USA und Nordkorea ringen um Statusfragen

​Reif für die Insel 

Foto: epa/Wallace Woon
Foto: epa/Wallace Woon

SINGAPUR (dpa) - Nach langem Hin und Her ist endlich klar, wo der Gipfel zwischen Trump und Kim Jong Un stattfindet. Aber trotzdem sind viele Fragen noch zu klären. Und fast jeder rechnet mit Überraschungen.

Das «Capella» auf der Insel Sentosa vor Singapur ist eines der Hotels, wie Diplomaten sie lieben. Fünf Sterne, moderne Architektur, gediegener Luxus - viel schöner könnte man sich den Ort, an dem sich Donald Trump und Kim Jong Un am 12. Juni zu ihrem Gipfel treffen, nicht erfinden. Wenn das nur alles wäre. Denn auf Sentosa befindet sich auch Singapurs größter Vergnügungspark. Somit gehören zur Gipfelkulisse auch eine Achterbahn und einige Dinosaurier.

Aber das passt vielleicht ganz gut zu einem der ungewöhnlichsten Treffen der jüngeren Weltpolitik, von dem kein Mensch eine zuverlässige Ahnung hat, wie es enden wird. Zwar geht es nächste Woche um die grundernste Frage, wie ein Atomkonflikt verhindert und Nordkorea zur nuklearen Abrüstung motiviert werden kann. Aber bislang unternehmen der US-Präsident und Machthaber Kim viel für den Eindruck, als ob dies alles auch eine große Show wäre.

Normalerweise werden internationale Gipfel, wie etwa das G7-Treffen unmittelbar zuvor in Kanada, über viele Monate vorbereitet. Für die Begegnung in Singapur blieb gerade mal ein Vierteljahr, in dem es an neuen Hasstiraden, gefolgt von Versöhnungsgesten, nicht mangelte. Höhepunkt war Trumps zwischenzeitliche Absage. Nun, kurz vor Beginn, ist, abgesehen von allen Sachfragen, auch das Protokollarische noch immer nicht abschließend geklärt.

Seit den ersten Hinweisen auf ein mögliches Treffen betreiben Amerikaner und Nordkoreaner große Geheimniskrämerei. Allein bis bekanntgegeben wurde, dass der Gipfel in Singapur stattfinden sollte, dauerte es Wochen. Für Südostasiens kleinsten Staat sprach insbesondere seine Neutralität und die Tatsache, dass sowohl Nordkorea als auch die USA dort Botschaften haben.

Und auch, dass Singapur für Nordkoreas Machthaber einigermaßen in Reichweite liegt. Aus Pjöngjang sind es mit dem Flugzeug 4.750 Kilometer, was mit einem Zwischenstopp zu machen ist. Trotzdem ist es für Kim seit der Machtübernahme 2011 die bislang weiteste Reise. Trump nimmt die größeren Strapazen auf sich. Vom G7-Gipfel in Quebec sind es Luftlinie 14.000 Kilometer. Trump wird schon am Sonntagabend in Singapur erwartet, anderthalb Tage vor dem offiziellen Beginn. Was er bis dahin tun wird, und wann Kim kommt, weiß man noch nicht.

Und auch wo genau der Gipfel über die Bühne gehen wird, ist in Singapur erst seit Mittwoch offiziell. Das 2009 eröffnete «Capella» wurde vom britischen Stararchitekten Norman Foster gebaut, der auch für die Kuppel des Berliner Reichstags verantwortlich zeichnet. Die Insellage erleichtert vor allem den Sicherheitsleuten die Arbeit. Sentosa bedeutet so viel wie Ruhe und Frieden. Bis 1972 hieß die Insel allerdings anders: Pulau Belakang Mati, Insel des Todes.

Übernachten werden Trump und Kim nicht im «Capella», sondern auf dem Festland. Der Amerikaner geht ins «Shangri-La», wo US-Präsidenten traditionell absteigen. Kim ist - nach allem, was man weiß - vermutlich im «St. Regis» untergebracht. Die Kosten übernimmt zumindest teilweise die Regierung Singapurs.

Nordkoreanische Delegationen haben einen gewissen Ruf, sich die Unterkunft im Ausland bezahlen zu lassen. Bei den Olympischen Spielen im Februar in Südkorea zum Beispiel übernahmen ebenfalls die Gastgeber die Rechnung. Nach einem Bericht der «Washington Post» hatten auch die USA angeboten, Kim das Hotel zu bezahlen. Das wäre für Nordkorea aber wohl so peinlich gewesen, dass es verworfen wurde.

An den Details arbeiten Vorauskommandos beider Regierungen in Singapur nun schon seit Tagen. Weil beide Seiten enorm auf Status achten, müssen Dinge wie Gastgeschenke, Sitzordnung, Raumverteilung oder Essensfolge genau besprochen werden. Geklärt werden muss zum Beispiel auch, in welchem Abstand die Flaggen beider Länder voneinander hängen. Offiziell haben die USA und Nordkorea keine diplomatischen Beziehungen miteinander.

Trotz aller Vorarbeiten rechnet fast jeder noch mit Überraschungen. Sowohl Trump als auch Kim gelten als Leute, denen das Protokoll egal ist, wenn es darum geht, sich selbst am besten ins Bild zu setzen. Und in Singapur wird es auf die Bilder besonders ankommen. Der japanische Diplomat Takeo Harada, der mit vergleichbaren Treffen Erfahrung hat, meint: «Die Amerikaner sollten vorsichtig sein. Selbst wenn die nordkoreanische Seite in der Vorbereitung sehr freundlich sein kann: Man weiß nie, wie sie sich in letzter Minute verhalten.»

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