Neue Proteste gegen Regierung - Misstrauensantrag

Jugendliche halten während eines regierungsfeindlichen Protests vor dem Ministerrat in Sofia Schilder mit der Aufschrift
Jugendliche halten während eines regierungsfeindlichen Protests vor dem Ministerrat in Sofia Schilder mit der Aufschrift "Ich bin Bulgare, und die böse Partei tötet meine Zukunft" hoch. Foto: epa/Vassil Donev

SOFIA: Demonstranten fordern seit einer Woche den Rücktritt der Regierung in Sofia. Drei Schlüsselminister wollen nun zurücktreten. Die Proteste gehen trotzdem im ganzen Land weiter.

In Bulgarien sind die Proteste gegen die Regierung am siebten Abend in Folge fortgesetzt worden. Im Zentrum der Hauptstadt Sofia sowie in größeren Städten wie Warna, Burgas und Plowdiw forderten Tausende Demonstranten am Mittwochabend erneut den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Boiko Borissow. Sie werfen dem bürgerlich-nationalistischen Koalitionskabinett «Korruption und mafiösen Handlungsstil» vor.

Die Führung der Regierungspartei GERB beschloss unterdessen, dass drei Minister in wichtigen Ressorts gehen müssen. Es handele sich um die Minister für Finanzen, für Innere Angelegenheiten und für Wirtschaft. Alle drei erklärten prompt, sie würden am Donnerstag offiziell zurücktreten.

Die Rücktrittsangebote bewirkten jedoch kein Ende der Proteste. Die Demonstranten beharrten auf ihre Forderungen. Die Protestierenden sind unzufrieden mit der Politik der Regierung in zahlreichen Bereichen. Sie werden von den oppositionellen Sozialisten (Ex-KP) und vom Russland-freundlichen Präsidenten Rumen Radew unterstützt. Die Demonstranten fordern zudem den Rücktritt des Generalstaatsanwalts.

Auch die Chefin der oppositionellen Sozialisten, Kornelia Ninowa, bestand auf einen Rücktritt der gesamten Regierung. Borissow wolle diese Rücktritte, doch dies werde ihn nicht retten, schrieb sie auf Facebook.

Vor einer Regierungssitzung am Mittwoch schloss Regierungschef Borissow einen Rücktritt seiner Koalitionsregierung allen Forderungen zum Trotz kategorisch aus. Er rief zu gemeinsamen Bemühungen auch mit der Opposition zur Bewältigung der Krise auf. Borissow warnte, dass sich wegen der Corona-Krise im Herbst und Winter eine schwierige Wirtschaftslage in Bulgarien abzeichne. Er verwies auf die Bedeutung des EU-Gipfels am 17. und 18. Juli über einen Wiederaufbauplan nach der Corona-Krise, wo er sich für die abgesprochenen Hilfen für Bulgarien einsetzen müsse.

Die oppositionellen Sozialisten reichten im Parlament einen weiteren Misstrauensantrag gegen Borissows Regierung ein - wegen angeblicher Korruption. Borissow hat alle Misstrauensabstimmungen seit dem Amtsantritt seiner dritten Regierung im Mai 2017 überstanden. Für das nun beantragte Votum können die Sozialisten mit höchstens 104 Stimmen der Opposition von insgesamt 240 Abgeordneten rechnen. Die Abstimmung ist in der kommenden Woche geplant.

Bulgariens Staatsanwaltschaft beschuldigt einen in Bulgarien angeklagten Großunternehmer und Glücksspielboss, der sich in Dubai aufhält, die Antiregierungsproteste zu lenken. Der Chefankläger veröffentlichte entsprechende Mitschnitte von abgehörten Telefonaten. Dem Unternehmer, dessen Auslieferung Sofia beantragt hat, werden in Bulgarien neben Leitung einer kriminellen Vereinigung, Mord, Vergewaltigung, Nötigung und Erpressung, jetzt auch Verbrechen gegen die Republik, vorgeworfen.

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