wichtig, weil man sich eine Einheit aller Christen in einem solchen Format am ehesten vorstellen könne, so Großhans. Der Besuch des Papstes sei deswegen zunächst einmal positiv.

In Franziskus waren in Sachen Einheit der Christen bislang große Hoffnungen gesetzt worden - spätestens, seit er im Oktober 2016 anlässlich des Gedenkens an die Reformation vor 500 Jahren nach Schweden fuhr und gemeinsam mit Lutheranern Gottesdienst feierte. «Das Fehlen der Einheit der Kirche ist für ihn ein Skandal», schreibt der Schweizer Dominikaner Wolfgang Müller, Leiter des Ökumenischen Instituts der Universität Luzern.

Christian Rutishauser, Schweizer und Jesuit wie Papst Franziskus, sieht gute Chancen zur Überwindung der Teilung, gerade auch, weil der Papst aus Argentinien kommt. «Er ist nicht belastet von der europäischen Geschichte, von daher hat er mehr Distanz und das führt dazu, dass er sagt: das waren Streitigkeiten von einst, es geht darum, in die Zukunft zu schauen», sagte Rutishauser dem Sender SRF.

Anders als in Schweden sind in Genf aber nur gemeinsame Gebete mit den Kirchenratsvertretern geplant. Schon vor der Rückreise nach Rom geht Franziskus wieder von ihnen getrennte Wege. Er feiert am Abend auf dem Messegelände Palexpo am Flughafen von Genf eine Messe für gut 40.000 Katholiken.

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